Kapitel 36

1.9K 107 0
                                    

Früh am selben Abend saß Adrienne immer noch in ihrem Büro und recherchierte. Auch wenn sie es sich nicht hatte anmerken lassen: Sie war längst nicht so sicher, ob Lucien seine Meinung nicht doch noch ändern würde, wenn sie nicht schleuningst einen Erstatz für Didier Boisson fand.

Ihre Sekretärin - sie musste sich erst noch daran gewöhnen, jemanden zu haben, der für sie arbeitete - war schon vor Stunden gegangen. Überhaupt war es auf der Chefetage, in der sich auch ihr Büro befand, still geworden. Doch Adrienne war daran gewöhnt, lange und hart zu arbeiten. Wenn auch ihre Tätigkeit für Lucien sich grundlegend von dem Unterschied, was sie vorher gemacht hatte.

Natürlich vermisste sie es, mit Menschen wie Bella zusammenzuarbeiten, die sich ehrenamtlich für den guten Zweck engagierten. Aber wenn sie ehrlich zu sich sein wollte, machte ihr das, was sie im Augenblick tat, durchaus Spaß. Es forderte sie heraus - auf eine vollkommen andere Art und Weise als bei Good Deeds.

Und dann war da auch noch Lucien selbst. So ungern sie es zugeben wollte, sie fühlte sich wohl in seiner Nähe. Sehr viel wohler als es ihr angesichts der Umstände angemessen erschien. Sie konnte sich ausmalen, wie ihre Mutter reagieren würde, wenn sie davon erfuhr. Bisher wusste Madeleine Diderot ja nicht einmal, dass sie für Lucien arbeitete. Dass sich ihre einzige Tochter zu einem Emporkömmling - noch dazu einem französischem stämmigen Emporkömmling - hingezogen fühlte, würde sie niemals verstehen.

Bist du verrückt geworden? Was denkst du überhaupt darüber nach? Lucien ist nichts für dich! Halte dich von ihm fern!

Doch dass das nicht so einfach war, wurde ihr spätestens in dem Moment klar, in dem die Türe zu ihrem Büro ohne jedliche Ankündigung aufgestoßen wurde. Es war niemand anderes als Lucien, der hineinstürmte. Sie blickte von ihrem Monitor auf und runzelte die Stirn.l ,,Deine Mutter hat dir wohl nie die Grundregeln der Höflichkeit beigebracht, wie?'' Ärgerlich funkelte sie ihn an. ,,Ich arbeite für dich, ja - aber du könntest wenigstens so viel Anstand besitzen und anklopfen, bevor du wie ein Tropensturm in mein Büro fegst!'' Für einen kurzen Moment wirkte er irritiert. Er war es definitiv nicht gewöhnt, von seinen Untergebenen zurechtgewiesen zu werden. Doch das was für Adrienne kein Grund, anders mit ihm umzugehen. Die Erfahrung, dass jemand nicht nach seiner Pfeife tanzte, schadete ihm ganz gewiss nicht.

Besonders mitgenommen wirkte er jedoch nicht, als er sich ihr gegenüber auf den Besucherstuhl sinken ließ. ,,Was tust du gerade?''

,,Ich arbeite'', entgegnete sie.

Er hob eine Braue. ,,Also schön, lass mich die Frage noch einmal neu formulieren: Woran arbeitest du gerade?''

Seufzend lehnte Adrienne sich auf ihren Stuhl zurück. Sie fragte sich, was er wirklich von ihr wollte. ,,Ich recherchiere, welche Geschäftspartner für dein Hotelprojekt infrage kommen.''

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. ,,So hatten wir es doch besprochen.''

,,Stimmt'', sagte er. ,,Aber das muss ja nicht mehr unbedingt jetzt gleich sein. Heute Abend brauche ich dich für etwas anderes.''

,,Was?'' Erstaunt schaute sie ihn an. ,,Wovon sprichst du?''

,,Du musst mit mir ausgehen.''

,,Ausgehen?'' Sie riss die Augen auf. Aber...''

Er schüttelte den Kopf. ,,Keine Zeit für lange Erklärungen'', fiel er ihr ins Wort. ,,Du fährst jetzt nach Hause und wirfst dich richtig in Schale. In einer Stunde hole ich dich vor dem Anwesen deiner Eltern ab.'' Er stockte. ,,Du kannst doch tanzen?''

,,Tanzen!'' Das wurde ja immer verrückter! Sie atmete tief durch. ,,Ich bin deine persönliche Aanwältin. Und auch wenn dein Date für heute Abend dich offenbar kurzfristig versetzt hat - für diese Art von Dienstleistungen werde ich nicht bezahlt.''

Er verdrehte die Augen. ,,Es geht hier nicht um ein Date, Adrienne. Du musst mir dabei helfen, eine Katastrophe zu verhindern!''

Schicksalstage in Monaco *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt