Kapitel 34

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Adriennes Herz klopfte so wild wie nie in ihrem Leben zuvor. Gleichzeitig fragte sie sich, ob sie von allen guten Geistern verlassen war. Sie hatte alles auf eine Karte gesetzt, um Lucien davon zu überzeugen, keine Geschäfte mit Didier Boisson zu machen. Dass ihr dies tatsächlich gelungen war, konnte sie immer noch nicht fassen. Und vor allem konnte sie nicht fassen, dass sie sich in diesem Moment trotz ihres Erfolgs nichts sehnlicher wünschte, als von Lucien geküsst zu werden.

Ehe sie sichs versah, machte er einen großen Schritt auf sie zu. Jetzt standen sie sich ganz nah gegenüber, und urplötzlich war alles, was sie sonst so sehr beschäftigte, vergessen: die Krankheit ihrer Mutter und die Probleme ihres Vaters. Und als sie kurz an Gerald denken musste und daran, was er und ihre Eltern ihr angetan hatten, gelang es ihr sogar, den Gedanken daran sofort wieder zu verscheuchen.

Sie schloss das letzte bisschen Abstand zwischen Lucien und sich mit einem Schritt und schlang instinktiv die Arme um seinen Nacken. Einen Moment lang standen sie einfach nur da, versunken in den Anblick des jeweils anderen. Dann - endlich! - senkte Lucien den Kopf zu ihr hinab und verschloss ihren Mund mit seinen Lippen. Es war zunächst nur eine sanfte Berührung, zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings. Doch das reichte Adrienne nicht. Sie wollte mehr - und so stellte sie sich auf die Zehnspitzen und vertiefte den Kuss.

Ein leises Keuchen entrang sich Luciens Kehle und setzte sich als leichte Vibration in Adrinnes Kopf fort. Es machte sie fast verrückt, und in diesem Moment wollte sie sich einfach nur an ihn pressen und ihn küssen, bis sie keine Luft mehr bekam. Doch irgendwann setzte ihr Verstand wieder ein, und sie löste sich von ihm.

Den Blick gesenkt, stand sie da und war ihm immer noch so nah, dass seine Körperwärme sie einhüllte. Sie atmete tief durch und wandte sich ab, verzweifelt bemüht, sich wieder zu fangen. Was war bloß in sie gefahren, sich von ihm küssen zu lassen - ihn praktisch auch noch dazu auffordernd? Hatte sie vollkommen den Verstand verloren?

Im Grunde war Lucien überhaupt nicht ihr Typ. Rein äußerlich gesehen vielleicht schon, immerhin sah er unglaublich gut aus. Aber er wusste auch genau um seine Attraktivität - und setzte sie ohne jeden Skrupel ein, wenn es darum ging, seine Ziele zu erreichen. Doch schon allein ihrer Eltern wegen konnte sie es nicht riskieren, sich mit ihm einzulassen. Sie war nähmlich alles andere als erpicht darauf, die Erfahrung mit Gerald zu wiederholen!

Sie zuckte zusammen, als er ihr plötzlich eine Hand auf die Schulter legte. ,,Adrienne? Ist etwas mit dir?'' Dass er nach dem Kuss ins vertraute Du übergegangen war, störte sie nicht sonderlich. Sie schüttelte den Kopf. ,,Nein, nein. Mir schnürt es nur jedes Mal aufs Neue die Kehle zu, wenn ich daran denke, dass dieses wunderbare Stück Natur schon bald in eine Betonwüste verwandelt wird.'' Sie zwang sich dazu, ihre widerstreitenden Gefühle aus ihrer Miene zu verbannen. Lucien musste nicht unbedingt wissen, was in ihr vorging. Sie war keine von seinen willigen, geistlosen Gespiellinnen, und auf keinen Fall würde sie sich von ihm auf diese Stufe stellen lassen. Als sie sich zu ihm umwandte, lag ein Lächeln auf ihren Lippen, von dem sie nur hoffen konnte, dass es überzeugend wirkte. ,,Nun, aber wenigstens hat das alles ein Gutes'', sagte sie. ,,Wenn es dich davon abhält, mit einem Mann wie Boisson zusammenzuarbeiten, kann das nur....''

Sie wurde vom Klingel seines Handys unterbrochen. Er holte es aus seiner Jackentasche, runzelte die Stirn, als er aufs Display blickte, nahm das Gespräch aber an. Nachdem er ein paar wenige Worte mit dem Anrufer gewechselt hatte, legte er auf.

,,Ich muss zurück ins Büro'', sagte er. ,,Lass uns gehen.''

Schicksalstage in Monaco *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt