2. Advent: Daddy

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[Merry Nicolaus!]

- Clary -

Nachdem wir Bird bei ihr Zuhause abgesetzt hatten und Noah und ich allein im Auto waren, setzte ich mich sofort auf den Beifahrersitz. Ich hasste es hinten zu sitzen, da war nicht genug Platz für meine Beine. Noah hatte seinen Blick immer noch nicht von der Haustür abgewandt, durch die Malia gerade gegangen war, als ich mich anschalte und den Gurt fest zog.

"An was denkst du, Bruderherz?" Ich streckte meinen Kopf über seine Schulter und er zuckte zusammen. Mal wieder in Gedanken verloren.

"An gar nichts. Können wir fahren?" Er fuhr sich durch die Haare und legte dann beide Hände aufs Lenkrad.

"Wieso seit ihr eigentlich keine Freunde mehr?" Das interessierte mich jetzt schon länger, ich fand die Frage nur nie passend. Keiner von beiden hörte den Namen des anderen gerne. Ich persönlich war sowieso davon überzeugt, dass sie mal was miteinander hatten. Mein Bruder hatte es versaut. Offensichtlich. Er macht sich immer alles kaputt. Rein hypothetisch gesehen, wenn ich denn überhaupt recht hatte. Noah drehte sich von mir weg und schaute auf die Straße vor uns.

"Weil ich ein Arschloch war." Er atmete frustriert aus und startete den Motor. Ich sags ja.

*****

"Hallo! Ist jemand da?" Ich knallte die Haustür hinter mir zu und Noah gab mir einen Blick, der mir mitteilte, dass ich nicht so rum schreien sollte. Manchmal nervten seine Stimmungsschwankungen echt. Die hatten Mom und Dad auch. War ich denn die einzige normale in dieser Familie? Ich streckte ihm die Zunge raus, was er mit einem Augenrollen beantwortete. Dann ging er die Treppe hoch in sein Zimmer. Der Rest des Hauses war still, was meine Frage mehr oder weniger beantwortete. Frustriert atmete ich auf und zog meine Winterjacke aus. Für ein paar Sekunden stand ich einfach nur dumm im Flur und überlegte was ich tun könnte. Letzten Endes entschied ich mich fürs Fernsehen, auch wenn um diese Uhrzeit sowieso nichts anspruchsvolles kam.

*****

Kaum hatte ich es mir auf der Couch bequem gemacht und die Fernbedienung vom Beistelltisch gefischt, klingelte es an der Haustür. Genervt stöhnte ich auf und starrte an die Zimmerdecke. Wenn es Mom oder Dad waren, hatten sie einen Schlüssel und ich müsste nicht extra aufstehen. Es klingelte noch zwei mal und ich rollte mich widerwillig vom Sofa.

*****

"Hallo, Clary." Ich widerstand dem reflexartigen Augenverdrehen, das sich immer in mir hoch kämpfen wollte, wenn ich ihr überschminktes Gesicht sah. Wieso hatte ich die Tür überhaupt aufgemacht? Das war den Weg vom Wohnzimmer nicht wert gewesen.

"Candice." Sie schaute mich erwartungsvoll an und mir wurde klar, dass ich die Tür blockierte. Langsam ging ich auf die Seite und sie stöckelte an mir vorbei. Ihre hohen Absätze machten dabei laute Klick-Geräusche auf dem Steinboden. Ich presste meine Lippen aufeinander, um mir einen Kommentar zu verkneifen. Als ich die Haustür wieder schloss, drehte Candy sich zu mir um.

"Wo ist-"

"Oben. Versucht dieses mal ein bisschen leiser zu sein. Ich hab keine Bock den Nachbarn zu erklären, wieso sie euch zwei, naja eigentlich bloß dich, in ihrem Wohnzimmer hören können. Ich selbst bin auch nicht wirklich scharf drauf, wenn ich da ganz ehrlich bin." Angewidert zog das Mädchen die Nase hoch. Sie hatte sich schon immer für was Besseres gehalten, woher das kam, konnte ich jedoch auch nicht erklären. Ich hob mein Kinn an und strich meine Haare zurück.

"Es geht dich gar nichts an, was dein Bruder und ich treiben."

"Wenn ihr es so laut "treibt", dass ich den Fernseher nicht mehr hören kann, geht es mich sehr wohl was an." Ich ging an ihr vorbei und schüttelte den Kopf. Hirnloses Miststück. Oh mein Gott, sie versuchte schon immer Noah dazu zu kriegen, sie mal zum Familienessen einzuladen. Sie bedeutete ihm genauso viel wie die anderen Mädchen vor ihr. Nichts. Er würde sie "entsorgen" wie ein benutztes Taschentuch und einfach zur nächsten wandern, wenn er genug von ihr hatte. Wie er es eben immer tat.

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