Keine Erinnerung

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Part 42

Langsam öffnete ich die Augen und blinzelte.

Wo zur Hölle war ich?! Die Sonne strahlte durch ein Fenster und blendete mich. Verschlafen setzte ich mich auf und fuhr mir durchs Haar.

Dann schaute ich an mir herunter und erinnerte mich mit einem Schlag an alles.

Schnell zog ich mir ein Stück Bettdecke an die Brust und rutschte tief in die Kissen. Am anderen Ende des Bettes lag ein Klamottenknäuel und neben der Türe lagen meine Schuhe.

Vorsichtig lugte ich über ein Kissen neben mir und zog die Decke ein Stück zurück. Justin schlief noch. Er hatte sich fest in die Decken eingewickelt und seine Haare standen in alle Richtungen ab.

Ich schmunzelte und ertappte mich bei dem Gedanken, mich an ihn zu schmiegen.

Langsam zog ich die Decke ein Stück zurück und rutschte näher zu ihm. Seine Brust hob und senkte sich ruhig und er hatte die Lippen einen Spalt geöffnet.

Mein Arm schwebte über seinem Oberkörper, bereit, sich um ihn zu schlingen.

Sollte ich…? Nein, lieber doch nicht.

Schnell zog ich mich zurück und vergrub mein Gesicht im Kissen.

„Reiß dich zusammen.“, befahl ich mir in Gedanken.

Woah, das hier sollte auf keinen Fall eine dieser abgefahrenen Liebesschnulzen werden, bei denen das Mädchen all ihre Prinzipien über Bord wirft nur um sich ganz dem Jungen ihrer Träume hingeben zu können.

Justin wälzte sich unruhig im Schlaf und öffnete langsam die Augen.

 „Morgen.“, murmelte er und gähnte herzhaft.

„Morgen.“, erwiderte ich leise.

Justin streckte sich und verzog verwirrt das Gesicht. Dann warf er einen Blick unter die Bettdecke.

„Äh… warum bin ich nackt?“, fragte er mit rauer, verschlafener Stimme.

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Wie bitte?!

„Love?“

Ohne ihn zu beachten presste ich die Decke an meine Brust und kletterte aus dem Bett. Eilig sammelte ich meine Klamotten ein.

„Love!“, rief Justin „Was ist hier passiert?!“

Ich antwortete nicht und stürmte aus dem Zimmer.

Schwer atmend stand ich vor der geschlossenen Türe. „Oh Fuck.“, stieß ich hervor. „Fuck, Fuck, Fuck.“

Es war niemand zu sehen oder hören, also zog ich mich kurzerhand im Gang an. Ich hatte meinen String im Zimmer vergessen, aber das war mir Egal. Ich musste so schnell wie möglich hier weg.

Lautstark polterte ich die Treppe hinunter und stürmte blind vor Wut und Enttäuschung aus dem Apartment auf die Straße.

Draußen atmete ich tief ein und aus. Justin hatte also alles vergessen. Er hatte mich nur angerührt, weil er stockbesoffen war. Ich hätte das nie gedacht, vor allem weil er mir nicht mal so betrunken vorgekommen war. Ich hingegen hatte alles mitbekommen, hatte es gewollt.

Es war ein Riesenfehler gewesen.

Ich blinzelte heftig um die Tränen zu verdrängen die in mir aufstiegen und fischte eine Zigarette aus meiner Jackentasche.

Völlig zerschlagen stolperte ich nach Hause.

„Love? Bist du zu Hause?“, schallte Justins Stimme nach oben.

Ich lag im Whirlpool und versuchte mich zu entspannen.

„Love?“, Justin kam die Treppe hoch.

„Ich bin im Bad.“, rief ich durch die Türe und versuchte nicht allzu verheult zu klingen.

Es klopfte.

„Kann ich reinkommen?“

Ich schloss die Augen. „Nein.“

„Love, wir müssen reden.“, er klang verzweifelt.

„Nein, müssen wir nicht. Geh einfach.“, meine Stimme brach.

„Jetzt komm schon!“, rief er und rüttelte an der Türklinke.

„Hau ab!“, schrie ich und verkrampfte meine Hände. Eine Träne lief mir über die Wange. „Bitte… bitte lass mich einfach in Ruhe.“, flüsterte ich.

Justins Schritte entfernten sich und ich begann haltlos zu heulen.

Justins Perspektive

In dieser Nacht schlief ich kein Stück. Ich genoss einfach, wie sie da neben mir lag, selig schlief, die Wangen leicht gerötet. Ihre Finger an meiner Brust. Ich konnte ihren Herzschlag spüren. Meinetwegen hätte diese Nacht noch ewig dauern können. Aber irgendwann fingen meine Gedanken an, sich zu melden. Wie sollte ich jetzt reagieren wenn sie wach wurde? Ich wusste ganz genau, dass sie keine Beziehung wollte und mit mir erst recht nicht. Sollte ich mit ihr darüber reden? Nein, sie hasste es, über ernste Themen zu diskutieren. Ich weiß nicht mehr, wieso ich zu dem idiotischen Entschluss kam, aber mir fiel nichts anderes mehr ein, als die Sache unter den Tisch zu kehren und so zu tun, als hätte ich einen Blackout. Denn so wäre ich genau wie alle anderen, die je mit Lovelyn geschlafen hatten. Ein Arschloch. Und auf genau so einen Typ Mann stand sie doch, oder?

 

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