Als Adrienne sich später am Tag mit ihrem Vater unterhielt, eröffnete der ihr, dass nicht nur die Krankheit ihrer Mutter der Familie Sorgen bereitete. Zu ihrer völligen Überraschung befand sich das Familienunternehmen, um das es immer glänzend bestellt gewesen war, nämlich plötzlich in ernsthaften Schwierigkeiten. Und Schuld daran trug ausgerechnet die Firma eines Emporkömmlings namens Dupont, der, als ob das nicht bereits schlimm genug wäre, auch noch Franzose war. So hatte ihr Vater sich ausgedrückt, und es war typisch für Adriennes Familie, solche Dinge wichtig zu nehmen. Als wäre es von Bedeutung, aus welchen Verhältnissen oder welchem Land die Person stammte, die einem Schwierigkeiten bereitete!
Doch in ihrer grenzlosen Vornehmtuerei betrachteten die Diderots - ebenso wie viele ihrer Bekannten und Freunde - nur echte Monegassen als mögliche Konkurrenz. Vermutlich hatten sie auch deshalb erst zu spät realisiert, welche Gefahr ihnen drohte. Und dass es der Reederei ihrer Familie wirklich schlecht ging, hätte ihrem Vater ebenso gut auch auf die Stirn geschrieben stehen können. Adrienne sah es an seiner gebeugten Haltung, seinem leeren Blick und der Art und Weise, wie er beim Sprechen die Schulter hängen ließ.
Es stand nicht gut um die Zukunft des Unternehmens. Fast das gesamte flüssige Kapital steckte in der Silver Dawn, einem modernen neuen Kreuzfahrtschiff, dessen Jungfernfahrt endlich wieder Geld in die leeren Kassen hätte schwämmen sollen. Da Problem war nur, dass eben diese Jungfernfahrt sich immer wieder verzögerte. Aufgrund von Behördeneinwänden, fehlenden Genehmigungen, Lieferschwierigkeiten..... Nur ein Narr vermochte noch daran zu glauben, dass all diese Stolpersteine durch einen Zufall so gehäuft auftraten. Doch Adriennes Vater war kein Narr, auch wenn er die drohende Gefahr zunächst nicht erkannt hatte.
Dass ein Mann wie Dupont die Firma in ernsthafte Schwierigkeiten bringen konnte, war für ihn sicher eine Überraschung, ja, eine Demütigung gewesen. Doch Jean-Michel Diderot gehörte eigentlich nicht zu den Menschen, die sich von einem Rückschlag gleich aus der Bahn werfen ließen. Umso mehr erstaunte es Adrienne, dass ihr Vater so mitgenommen wirkte. Das war an sich gar nicht seine Art. Und genau das sorgte sie. Ganz gleich, wie ihr Verhältniss zu ihren Eltern auch sein mochte, sie wollte nicht, dass das familieneigene Unternehmen zerstört wurde. Zu gut wusste sie, dass das alles nicht nur irgendeine Möglichkeit für ihren Vater war, Geld zu verdienen. Nein, CCD - die Compagnie de Croisiere Diderot - war sein Lebensinhalt. Er hatte sich alles von Grund auf aufgebaut, sich hochgearbeitet, die Reederei nach ganz oben gebracht. Was er da geschaffen hatte, war für ihn gewissermaßen so etwas wie ein einziges großes Schiff. Und würde dieses Schiff untergehen, würde er mit ihm im Meer versinken....
Sie wusste das, und deshalb wollte sie ihren Teil dazu beitragen, ihm zu helfen. Die Frage war bloß: Sollte sie dafür so weit gehen und Lucien Duponts Angebot annehmen? Sollte sie für den Feind der Familie arbeiten, um CCD zu retten? Immerhin hatte Lucien ihr versprochen, dass seine Firma sie in Zukunft in Ruhe lassen würde, wenn sie tat, was er verlangte. Konnte das überhaupt der richtige Weg sein? Und was würde ihr Vater dazu sagen? Adrienne wusste es nicht. Aber sie wusste, dass sie schnellstens Antworten auf ihre Fragen finden musste.
Genauer gesagt: bis heute Abend.
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Schicksalstage in Monaco *Abgeschlossen*
RomanceAdrienne fühlt sich unwiederstehlich zu ihrem attraktiven Boss Lucien Dupont hingezogen. Aber sie darf sich keine tieferen Gefühle für ihn erlauben! Denn der skrupellose Geschäftsmann aus Monaco hat scheinbar nichts Geringeres im Sinn, als ihre Fami...