Kapitel ~ 20

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In ihr sträubte sich alles dagegen, noch einmal mit dem Mann alleine zu sein, der bereits am Tag zuvor, zu tief in ihre Gedanken eingedrungen war. Es war ihr vorgekommen, als ob er genau sehen konnte, was passiert war. Sie hatte das Gefühl, als ob er förmlich den Grund riechen konnte, warum sie sich damals für eine Karriere als Psychologin entschieden hatte. Sie wollte nicht, dass überhaupt jemand, das herausbekam, was sie durchgemacht hatte. Zu sehr schmerzten sie die Erinnerungen an die Vergangenheit. Blut, überall. Dunkelheit, Angst, Bäume, Schmerzen, Einsamkeit. Endlich kam sie an dem Gesprächsraum an, in dem Justin bereits auf sie wartete. Wieso wollte er mit ihr sprechen? War es ein Spiel für ihn? Machte er dies mit Absicht, um sie zu quälen, weil er ihre Unruhe und ihre Angst zuvor bemerkt hatte? Aufgeregt öffnete sie die Tür und trat ein.

"Hallo Herr Bieber, ich habe gehört, dass Sie noch einmal mit mir sprechen wollten". Sie setzte sich auf den Stuhl, der genau gegenüber von dem blonden Mann stand. Neugierig schaute sie ihn an. "Worüber möchten Sie gerne mit mir sprechen, Justin?", fragte sie, doch der junge Patient blieb stumm und starrte sie mit eindringlichem Blick an, so als ob er durch sie hindurch sehen würde. Erwartungsvoll schaute sie ihn an, doch immer noch gab er keinen Ton von sich. Wieso tat er das? Was bezweckte er damit? "Hören Sie Justin, ich bin hier her gekommen, weil man mir gesagt hat, dass Sie mit mir sprechen wollen. Wenn Sie mich nur hier haben wollen, um Ihre Spielchen zu spielen, dann muss ich Sie leider enttäuschen. Diese Spielchen werde ich nicht mitmachen. Entweder Sie möchten mit mir sprechen oder nicht. Ich weiß, was Sie sind und ich weiß, was Sie vorhaben und darauf werde ich mich nicht einlassen. Sie wissen genau so gut wie ich, dass Sie an Macht interessiert sind und ich Ihnen die hier in dieser Umgebung nicht geben darf und das werde ich auch nicht". Entschlossen sah sie ihn an und ahnte dabei nicht, dass sie ihm so gerade eben den Krieg erklärt hatte.

"Sie sind so wunderschön, Frau Dr. Gomez", sagte er mit tiefer Stimme. "Zu schade, dass Sie sich durch Ihre eigene Angst so sehr in Gefahr bringen. Ich weiß längst, was Sie fürchten und ich rate Ihnen, dass Sie sich mir nicht in den Weg stellen. Sie wollen mich hier vertreiben und dafür sorgen, dass man mich weg sperrt, nicht wahr?". Er stand auf. "Das sollten Sie sich besser überlegen, denn Sie sind nicht die Erste, die das versucht, aber Sie sind die Erste, die mehr als 24 Stunden überlebt hat", sagte er und stand auf. "Ich rate Ihnen, Ihr Glück nicht zu sehr herauszufordern, denn das wird mit Sicherheit schief gehen"

Nun erhob auch sie sich von ihrem Platz und ging ein paar Schritte auf Justin zu. "Ich werde nicht zulassen, dass Sie den anderen Patienten oder mir Angst machen"

"Sie haben doch schon längst Angst... Sie wollen es nur nicht zugeben aber das ist okay. Leugnen ist eine ganz normale Reaktion, um seine eigenen mentalen und psychischen Schwächen zu verbergen.. das habt ihr Psychologen mir beigebracht". Langsam bewegte er sich auf sie zu und drängte sie dabei immer weiter in eine Ecke. "Sie werden mich nicht weg sperren", sagte er und fasste sie dann grob am Arm. "Wissen Sie auch, warum Sie das nicht tun werden?". Selena zitterte und versuchte ruhig zu bleiben. Ihr war klar, dass nun der Patient die Oberhand hatte. "Sie werden das nicht tun, weil Sie Angst haben und weil Ihnen Ihr Leben lieb ist und Sie nicht so hässlich sterben wollen, wie meine Eltern". nach diesen Worten stieß er sie mit aller Kraft gegen den Schrank, der hinter ihr stand, warf ihr noch einen Blick zu und verließ dann den Raum, in dem die junge Ärztin ängstlich zurück blieb.

PsychopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt