Der sicher größte Vorteil an meinem Job war, dass ich vor 12 Uhr gar nicht im Studio auftauchen brauche, weil sowieso niemand da ist und somit verringerte sich das Risiko auch deutlich, dass ich zu spät kam. Was nicht ausschließt, dass es mir trotzdem schon oft genug passiert ist.
Ich war gerade auf dem Weg, Anis ein paar Unterlagen zu bringen, als ich aus einem kleinen Nebenraum Michaels Stimme hörte. Ich stellte mich in den Türrahmen und hörte zu, wie Michael Kenneth therapierte. In seinem Redefluss vertieft bemerkte mich keiner der Beiden. "Ey man, wirklich! Reiß dich jetzt mal zusammen. Sie ist jetzt meine Freundin okay, akzeptier das einfach", redete Michael auf ihn ein. Hatte er gerade gesagt, dass ich seine Freundin bin? Ich muss mich verhört haben. Ich meine, ich wüsste doch, wenn ich in einer Beziehung stecke. "Tut mir wirklich leid Dicker, ich dachte, dass ist nur so ne lockere Sache. Das sollte auch nurn Joke sein", lenkte Kenneth ein. Pah, von wegen! Plötzlich starrten mich beide an. Verdammt, hatte ich das gerade laut gesagt? Ich lief knallrot an und verschwand vom Türrahmen, um die Unterlagen abzugeben.
"Belauscht du öfter Gespräche von anderen?" Erschrocken zuckte ich zusammen und schaute vom Bildschirm auf. "Verdammt Michael, musst du dich so anschleichen?", fragte ich zynisch. Ein Schmunzeln breitete sich auf seinem Gesicht aus: "Das war nicht meine Absicht." "Deine Freundin also?", fragte ich nach kurzem Schweigen, leicht lächelnd. "Irgendwelche Einwände?", stellte er lächelnd die Gegenfrage. Ich schüttelte den Kopf. "Okay", grinste er.