46 - Bei Alija

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Gleichzeitig lösten wir uns voneinander und sahen uns tief in die Augen. Zum Glück bin ich nicht mehr durchschaubar. Rein gar nichts kann man von meinem sowohl auch von seinem Gesicht ablesen.

„Komm mit, ich fahr dich nach Hause.", sprach seine raue Stimme und brach somit die herrschende Stille. Ich nickte nur und lief zu seinem Wagen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite geparkt stand, während Ibrahim dem Türsteher noch was sagte.

Als Ibrahim den Wagen aufsperrte, setzten wir uns still hin und er fuhr los. „Schöner Club. Gratuliere." Er drehte seinen Kopf kurz zu mir und sah dann wieder nach vorne. Mein Blick blieb die ganze Zeit nach vorne gesetzt, kein einziges Mal sah ich direkt zu ihm rüber.

„Danke." Nach diesen kurzen paar Wörtchen sprach keiner mehr von uns, bis er vor meine Wohnung stoppte. Vor der Eingangstür standen ein paar Männer in Anzügen und wirkten nervös.

Was wollen solche Männer vor meinem Hausgang? Diese Umgebung ist eigentlich ganz friedlich. Ich bedankte mich bei Ibrahim und stieg aus dem Auto aus. Ich näherte mich den Männern und bekam Diskussionen mit. „Was wollen sie von ihr? Diese Hunde!", schrie einer der Männer, der mit dem Rücken zu mir gewandt war, da er stürmisch auf eine Klingel drückte. Eine Klingel im achten Stockwerk. Was haben meine Nachbarn denn mit solchen Kerlen zu tun?

„Beruhig dich, Brate (Bruder). Ihr ist nichts passiert.", versuchte ihn ein anderer Mann zu beruhigen. „Was für beruhigen?! Die haben sie entführen können oder sonst was. Sie ist nicht mal zu Hause. Dieser Hund hat sie bestimmt mitgenommen!" Was zur Hölle war hier los? Die ganze Zeit wird irgendein Stress geschoben, man. Ich bin froh, dass ich in wenigen Tagen in die Türkei fliege.

Ich blieb stehen und hörte weiter zu. Wen meinten die Herren? „Nein, Brate (Bruder). Ich habe doch gesehen wie sie ihn geschlagen hat und ein Mann sie gerettet hat. Leider bin ich zu spät gekommen um sie zu retten. Vallah (Ich schwöre), Milan und Danijel haben sie nicht entführt."

Der wütende Mann schlug kräftig mit seiner Faust die Wand ein. „Entschuldigung, was ist hier los?", fragte ich als ich bei ihnen angekommen war. Der wütende Mann drehte sich um und ich erkannte meinen Bruder Alija. „Adisa.", sprach er ruhig meinen Namen aus und umarmte mich. „Ich hatte so Angst um dich." Um mich?

Ich stand nur geschockt da. Was will mein Bruder hier um diese Uhrzeit? Woher wusste er von dem Vorfall? Wieso kümmert er sich plötzlich um mich und hat angeblich Angst um mich?

Nach einiger Zeit ließ er mich wieder los und blickte mir in die Augen. „Hajde (Los), nimm deine Sachen, du schläfst bei mir.", sagte er und wollte sich zu der Eingangstür drehen. „Ähm, wie bitte? Ich schlafe bei mir zu Hause."

„Ich möchte aber, dass du bei uns schläfst. Da ist es viel sicherer. Ich habe dich ein paar Jahre nicht gesehen, ich möchte mit dir Zeit verbringen als Bruder." Er will was? Er ist doch selber Schuld das ich weg gegangen bin.

„Warte, warte, warte. Um eins klar zu stellen, ICH bin DEINETWEGEN fortgegangen. DEINETWEGEN habe ich Menschen verlassen, die mir am Herzen lagen. DEINETWEGEN habe ich Kontakte abgebrochen und nur DEINETWEGEN habe ich mich verändert."

„Jungs, geht schon mal ins Auto.", befahl er den Männern und sie befolgten seinen Befehl. Nun wandte er sich wieder zu mir. „Adisa, ich weiß ich habe Fehler gemacht. Ich bereue sie aus tiefstem Herzen. Ich möchte mich entschuldigen und alles wieder gut machen.", sprach er ruhig auf mich ein.

„Was du getan hast, kann man nicht wieder gut machen. Niemals, niemals werde ich deine ausgesprochenen, ernstgemeinten Wörter vergessen. Niemals." Ich ging zur Eingangstür und war gerade dabei sie zu öffnen als Alija mich am Oberarm festhielt und umdrehte.

„Adisa, du verstehst es nicht. Du musst jetzt mit mir kommen. Meinetwegen bist du nun in Gefahr. Wenn dir etwas zustößt, werde ich es mir niemals verzeihen können, dich hier alleine gelassen zu haben."

„Das hast du dir selbst zu zuschreiben. Hättest du mich damals nicht so dreckig behandelt, hätte ich ein normales Verhältnis zu meiner ganzen Familie, lebte vielleicht noch friedlich mit ihnen, aber so ist unser Schicksal. Und wegen deinem unmenschlichen Verhalten damals, werde ich heute nicht auf dich hören. I da Bog da mi se desilo večeras nešto. (Ungefähre Übersetzung: Hoffentlich passiert mir heute etwas.)"

Ich wollte erneut einen Abgang machen, doch er drehte mich erneut um. „Adisa, vertrau mir. Vertrau mir ein einziges Mal.", sagte er in einer ruhigen Stimme. Irgendetwas bedrückt ihn. Irgendetwas Wahres ist dran. Sei nicht naiv Adisa!

,,Vergiss es, du hast es selbst verkackt."
,,Aldin wirst du dann auch sehen." Aldin? Oh mein Gott, ich hab den kleinen Jungen so sehr vermisst.

Da er keine Ruhe geben würde, sollte ich mal mitgehen. Schließlich hatte ich nichts zu verlieren.

„Ich bin in zehn Minuten unten.", gab ich ihm genervt kund, worauf er lächelte. Ich ging in den Aufzug hinein und stieg in meiner Etage wieder aus. Als ich meine Wohnung betrat, packte ich alle nötigen Sachen in meine große Handtasche, zog mir noch etwas gemütliches an und ging wieder nach unten. Unten angekommen wartete Alija schon ungeduldig auf mich.

Ein Mann von Alija hielt uns die Tür auf, damit wir hinten einsteigen konnten. Die Tür schloss sich wieder und der Motor startete. Warum hat Alija so viele Angestellte und einen Chaufeur? Wohnt er eigentlich noch zu Hause bei Mama und Babo? Diese Frage wurde mir nach einigen Minuten beantwortet, als wir vor einem riesigen Haus, nein, einer Villa stehen blieben. Wir stiegen aus und ich schaute mich um. Vor der Villa stand ein runder Brunnen, der leuchtete und vor der Eingangstür standen wieder zwei Männer.

Wir betraten die riesen große Villa und befanden uns im großen Eingangsbereich. Hier stand bloß eine Couch mit einem Tisch in der Mitte plaziert.

„Sumeja, zeig Adisa ihr Zimmer.", befahl mein Bruder einer jungen Frau, die lächelnd nickte und mich aufforderte, mit ihr mit zu kommen. Ich folgte ihr die Treppen nach oben, in das letzte Zimmer auf der rechten Seite. „Das ist dein Zimmer. Wenn du etwas brauchst, mein Zimmer befindet sich unten, im Eingangsbereich mit der Türaufschrift Sumeja. Ansonsten wünsche ich dir noch eine gute Nacht."
„Ebenfalls." Sie schloss die Tür und ich schaute mich um.

Da ich vermutlich nur bis morgen hier bleiben werde, nahm ich auch nicht soviele Sachen mit. Ich hatte mir nur ein Shirt mitgenommen, Pyjamas, eine Jeans, Schminke, noch einige Reinigungsprodukte, sonst nichts.

Ich wälzte mich mal nach links, mal nach rechts, doch konnte einfach nicht einschlafen. Was wollte dieser Mann heute von mir und wer war er? Ich weiß nur deren Vornamen. Danijel und Milan. Woher wusste mein Bruder, das ich in Gefahr steckte? Woher wussten sie, wo ich mich aufhielt und wie ich aussah?

Ich brauche Antworten. Sofort. Sonst kann ich nicht schlafen. Entschlossen stand ich auf und stieg die Treppen runter. Der Kronleuchter leuchtete noch in der Eingangshalle und ich sah Alija mit einem Mann im Wohnzimmer sitzen. Leise schlich ich mich hinter die Wand und lauschte ihnen zu. „Ich hab herausgefunden, wer der Mann war, der sie gerettet hat.", sagte der Mann.

„Super, Halil. Wie heißt er?" Alija war gespannt auf den Namen und trank ein Schluck seines Kaffes. „Ibrahim Bešić", sprach Halil seinen Namen aus und daraufhin verschluckte sich Alija fast. „Was für ein Zufall, das ist ein Bekannter von uns. Unsere Eltern kennen sich und sind gut befreundet. Was hat er dort gemacht?"

„Er ist der Clubbesitzer."

„Ich wusste gar nicht, dass er einen Club besitzt. Nach dem Skandal mit Muzafers Club, hätte ich nie gedacht, das die wieder einen Club eröffnen."

„Heute war die Neueröffnung. Viel mehr interessiert mich woher Milan und Danijel wussten, das Adisa dort auftaucht." Alija lehnte sich angespannt zurück und sah nachdenklich aus.

„Wer sind Danijel und Milan und was wollen sie von mir?", sagte ich während ich das Wohnzimmer betrat. Alija und Halil schauten mich geschockt an. „Das... Das hast du falsch-'', fing Alija an eine Lüge aufzutischen. „Nichts habe ich falsch verstanden. Nun sagt mir endlich wer die sind."

Alija seufzte einmal laut auf und nickte Halil zu. „Setzt dich.", sagte Halil und ich setzte mich neben ihm, während Alija gegenüber von uns auf dem Sessel saß.
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Hab das Gefühl diese Geschichte wird nie enden:D Meinungen?

Adisa's WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt