"Nur Freunde"

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Part 36

Schnell machte ich die Augen wieder auf. Justins Gesicht war mir noch nie so nah gewesen. Seine Augen waren geschlossen, er war ganz in den Kuss versunken. Ich ertappte mich dabei, wie meine Finger sich um seinen Kragen schlossen um ihn enger an mich zu ziehen. Sofort riss ich meine Hände los und drückte mich von ihm weg. Was zur Hölle hatte ich da gerade gemacht?!

Justin öffnete seine Augen und lächelte mich verlegen an. Unverwandt musterte ich ihn. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Justin räusperte sich. „Das war schön…“

Obwohl ich am liebsten sein liebevolles Lächeln erwidert hätte, blieb ich kalt. „Passt schon.“, murmelte ich und fuhr mir durchs Haar.

Justin zuckte zusammen. Er war verletzt.

„Ich geh jetzt erst mal einkaufen.“, beschloss ich und vermied es, ihm ins Gesicht zu blicken. „Bleib lieber bei Elyas, du weißt ja, wie schnell er aufwacht.“

Justin vergrub die Hände in den Hosentaschen und senkte den Kopf. „Klar.“

Bevor ich es mir anders überlegen konnte, stieg ich in Justins Auto und startete den Motor.

Mein Gewissen würde mich umbringen, wenn ich jetzt mit dem Motorrad fahren würde.

Während ich das Auto auf die Straße lenkte, sah ich Justin im Rückspiegel. Es zerbrach mir das Herz, wie er so verloren im Hof stand, neben ihm die zwei Motorräder mit denen er mir eine Freude machen wollte. Kaum war er außer Sichtweite, fuhr ich rechts ran und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Was hab ich nur getan…“ ich nahm die Hände von den Augen und starrte ins Leere.

Ich hatte gerade meinen besten Freund auf den Mund geküsst.

Er hatte den Kuss erwidert und ich hatte es wunderschön gefunden, hatte sogar Schmetterlinge im Bauch gehabt.

Wie konnte es soweit kommen?! Ich war so dumm.

Ich war dabei, mich in meinen Bro zu verlieben. Etwas Schlimmeres konnte ja wohl kaum passieren.

Aus Freundschaft konnte vielleicht Liebe werden, aber aus Liebe niemals Freundschaft.

Das war die Wahrheit. Die ganze verdammte Wahrheit.

 „SCHEISSE SCHEISSE SCHEISSE!!!“, brüllte ich und schlug aufs Lenkrad. Ich war wütend auf mich selbst. Wütend, dass ich Justin so wehgetan hatte. Wütend, dass mein Herz schon wieder Gefühle für jemanden entwickelte, den mein Verstand auf keinen Fall duldete.

Im Supermarkt stampfte ich wütend an den Regalen vorbei und schmiss blind alles Mögliche in den Einkaufswagen ohne auf den Preis oder das Produkt zu schauen.

Die Kassiererin starrte mich verwirrt an als sie die wirren Lebensmittel scannte.

„Das macht dann $300,80.“, sagte sie.

Entgeistert starrte ich aufs Band wo sich meine Einkäufe stapelten.

Unwirsch drückte ich ihr das Geld in die Hand und verfrachtete die Ware ins Auto.

Mit quietschenden Reifen fuhr ich nach Hause. Kurz vor Justins Villa wurde ich dann auch noch aufgehalten weil ich das Tempolimit überschritten hatte.

„Endlich daheim.“, seufzte ich als ich in der Garage einparkte. Ich öffnete müde den Kofferraum und begann, meine Einkäufe ins Haus zu schleppen.

Mit der ersten Ladung bepackt stolperte ich in die Küche und rannte fast Justin um, der sich gerade einen Kaffee machte.

„Geht’s?“, fragte er und nahm mir, ohne eine Antwort abzuwarten, eine der Tüten ab.

„Im Auto sind noch andere Sachen.“, murmelte ich leise und folgte Justin nach draußen.

Wortlos brachten wir die Lebensmittel in die Küche.

Als alles eingeräumt war, standen wir uns schweigend gegenüber. Eine peinliche Stille erfüllte den Raum.

„Schläft Elyas?“, fragte ich, um wenigsten etwas gesagt zu haben. Justin hatte, wie sooft, den gleichen Gedanken gehabt und fragte gleichzeitig: „Geht es dir gut?“

Ich runzelte die Stirn. „Ja.“

„Wirklich? Du kommst mir ein bisschen durch den Wind vor.“

„Es ist nichts.“, ich biss mir auf die Unterlippe und senkte den Kopf, sodass meine langen Haare wie ein Vorhang vor mein Gesicht fielen.

„Wir müssen nicht drüber reden, wenn du deshalb so mies drauf bist.“, sagte Justin plötzlich mit fester Stimme.

Überrascht hob ich den Kopf. Justin stand aufrecht da aber starrte auf einen Punkt unmittelbar über meinem Kopf.

„Was meinst du…“, fragte ich zaghaft.

„Das weißt du ganz genau.“, Justins Stimme bebte.

Ich beschloss, mich der Wahrheit zu stellen. Ich verkrampfte meine Hände und trat einen Schritt auf ihn zu.

„Es tut mir leid.“, hörte ich mich sagen. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los war. Ich… ich glaube einfach, meine Gefühle sind mit mir durchgegangen.“

Justins Blick suchte meinen.

„Aber wir sind nur Freunde, oder?“, fragte ich unsicher. Mein Herz schlug mir bis zum Hals.

„Natürlich.“, sagte Justin und versuchte ein Lächeln.

Erleichtert erwiderte ich es. 

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