Ein paar Monate später waren die Aufnahmen für Michaels Album vollendet und er freute sich riesig auf das Release. Auch ich fieberte dem entgegen, schließlich war ich in den Produktionsprozess involviert und wollte nun auch die Resonanzen wissen, außerdem war Michaels Leidenschaft ansteckend.
Gerade hatte ich die fertige Demo bei der Presserei in Auftrag gegeben, als Michael im Studio auftauchte. Er war heute, wie öfter mal, noch länger im Bett liegen geblieben, sodass ich ohne ihn zum Studio vorging. "Na, ausgeschlafen?", begrüßte ich ihn. "Naja, eigentlich nicht, ich hab die halbe Nacht an einem Text und einem Beat gearbeitet", sagte er total aufgeregt und euphorisch. Gott sei Dank hatte ich einen tiefen Schlaf. "Wieso? Dein Album ist fertig", stellte ich nüchtern fest. "Nicht fürs Album. Ein Disstrack gegen Kay!" Meine Neugier war geweckt. "Zeig her!", rief ich aus und sprang von meinem Stuhl auf. "Komm mit, ich zeig dir den Text." Ich folgte ihm und wir ließen uns auf der Couch im Aufnahmeraum nieder, bevor er mir einen Zettel in die Hand drückte. "Einige Stellen sind noch nicht zu 100% so, wie ich sie will", erklärte Michael mir. Interessiert laß ich mir jede Zeile durch, die er zu Papier gebracht hatte. Bei einer stoppte ich kurz. 'Du willst selbst die Frauen deiner besten Freunde ficken'. Ich schätze hierbei bezieht er sich auf die Tatsache, dass Kenneths Versuche, mich rumzukriegen, auch nicht aufhörten, als er wusste, dass das zwischen Michael und mir etwas ernsteres ist.
"Und? Was sagst du?", fragte er mich, nachdem ich den Text gelesen hatte und in seinem Blick spiegelte sich dieser jugendliche Leichtsinn wieder, die Euphorie eines Kindes an Weihnachten, woraufhin ich lächeln musste. "Das gefällt mir", grinste ich. "Warte bis du die Beatskizze gehört hast!" Seine Motivation war wirklich ansteckend. Und er versprach nicht zu viel, der Beat haute mich echt vom Hocker.
In den nächsten paar Tagen wurde die Beatskizze also perfektioniert und Michael besserte einige Textstellen aus, bevor er den Track aufnahm und wenige Tage später veröffentlichte. Ich war eigentlich nicht der Typ, der Streit unterstützt, aber mir war klar, dass das in der Rap-Szene numal so ist und außerdem hatte es Kenneth durchaus verdient.