"Mama"

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Part 32

„Justin ist jetzt schon seit zwei Stunden da drin…“ dachte ich und rutschte mit dem Rücken an der Wand gegenüber Erics Büro hinunter.

Vor zwei Stunden hatte ich Justin zu Erics Büro gebracht wo das Casting stattfand. Genervt schaute ich auf meine Uhr. In zehn Minuten würde Mittagspause sein. Eigentlich hatte ich vorgehabt, in ein Fastfoodrestaurant zu fahren und mich mit fettigen Hamburgern vollzustopfen. Aber wenn Justin noch länger brauchen würde, dann…

Ich zuckte unmerklich zusammen. Die Stimmen hinter der Türe waren lauter geworden. Ich rappelte mich auf und legte ein Ohr ans Schlüsselloch.

„Dann geh mal raus und verkünde Lovelyn die guten Neuigkeiten.“, Erics Stimme klang gedämpft, aber ich konnte ihn deutlich verstehen. „Sie freut sich bestimmt wahnsinnig dass du für Joshua einspringen kannst.“

Ich biss mir fest auf die Lippe um nicht laut los zu kreischen. Justin hatte die Rolle! Die Dreharbeiten konnten weitergehen!

„Oh damn, yeah!“, flüsterte ich und ballte die Hand zur Siegesfaust.

Im nächsten Moment knallte mir die Türklinke auf den Schädel und ich sah bunte Sternchen. 

„Oh, Fuck, Love!“, rief Justin erschrocken und hielt meinen Ellbogen fest. Eric schaute mich mit gerunzelter Stirn an.

„Alles klar?“, fragte Justin und verkniff sich ein Grinsen.

Ich ächzte und hielt mir den Hinterkopf.

„Ist dir grade die Klinke auf den Kopf geknallt?“, Justins Stimme bebte verdächtig.

Ich zog eine Grimasse und grunzte: „Ja, Mann.“

Justin konnte sich nicht mehr halten und prustete los.

„Halts Maul.“, grinste ich und schlug ihm leicht gegen den Arm. „Das ist nicht witzig, Alter. Mein Kopf tut saumäßig weh.“

Justin lachte weiter und legte mir den Arm um die Schultern.  Kopfschüttelnd schloss Eric die Türe.

„Ich hab die Rolle übrigens.“, sagte Justin als er sich wieder eingekriegt hatte.

„Aaaaah!“, quietschte ich und fiel ihm um den Hals. „Ich wusste, du schaffst es.“, sagte ich und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange.

Justin lächelte selbstzufrieden und zog mich mit sich zum Ausgang. „Eric hat gesagt wir können heute heimgehen und morgen fangen die Dreharbeiten an.“

Grinsend hakte ich mich bei ihm ein. „Das wird so mega. Stell dir das mal vor, wir beide vor der Kamera… Wir werden berühmte Filmstars! Hollywood wird sich vor uns verbeugen, Dude!“

„Du spinnst ja.“, lachte Justin und durchstrubbelte meine Haare.

„Nein, ich sehe es schon klar vor mir.“, beharrte ich „Wir werden ganz groß rauskommen – Boah, alter, ich hab gleich Gänsehaut bekommen!“ Staunend zeigte ich ihm meinen Arm dessen Härchen tatsächlich aufgestellt waren.

„Komm, wir fahren nach Hause, du Verrückte.“, Justin grinste mich frech an und stieg ins Auto.

Ich streckte ihm die Zunge raus und setzte mich auf den Beifahrersitz.

Zuhause spielte Anna gerade im Wohnzimmer mit Elyas. Als wir eintraten, schaute sie überrascht auf.

„Ich dachte, ihr kommt erst gegen Abend?“

„Heute ausnahmsweise schon früher.“, erklärte ich und zeigte grinsend auf Justin. „Wir haben News.“

Anna schaute uns mit großen Augen an. „Na sagt schon.“

„Ich hab die Rolle.“, sagte Justin stolz.

„Was?!“, schrie sie überrumpelt. „Oh mein Gott!“

„Jaa!“, jubelte ich. „Er hat die Rolle! Wir werden Filmstars!!“

Anna stolperte kieksend auf uns zu und schloss erst Justin und dann mich in die Arme. „Oh mein Gott, wie geil ist das denn?!“, sie war außer Atem und pustete sich eine ihrer blonden Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Ich strahlte sie an. „Das ist so Hammer.“

„Allerdings.“, hauchte sie.

„Na, kleiner Mann, wie findest du das alles so?“, lächelnd ging ich auf Elyas zu und hob ihn auf meine Arme.

„Mama.“, brabbelte er und griff in meine Haare.

Ich erstarrte. „Wie war das?“, flüsterte ich.

„Ich glaube… er hat Mama gesagt…“, Annas Stimme klang beschwichtigend. „Das ist doch ganz normal in seinem Alter… Er fängt halt jetzt langsam an zu sprechen und…“

„Hast du ihm das beigebracht?!“, unterbrach ich sie und starrte Elyas geschockt an.

„Nein.“, sagte Anna. „Hab ich nicht. Aber, Lovelyn, er hält dich nun mal für seine Mutter. Du sorgst dich schon seit so langer Zeit um ihn, da kann es doch vorkommen dass der Kleine…“

„Ich BIN aber nicht seine Mutter!“, schrie ich und drückte ihr Elyas in die Arme.

Panisch rannte ich nach oben in mein Zimmer und warf mich bäuchlings aufs Bett.

„Oh mein Gott.“, schluchzte ich in mein Kissen. „Elyas denkt ich bin seine Mom und…. Jenny, warum musstest du sterben?! Warum!!“

„Das ist der Lauf der Dinge.“, Justin war eingetreten und strich mir über den Rücken. „Love, alles ist gut.“

„Ich bin nicht seine Mom. Und ich werde es nie sein.“, brach ich heraus und schniefte.

„Ich weiß.“, Justins vertraute Stimme wirkte wie ein Beruhigungsmittel auf mich.„Aber er ist ein kleines Kind. Wir müssen ihm das zuerst erklären warum du nicht seine Mom bist.“

„Ich kann das nicht.“, heulte ich „Ich pack das alles nicht mit einem Baby und so.“

„Sssh.“, machte Justin und legte sich neben mich. „Hey, nicht weinen, Hübsche. Das kriegen wir schon hin.“

Ich zog die Nase hoch und kuschelte mich an ihn. Meine Tränen hatten sich mit Wimperntusche vermischt und sein weißes Shirt ruiniert, aber es störte ihn nicht im Geringsten.

Er legte nur seine Arme um mich und zum ersten Mal seit Langem fühlte ich mich geborgen.

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