03 - Pechtag

636 31 5
                                    

,Danke Mama, wirklich sehr verständnisvoll von dir. Gleich so viel Liebe und Verständnis. Das schaffst auch nur du.‘ Ich musste mich echt zusammen reißen und bemühen meine Gedanken nicht laut auszusprechen. Ich drehte mich einfach um.

Wir liefen zur U-Bahn, da wir den Bus auch verpasst haben. Toll, was gibt es besseres. „Hajde, Adi, ruf Yeliz an.“ „Ich kann nicht, ich esse gerade.“, sagte ich und biss in mein Brot. Sara blieb stehen, da sie etwas weiter vorne als ich war, da ich stehen bleiben musste, und das Sandwich auspacken musste, hat das mich Zeit gekostet. So konnte sie weiter vorne liegen als ich. „Das ist jetzt nicht dein ernst oder? Wir kommen zu spät und du isst mal eben so dein Brot.“ Sie fing an zu lachen und rief dann Yeliz' Nummer an. Sie schaltete den Lautsprecher an. "Wir kommen zu spät.“, sagte Sara ohne Begrüßung ohne gar nichts. "Wir  auch, Beyza  hat mich zu spät abgeholt und Emina kommt nicht, den Grund weiß ich auch nicht.“ "Okay, wir sind gleich bei der U-Bahn.“  „Beeilt euch, die U-Bahn kommt in vier Minuten.“ Dann legten sie auch schon auf.

++

„Na, das war ja klar das unsere vier Damen zu spät kommen. Los steigt ein, der Zug fährt gleich ab.“, nervte mich unser Lehrer. Ohne Worte stiegen wir ein und setzten uns. Meine ganze Klasse sitzt zusammen in einem extra Wagon, wo sich keine fremden Personen befanden. Orkun saß neben meiner Clique mit seinen Jungs. Nur der Gang, wo man durch geht, trennt uns. Ich spürte Blicke von ihm, jedoch schaute ich nicht zu ihm, er soll sich bloß nichts einbielden. 

„Es sind voll viele da, wir hätten easy schwänzen können“, stellte Yeliz fest. „Jetzt ist auch egal.“ „Vay vay Sara du bist voll gut gelaunt“, gab Beyza zu und lachte.

Ein Stupsen an meinem Oberarm brachte mich dazu, mich nach links zu drehen, wo ich Orkun erblickte. „Können wir kurz reden?“ Emotionslos guckte ich ihn an. Was will er denn bitte mit mir bereden? Wir haben doch gar kein gemeinsames Thema. Aber meine Neugier bestand darauf, zu zusagen. „Ehm, ja klar. Mädels ich komm gleich.“ Sara zwinkerte mir bloß zu und ich warf ihr einen warnenden Blick zu. Ich folgte Orkun in einen anderen Wagon und er schloss die Tür. In diesem Wagon ist niemand, außer uns.

„Und, wie geht’s dir so, Adisa?“ Will der mich völlig verarschen? Er hat mich jetzt nicht von meinen Mädels getrennt, nur um mich zu fragen, wie es mir geht? „Gut und selbst?“ „Auch. Freust du dich schon auf den Ausflug?“ „Ja, bin total scharf auf’s Wandern mit Herr Müller.“ Wir redeten über unnötiges Zeug weiter. Er schmiss Sachen aus dem Fenster, verarschte Leute, die sich mittlerweile in den Wagon setzten und machte weitere lustige Sachen.

„Komm, lass zu den anderen gehen“  Er nickte und wir zurück auf unsere Plätze, wo die Anderen auch viel Spaß hatten. Schweigend setzte ich mich zu den Mädels, die mich angrinsten. „Was?“, fragte ich verwundert. „Na los, erzähl schon“ „Da gibt’s nichts zu erzählen“ „Haddi canim erzähl“, forderte mich Yeliz auf. „Wir haben nur unnötiges gelabbert sonst nichts.“

„ALLE AUSSTEIGEN KINDER“, befahl uns Herr Müller. An der Station stiegen wir aus und gingen an einem Fluss entlang. Paar Fotos schossen wir und gingen mit den Jungs. Orkun und ich gingen langsamer und waren nun geschätzte drei Meter von den Anderen entfernt.

„Boah ich hasse wandern“, sagte er genervt. „Ich liebe es.“ Er schaute mich unglaubwürdig an. „Natürlich nicht, dachtest du wirklich? Ha, opfer.“, beleidigte ich ihn. „Wen nennst du hier Opfer?“ „Na dich, wen denn sonst?“ „na warte“ Er jagte mich und ich rannte so schnell wie möglich weg von ihm. Wir überholten unsere Cliquen und den Lehrer. Wir stoppten irgendwann mal, da ich aus der Puste war. „Wie ich sehe gefällt euch das Wandern“, sagte der nervende Lehrer. „Ja man Bruder, total.“ „Achte auf  deine Wortwahl Bruder“. Der Lehrer betonte das „Bruder“ und ich kriegte mich nicht mehr vor Lachen ein.

++

Der Lehrer bezahlte den Eintritt zur ,Höhle‘ und wir betraten sie. Der Weg war ziemlich schmal, manchmal dunkel und manchmal hell. Ein Fluss fließt auf der rechten Seite, wir sind aber geschätzte zehn Meter über ihn. Wir schossen wieder ein paar Fotos und ich ging mittlerweile neben, beziehungsweise vor Orkun. Die anderen Mitschüler sind außer Sichtweite.

So ein scheiß Ausflug. Wer geht beim Regen wandern, dazu noch so lange. Ich könnte schwören dass ich mich erkälten werde. Mein ganzer Körper ist klitsch nass und ich zitter  schon. „An was denkst du?“, fragte mich Orkun besorgt. Man erkennt mir anscheinend dass ich schlecht gelaunt bin. „Der Tag ist scheiße“ Mein ganzes Leben ist scheiße, diesen Gedanken sprach ich jedoch nicht laut aus. „So schlimm ist es doch auch nun wieder nicht“ Wenn du wüsstest...

Nach einer Weile schloss ich mich Sara und Beyza an. Ich bemerkte das Yeliz fehlt. „Wo ist Yeliz eigentlich?“ „Sie und Can schwänzen. Sie fahren zusammen in irgendein Cafe und schlürfen gerade wahrscheinlich einen heißen, leckeren Kakao.“, beneidete sie Sara. Die haben es ja gut. Uhhhh.

Eine Stunde verging und wir waren am Ende der beschissenen Höhle. Die Klasse gönnte sich eine Pause auf der Bank und beobachtete wie die Regentropfen in den Fluss fielen.  Der Himmel war sehr dunkel, wahrscheinlich kommt noch ein schlimmeres Unwetter, genau wie in mir drinnen. Ich würd jetzt so gern all meinen Tränen freien Lauf lassen, aber es geht nicht, ich bin in der Öffentlichkeit. Ich freu mich einfach nur auf mein warmes Bett, wo ich mich am wohlsten fühle.

Sara und ich entfernten uns von der Klasse und hockten uns auf einen großen Felsen, als Sara plötzlich anfing zu grinsen. „Adii“, sagte sie meinen Namen mit einer zuckersüßen Stimme. „Ha?“ „Guck mal da“ Ich blickte geradeaus, wo sich auch Saras Blick fixierten und erblickte Ermin. Seine Klasse war also auch hier. Er stand in einem Jugenkreis und grinste Sara an. Langsam näherte er sich uns. „na los sara, geh schon“ „Ich lass dich nicht allein“ „Ich geh gleich zu Beyza, hajde geh“ „Bist die Beste“, waren ihre letzte Worte ehe sie sich mit Ermin umarmte. Zusammen gingen sie runter an den Fluss.

Ein kurzer Gedanke an den Rückweg brachte mir noch schlechtere Laune. Reine Zeitverschwendung was wir hier machen. Warum können wir uns nicht aussuchen, wo wir unsere kostbare Zeit verschwenden? Meine Beine tuhen weh und ich habe Kopfschmerzen. Und Tabletten hab ich auch nicht dabei. Was ist das bitte für ein blöder Tag? Wär ich doch einfach zu Hause geblieben man. Mich braucht hier eh keiner. Doch wer braucht mich eigentlich zu Hause?

Erst jetzt bemerke ich, dass meine Klassenkameraden nicht mehr auf der Bank saßen, sondern vermutlich schon auf dem Rückweg sind. Wie lange sitze ich hier schon? Ich guckte an die Stelle, wo ich Sara und Ermin zuletzt sah, doch nun befindet sich keiner mehr da.

Panisch stand ich von dem Felsen auf und begab mich auf den Rückweg. Ob die anderen meine Abwesenheit schon bemerkt hatten? Wie soll ich jetzt denn Nachhause kommen, wenn die anderen schon weg sind? Man warum immer ich? Meine Mutter wird sich bestimmt fürchterliche Sorgen machen. Ich mein, wenn ich nicht mehr da bin, an wen soll sie dann ihr ganzen Hass auslassen und die ganze Zeit schlecht dar stellen?

Ganz schön dunkel hier und ich hab nicht mal eine Taschenlampe dabei. Toll. Wirklich Super gemacht Adisa. Das hast du mal wieder grandios hingekriegt. Kannst du nicht einmal etwas richtig tuhen? Nur ein einziges Mal!

Plötzlich stieß ich gegen eine gut gebaute Person. Anscheinend Männlich. Bestimmt ist es Orkun. Puuh, bin ich erleichtert, zum Glück hat er wenigstens an mich gedacht und mich hier nicht alleine gelassen. Wenigstens einer auf dieser Welt den ich ansatzweise kümmere.

Sicherheitshalber holte ich mein Handy aus meiner Jackentasche und schaltete den blitz ein, um mich zu vergewissern das es Orkun ist. Doch das Schicksal meint es heute echt nicht gut mit mir, denn vor mir stand nicht Orkun sondern ein wildfremder Junge. Ich schaute in seine schönen, braunen Augen und vertiefte mich darin. Sie fesselten mich in einen Bann und ließen nicht zu, meinen Blick von ihnen zu nehmen. Sosehr ich es wollte, es ging einfach nicht...

_____________

Meinungen zu der Geschichte bis jetzt? Bald wird herrauskommen, warum Adisa so denkt, wie sie denkt. Es wird noch echt viel passieren :DD

Adisa's WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt