Anna

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Part 30

Bald stand schon das Treffen mit Anna an. Wir holten einen Karton mit Cupcakes vom Bäcker und ich kochte Kaffee. Pünktlich um 15:00 klingelte es an der Türe.

„Das ist sie.“, freute sich Justin und drückte mir Elyas auf den Arm. „Ich mach ihr auf.“

„Ja. Tu das.“, sagte ich genervt und setzte mich mit Elyas aufs Sofa.

Kurz darauf hörte ich wie die Haustüre aufging und eine helle Stimme rief: „Justin! Oooh, hab ich dich vermisst! Komm, lass dich mal drücken!“

„Also doch eine Barbie, hm?“, murmelte ich angepisst.

„Komm doch rein. Lovelyn ist mit Elyas im Wohnzimmer.“, sagte Justin freundlich und Schritte näherten sich.

Ich setzte ein einstudiertes Lächeln auf und drehte mich zur Türe.

Da kam Anna herein. Sie sah genauso aus, wie ich es mir gedacht hatte. Langes, blondes Haar, große Augen, schlank, lackierte Fingernägel und hautenge Jeans. Über dem Arm trug sie eine große, hellrosa Tasche von Louis Vuitton. Ich hatte die wertvolle Tasche schon einige Male im Schaufenster bewundert, konnte sie mir aber nie leisten. Bekümmert schaute ich an meinem schwarzen Schlabberpulli vom Secound Hand Shop herunter.

„Hi.“, sagte sie und strahlte mich an. Sie kam auf mich zu und schloss mich mitsamt Elyas herzlich in die Arme.

„Hi, ich bin Love.“, brachte ich über die Lippen und beobachtete kritisch wie sie Elyas liebevoll anschaute und seine Wange streichelte.

„Ich bin Anna. Und das ist also der Kleine? Mann, ist der süß!“, antwortete Anna und ihre Augen blitzten.

„Ja, das ist er.“, sagte Justin und legte ihr den Arm um die Schultern. „Er ist jetzt ein dreiviertel Jahr alt.“

„Und spricht er schon viel?“, wollte Anna wissen.

„Na ja, so Sachen wie Ja, Nein, Aua, Auto und Bäh sagt er schon.“, erklärte ich und zwang mich, freundlich zu bleiben.

„Und wie nennt er euch?“, fragte Anna weiter. Anscheinend heuchelte sie Interesse um den Job zu ergattern und sich an meinen besten Freund ranschmeißen zu können.

„Er hat keinen Namen für uns.“, sagte ich knapp und drückte Elyas enger an mich. Justin zog Anna am Ellbogen ins Esszimmer.

„Liebst du immer noch Cupcakes?“, fragte er grinsend.

„Klar, warum?“, erwiderte Anna.

„Weil wir einen Zehner-Karton beim Bäcker geholt haben.“

„Nein!“, sie riss überrascht die Augen auf.

„Doch!“, rief Justin lachend.

„Waaah, wie geil, danke!!“, quietschte Anna und strahlte Justin an.

Langsam folgte ich den beiden zum Tisch.

„Darf ich Elyas mal halten?“, fragte Anna und lächelte mich schüchtern an.

Ich schwieg kurz, aber Justin warf mir einen warnenden Blick zu.

„Klar.“, überwand ich mich und reichte ihr das Baby.

Kaum saß Elyas auf ihrem Schoß, begannen ihre Augen zu leuchten und sie fütterte ihn mit kleinen Bissen Cupcake. Selig schaute Justin den beiden zu. Ich musste zugeben, die beiden sahen echt goldig aus.

Auf einmal grub Elyas seine Hand in den Cupcake und zermatschte ihn.

„Oooh.“, lachte Anna und nahm behutsam seine Hand um die klebrige Masse abzuwischen. Doch der Kleine zappelte und schmierte seine klebrigen Finger einfach an ihr Oberteil. Justin zog scharf die Luft ein. Die pastellfarbene Bluse mit den goldenen Knöpfen sah aus, als würde sie mindestens 300 Dollar kosten.

„Shit.“, sagte ich und stand auf um ihr Elyas abzunehmen. „Den Gang entlang die dritte Türe links ist ein Badezimmer, da kannst du…“

Anna unterbrach mich: „Hey, kein Ding. Das kann man doch raus waschen.“

Ungläubig starrte ich sie an. „Ernsthaft?“

Sie lachte verwirrt auf. „Ja, warum?“

Justin und ich wechselten einen Blick. „Ich dachte, du machst jetzt eher so Stress.“, gab ich zu und grinste sie an. Meine Laune hob sich.

„Ach was. Du, wie alt bist du eigentlich?“, antwortete sie und zwinkerte mir zu.

Ich setzte mich wieder. „Achtzehn. Du?“

„Auch. Und du wohnst hier mit Justin?“

„Yeah.“, grinste Justin.

Wir lachten.

„Und… was genau ist das zwischen euch?“, fragte Anna anzüglich und hob die Augenbrauen.

Justin und ich warfen uns einen Blick zu und prusteten gleichzeitig los.

„Er ist ein Idiot. Aber mein Lieblingsidiot.“, kicherte ich und Justin sagte:

„Sie ist eine Art nervige kleine Schwester für mich, die ich trotz ihrer Fehler liebe.“

„Awwww.“, sagte ich und warf ihm eine Kusshand zu.

Anna lächelte uns verklärt an. „Ach so. Hmmm. Ich dachte, da wäre mehr zwischen euch zwei.“

„Oh, nein, nein.“, widersprach ich lachend und biss in meinen Cupcake.

„Na ja, was nicht ist kann ja noch werden.“, gab sie zurück und gab Elyas einen dicken Knutscher auf die Wange.

„Und du?“, wollte ich wissen. „Hast du einen Freund?“

„Nein.“, lächelte Anna. „Aber den kleinen Mann hier auf meinem Schoß könnt ich dauernd abknutschen. Der ist ja zuckersüß!“

„Leider muss der zuckersüße kleine Mann jetzt dringend seinen Mittagsschlaf nachholen.“, grinste Justin und nahm ihr behutsam den bereits gähnenden Elyas ab.

„Wenn du willst, kannst du ihn jetzt jeden Tag sehen und bekommst sogar Geld dafür.“, lachte er.

„Oh mein Gott, ja!“, rief Anna und strahlte uns an. Offen erwiderte ich ihr Lächeln.

„Stört es dich, wenn ich rauche?“, fragte ich sie als Justin und Elyas oben waren.

„Nein, nein.“, sagte sie und fuhr sich durchs lange Haar.

„Justin hat mir verboten vor dem Kleinen zu rauchen. Er sagt das ist total ungesund. Na ja, egal. Willst du auch eine?“, ich hielt ihr die Schachtel vor die Nase.

„Nein, danke.“, lehnte Anna ab und beobachtete mich, wie ich mir eine Zigarette anzündete und einen tiefen Zug nahm.

Langsam entspannte ich mich. Diese Anna war eigentlich gar nicht so schlimm. Ehrlich gesagt fand ich sie ganz nett. 

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