Nicht mehr dasselbe

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Part 43

Anscheinend hatte Justin beschlossen, so zu tun, als hätte es die vergangene Nacht nie gegeben. Er stand noch ein paar Minuten vor der  verschlossenen Türe und redete auf mich ein. Da ich nicht antwortete sondern schweigend ins Leere starrte, gab er es irgendwann auf.

Kurz darauf schob er einen Zettel unterm Türspalt durch. Ich wartete, bis seine Schritte sich wieder entfernten, dann kletterte ich aus dem Whirlpool und tapste auf Zehenspitzen zur Türe.

„Bin mit Ryan G. in der Stadt. Komme gegen Abend wieder. Elyas ist bei meinen Eltern. J.“, las ich. Seufzend ließ ich den Zettel wieder auf die Fliesen fallen und klaubte ein frisches Handtuch von der Halterung an der Wand und wickelte es um meinen nassen Körper. Justin klang ziemlich kurz angebunden. Bestimmt war er sauer.

Barfuß hüpfte ich die Treppe hinunter in die Küche um nach etwas essbarem zu suchen. Als ich in den gähnend leeren Kühlschrank schaute, hob sich meine Stimmung nicht sonderlich. Außer einer verschrumpelten Karotte, einem halb leerem Babygläschen und einem Sixpack Bier war nichts da. Justin und ich hatten mal wieder verpeilt, einkaufen zu gehen.

Mit knurrendem Magen bestellte ich mir eine Pizza und zog mir einen grauen Sweater und Leggins an.

Eine halbe Stunde später saß ich mit einer wohlig warmen Pizzaschachtel auf den Knien vor dem Fernseher im Wohnzimmer, trank eine Dose Bier nach der anderen und schaute gelangweilt ein Basketballspiel an.

Sehnsüchtig schaute ich auf den leeren Platz neben mir. Ohne Jus war es einfach nicht dasselbe. Er fieberte immer bei jedem Spiel mit, hüpfte jubelnd mit mir durchs Zimmer wenn seine Lieblingsmannschaft einen Punkt machte, oder schlug wütend mit der Faust auf den Couchtisch wenn die Gegenmannschaft aufholte.

Aber jetzt saß ich alleine da. Ich hatte nicht mal eine Freundin, die ich anrufen könnte. Miley war höchstwahrscheinlich verkatert und lag den ganzen Tag im Bett, anstatt vorbeizukommen und mir Gesellschaft zu leisten.

Mir blieb nur meine Pizza.

Die Zeit verstrich unglaublich langsam. Irgendwann blendete ich meine Umgebung völlig aus, stopfte mechanisch Pizza in mich rein und versank in Gedanken.

Ich konnte einfach nicht glauben, dass Justin die Nacht komplett vergessen hatte!

Aber welchen Grund sollte er haben, mir das alles nur vorzuspielen?

Hatte er Angst um unsere Freundschaft? Aber die war doch jetzt spätestens sowieso zerstört…

Langsam begannen Selbstzweifel an mir  zu nagen. Verleugnete er mich vielleicht, weil ich schlecht im Bett gewesen war und er mir die Blamage ersparen wollte?

Oder noch schlimmer - er schämte sich für mich und wollte verhindern dass rauskam, dass er mit „so einer“ geschlafen hatte?!

Justins Perspektive

„Ryan, ich schaff das nicht. Ich bin nicht so ein Arsch.“, jammerte ich und raufte mir durchs Haar. Ich saß mit Ryan und Max, einem guten Kumpel, im Hardrockcafe und starrte erledigt in meinen Kaffee.

„Wars wenigstens gut?“, feixte Ryan und grinste frech.

„Alter, Ryan, Bro, konzentrier dich mal auf mein Problem!“, ich schlug ihm gegen die Schulter.

„Ja, ja, ja. Relax.“, Ryan schnaubte.

 „Wenn sie auf solche Arschlöcher steht, musst du dich eben benehmen wie eines.“, bemerkte Max trocken.

„Heißt?“

„Vögel sie einfach weiter, bis sie ne Beziehung will.“, Max lachte.

„Alter, nein,“, Ryan schüttelte entsetzt den Kopf. „Junge, das wär übelst respektlos. So will nicht mal Lovelyn behandelt werden.“

„Ach komm schon, du musst sie ja nicht beschimpfen.“, Max stöhnte. „Zeig  ihr, wer die Eier hat.“

Ich begann darüber nachzudenken, ein Idiot zu sein.

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