Kapitel 56

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Etwa zur selben Zeit befand sich Lucien auf dem Weg zur Villa der Diderots. Ihm war klar, dass sein Verhalten kein einfaches war. Er hatte viele Fehler gemacht, und es gab niemanden, von dem er sich wirklich Hilfe erhoffen durfte. Von Adriennes Eltern ganz gewiss nicht. Sie hassten ihn, machten sie ihn doch für das, was mit ihrer Firma geschah, verantwortlich.

Verdammt, er wusste ja nicht einmal, ob Adrienne wirklich hier war. Aber er wusste nicht, wohin er sich sonst wenden sollte - und er musste es wenigstens versuchen.

Kies knirschte unter den Reifen seines Wagens, als er die gewundene Auffahrt hinauffuhr. Er hatte Adrienne schon einmal abgeholt, war aber nie beim Haus selbst gewesen. Warum auch? Es war ja nicht gerade so, als würden die Diderots ihn mit offenen Armen empfangen. Doch heute was alles anders - und er würde sich nicht abweisen lassen. Nicht, ehe er mit Adrienne gesprochen hatte.

Es war Adriennes Vater, der die Türe öffnete. Lucien kannte ihn von Bildern, war ihm bisher aber nie persönlich begegnet. Umgekehrt verhielt es sich offenbar ähnlich, denn Jean-Michel Diderots Augen verengten sich bei seinem Anblick.

,,Was wollen Sie?'', fragte er abweisend.

,,Ich möchte zu Adrienne'', erwiderte Lucien - überrascht darüber, wie heiser und dünn seine Stimme klang. ,,Ist sie hier?''

Ihr Vater hob eine Braue. ,,Selbst wenn - ich glaube kaum, dass sie ein gesteigertes Interesse daran hat, Sie zu sehen, Moniseur Dupont. Ich....''

Hinter Diderots tauchte jemand in der großen Eingangshalle auf, den Lucien nur schattenhaft erkenne konnte. Dennoch fing sein Herz willkürlich an, schneller zu klopfen - und als er Adriennes Stimme hörte, wusste er, warum.

,,Lass nur, Papa'', sagte sie. ,,Ich kümmere mich selbst darum.'' Diderots seufzte, trat aber zur Seite.

,,Adrienne...'' Sie wich zurück, als er auf sie zukam, also blieb er stehen, um sie nicht zu verschrecken.

,,Was willst du noch, Lucien?'', fragte sie. ,,Bist du gekommen, um deinen Triumph auszukosten?''

Er schüttelte den Kopf. ,,Nein'', sagte er. ,,Ich bin hier, um mit dir zu reden...''

,,Was gibt es da noch zu reden? Alles was du zu mir gesagt hast, war von vorne bis hinten gelogen. Wie könnte ich dir jetzt auch nur ein Wort glauben, Lucien? Wie?''

,,Ich weiß, du hast keinen Grund mir zuzuhören.'', sagte er leise. ,,Trotzdem bitte ich dich genau darum. Hör mich an - wenn du mich danach nicht mehr sehen willst, werde ich das akzeptieren.''

Sie verschränkte die Arme vor der Brust, nickte aber. Ihr Gesichtsausdruck war unlesbar. ,,Bitte'', forderte sie ihn auf. ,,Ich bin ganz Ohr.''


Schicksalstage in Monaco *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt