Spießeralarm...

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Part 5

Am nächsten Tag wachten wir erst gegen Mittag auf. Wir waren gestern erst in den Morgenstunden ins Bett gefallen. Aber unsere Arbeit hatte sich gelohnt – die Wohnung sah fantastisch aus. Zerschlagen öffnete ich meine Augen. Ich brauchte einen Moment, bis ich begriff, wo ich mich befand. Mein Zimmer sah aufgeräumt so… anders aus. Größer, irgendwie.

Justin lag noch in Jeans und Pulli neben mir und schnarchte leise. Vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, stand ich auf und ging ins Badezimmer um zu duschen. Dann zog ich mir eine Jogginghose und einen dünnen Pullover an und verschwand in der Küche um etwas zu frühstücken.

Ich war gerade fündig geworden, als Justin reinkam. Er gähnte und öffnete müde den Kühlschrank. Mit einem Glas Milch und einer Schüssel Schokocornflakes setzte er sich neben mich auf die Couch und schaltete ein Eishockeyspiel im TV an. Schweigend knusperte er sein Frühstück. Ich hatte meine tägliche Dosis an Nutella und Pancakes schon fertiggegessen und rauchte jetzt erst mal eine Zigarette.

„Machen wir heute irgendwas?“, fragte Justin als im Fernsehen Werbepause war und ich meine dritte Zigarette geraucht hatte.

„Ich hab schon drauf gewartet, dass du das fragst.“, antwortete ich, erleichtert über etwas Ablenkung.

„Hmmmm, was haben wir denn früher immer gemacht?“, Justin zog die Stirn in Falten und begab sich auf dem kleinen Sofa in eine Art Liegeposition, sodass ich noch weniger Platz hatte als vorher.

Super. Ich rutschte inzwischen fast auf den Boden.

„Früher?“, wiederholte ich nachdenklich „Skateboarden, Eishockeyspiele oder Basketballspiele anschauen, Partys, Wasserparks, chillen…“

Justin unterbrach mich: „Skateboarden klingt geil. Alter, ich hab das jetzt echt schon lang nicht mehr gemacht… Und heute Abend könnten wir uns ein Eishockeyspiel anschauen, oder?“

Ich nickte langsam und murmelte: „Das lässt sich machen.“

Auf einmal schnellte Justins Hand vor und pflückte mir meine Zigarette aus dem Mund. Mit einer ungelenkigen Bewegung drückte er sie im vollen Aschenbecher auf dem Couchtisch aus und steckte meine halbleere Packung in seine Hosentasche.

„Hey!“, rief ich empört „Was soll das?!“

Justin platzierte seine Füße auf meinem Schoß und grinste mich frech an. „Mir passt es nicht dass du so viel rauchst.“, erklärte er und hob eine Augenbraue.

Ich erwiderte angriffslustig seinen Blick. „Na und?! Ist doch nicht dein Problem! Ich rauch schon seit ich vierzehn bin, und da war es dir auch egal!“

„Damals waren es aber noch unter drei Zigaretten pro Tag, und jetzt rauchst du schon zum Frühstück fast vier.“, Justins Stimme klang plötzlich ernst und trocken.

Ich funkelte ihn böse an. „Ähm, das geht dich gar nichts an, okay?! Ich bin volljährig, ich kann machen was ich will! Alter, ich dreh durch, du spielst dich sowas von auf! Justin, es nervt grad nur noch! Wieso laberst du mich mit so einem Müll zu?!“

„Vielleicht weil du mir wichtig bist?!“, entgegnete Justin ebenso angepisst. „Ich hab echt kein Bock mehr, zuzusehen wie du dich immer mehr hängen lässt. Du wohnst wie eine Pennerin, deine Wohnung sah bis gestern aus wie sau und du rauchst wie ein Schlot. Und jedes Wochenende feierst du bis zum Umfallen. Es gab mal Zeiten, wo du am Wochenende einen Film angeschaut hast, oder mit Freundinnen ausgegangen bist. Was ist mit dir passiert, Love?“, Justin nahm seine Füße von mir runter und stellte sich vor mich hin. „Ich finds auch uncool dauernd so spießig zu dir zu sein, aber ich hab Angst dass du irgendwann aus der Scheiße in die du dich reinreitest nicht mehr rauskommst. Ich bin viel zu selten da, um ständig auf dich aufzupassen. Du bist 18, Love. Du bist alt genug um für dich selbst Verantwortung zu übernehmen.“

„Du gehst ebenfalls oft feiern und manchmal rauchst du auch!“, fuhr ich ihn an und baute mich vor ihm auf. 

Justin legte mir fest seine Hände auf die Schultern und drückte mich zurück aufs Sofa. „Ja, aber ich kenne meine Grenzen. Was passiert als nächstes? Du wachst in deiner eigenen Kotze auf? Sowas hast du nicht nötig.“, sagte er eindringlich.

Ich konnte nicht verhindern, rot anzulaufen. Justin hatte mal wieder unbewusst den Nagel auf den Kopf getroffen. Verlegen starrte ich an die Wand über Justins Kopf.

Er seufzte und ging vor mir in die Hocke. „Sorry, Love, aber das musste jetzt mal sein. Wie wäre es: pack dein Skateboard und wir gehen zu unserem alten Platz.“

Ich nickte beleidigt und zog mir eine zerrissene Jeans und ein schwarzes Top an, bevor ich meine Haare zu einem hohen Dutt wuschelte und mein Skateboard suchte. In der Zwischenzeit hatte Justin geduscht und sich angezogen. Wir polterten die Treppe hinunter, ignorierten meinen mürrischen Nachbar und stiegen, kaum waren wir draußen, auf unsere Boards. 

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