Kapitel ~ 5

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Die süße junge Ärztin glaubte wirklich, ich wäre ein Opfer. Gut für mich. Das zeigte mir wieder, dass ich alles richtig gemacht hatte. Nie zuvor hatte ich in der Einrichtung eine so junge und zerbrechliche Ärztin gesehen. Ich hoffte einfach, dass sie die Füße still halten und nach meinen Regeln spielen würde. Genau wie alle anderen es auch taten, abgesehen von dem Neuen. Dieser Tom.... Dieser gestörte Penner glaubte wirklich, er könnte mir ins Gesicht sagen, was ich tun und lassen sollte. Das Lustige an der ganzen Sache war, dass er glaubte, er würde damit einfach davon kommen. Hatte ihm denn niemand gesagt, dass er mir besser nicht in die Quere kommen sollte. Nick hatte ihm sicher bereits gesagt, dass er besser tun sollte, was ich verlangte... Nick... Er war ganz on Ordnung aber leider viel zu schwach. Immer bemühte er sich darum, den Frieden hier aufrecht zu erhalten, dabei hätte ich manchen Patienten am liebsten in der Luft zerrissen... Oder ganz langsam ausbluten lassen. Es wurde Zeit, dass ich wieder einmal deutlich machte, wer hier das Sagen hatte.

Noch einen Moment lang blieb der Blonde in seinem Zimmer am Fenster stehen. Er schaute hinaus. Es war eine ungemütliche Nacht. Der Regen peitschte gegen die Fenster und der starke Wind, ließ sich die Bäume in alle Richtungen biegen. Dann drehte er sich um und verließ sein Zimmer.

Während draußen weiterhin das Unwetter tobte, setzte sich die neue Ärztin zu einem Pfleger in das Pflegerbüro. Sie wollte mehr über den charmanten Patienten erfahren, den das Schicksal so hart erwischt hatte. Fr. Selena Gomez ließ sich von Pfleger Daniel Stirling die Akte des jungen Mannes geben und schaute sich darin jedes kleinste Detail an.

"Er wohnt bereits seit fünf Jahren in dieser Einrichtung?", fragte sie, um sich zu vergewissern, dass sie diese Tatsache richtig gelesen hatte. Fünf Jahre waren eine lange Zeit für einen so jungen Menschen.

"Ja, richtig", bestätigte Stirling. "Die Polizei hat ihn vor fünf Jahren in der Villa seiner Eltern gefunden. Der Junge war sechzehn Jahre alt und das Blut seiner Mutter klebte an ihm. Fetzen seines Vaters hingen in seinem Gesicht", erklärte er, während Selena angewidert das Gesicht verzog. "Man hatte dem Vater das Hirn aus dem Schädel geblasen und er musste scheinbar alles mit ansehen und quasi förmlich daneben gestanden haben...", er machte eine Pause."Armer Kerl...."

Schockiert sah die Ärztin ihren Kollegen an. "Oh mein Gott. Das ist grausam. Wer hat das getan?"

"Keine Ahnung". Er zuckte mit den Schultern und setzte sich auf einen Stuhl gegenüber von ihr. "Wissen Sie...", begann er. "Man hat den oder die Täter nie gefunden. Man weiß nicht einmal, was das Motiv gewesen war. Die Familie hatte Geld wie Heu aber alle Wertsachen waren noch im Haus. Nichts wurde mitgenommen"

"Das ist seltsam...."

"Es gibt allerdings zwei Dinge, die mitgenommen wurden", erklärte Daniel Stirling und beugte sich dabei etwas zur jungen Ärztin rüber. Gespannt sah sie ihn an. "Die Augen seines Vaters... Und die Stimmbänder der Mutter", sagte er und bemerkte dabei, wie die junge Ärztin blass wurde.

"Wie bitte?", fragte sie zögerlich.

"Sie haben schon richtig verstanden.... Man hat dem Vater die Augen einfach herausgerissen. Es wurden keine Spuren von Gegenständen an seinen Augen gefunden. Jemand hat sie mit bloßer Hand... herausgerissen "

Selena Gomez drehte sich der Magen. Sie konnte nicht glauben, was diesem jungen damals passiert sein sollte. Wenn er das alles mit angesehen hatte, dann musste er ganz sicher schwer gestört sein. Hochgradig traumatisiert. So etwas würde niemand einfach weg stecken. Da war sie sich sicher. "Und vorher wurde er... Erschossen?"

"Nein... Nicht vorher.... Man hat ihm erst die Augen heraus gerissen und danach hat man ihm das Hirn weg geknallt.... Schreckliche Geschichte". Bedauernd schaute er auf den Boden.

"Und was ist mit der Mutter passiert?", wollte sie wissen. Doch gerade, als sie diese Frage gestellt hatte, war sie sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie die Antwort darauf wirklich wissen wollte.

"Mit der Mutter wurden noch abartigere Dinge gemacht, Miss... ", erzählte er."Besser sie fragen nicht weiter nach den Details. So eine zarte und junge Frau wie Sie, sollte sich mit solchen grausigen Details nicht beschäftigen"

Sie schaute weiterhin durch die Akten und las darin, dass in den ganzen fünf Jahren, niemand wirklich eine Diagnose über den Zustand des Mannes stellen konnte. Gerade als sie beginnen wollte, die Gespräche seiner Therapiesitzungen durch zugehen, ging plötzlich der Alarm los. Sicherheitsstufe eins.

PsychopathWo Geschichten leben. Entdecke jetzt