Resignation

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Die Zeit nach dem Unfall ist so, als würde mein Leben an mir vorbei ziehen. Die Tage enden, bevor sie beginnen und das obwohl sie mit jeder Minute länger werden.

Ich gehe nicht mehr zur Schule, erstens weil ich suspendiert bin und zweitens, weil ich nicht die Kraft dazu habe. Nie hat mich etwas mehr beschäftigt, als die Frage, warum Casper mir das angetan hat, die Frage wie er jemanden so sehr hassen kann, dass man ihm sein ganzes Leben zerstören will, aber ich bin zu schwach um aufzustehen und mit ihm zu streiten.

Ich will einfach nur noch schlafen, für immer.

Ich habe Schwierigkeiten damit Lydia in die Augen zu sehen, weil ihr ganzer Unfall irgendwie meine Schuld ist, ich war geblendet von der Rachsucht.

Seit Tagen verkrieche ich mich in meinem Zimmer und tue nichts, außer nachdenken und mich immer wieder fragen, wie das alles so aus dem Ruder laufen konnte. Gracen macht sich Vorwürfe, weil er mich anfangs zu der Rache überredet hat, aber eigentlich ist es meine Schuld.

Casper hat mich in so viel Illegales Zeug reingezogen. Er hat dem Direktor zwar ein Foto von Sean geschickt, wie er vor der Schule wartet, aber Melanie konnte bezeugen, dass sie sich an diesem Abend getroffen haben und auf dem Foto, wo ich zu sehen bin, halte ich eine Sprühdose in der Hand. Sich selbst hat er gekonnt weggeschnitten.

Und irgendjemand muss dieses Foto gemacht habe, das heißt es war von Anfang an ein abgekartetes Spiel. Nach langem Grübeln bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass Caspers Ziel es war mich zu verändern.

Und ich glaube, dass er absichtlich so extreme Racheaktionen vorgeschlagen hat, um sie schlussendlich gegen mich zu verwenden.

Erst jetzt, wo alles zu spät ist, wird mir klar, dass ich Sean all dies antuen wollte. Und klar, ich hasse meinen Exfreund immer noch wie die Pest, aber dennoch hätte ich ihn nie in solch eine Lage bringen wollen.

Ich wollte, dass er von der Schule fliegt, aber ich wollte nicht sein komplettes Leben zerstören.

Und genau das ist nun passiert, aber nicht an ihm, sondern an mir.

Lydia hat mir mehrmals versichert, dass das alles nicht meine Schuld ist, aber in ihren Augen liegt diese Traurigkeit und sie weint fast den ganzen Tag.

Sie weiß noch nicht, was sie nach der Schule, die sie momentan ebenso nicht besucht, machen will, aber ich bin daran schuld, dass ihre Auswahl nun eingeschränkt ist. Sie wird nie etwas mit Sport, oder etwas wo man viel gehen muss, machen können.

Wegen mir.

Die Wand vor mir ist weiß, so wie der leere Raum, in dem meine Gedanken im Krankenhaus gefangen waren. Wie der Raum, den ich für den Tod hielt. Ist das ein Zeichen?

Habe ich den Tod verdient?

Hat mir Casper das deswegen angetan?

Ich würde so gerne weinen, aber habe keine Tränen mehr. Meine Familie versucht hinter mit und Lydia zu stehen, aber es geht ihnen selbst sehr schlecht. Meine Mom hat immer wieder Heulkrämpfe und mein Dad trägt diesen leeren Blick mit sich.

Gracen geht damit gefasster um, aber auch ihn belastet das Ganze.

Mittags zwingt er mich und Lydia unsere Zimmer zu verlassen und eine Kleinigkeit zu essen, aber weder sie noch ich haben sonderlich Appetit.

Ich versuche ihre Blicke zu meiden und möglichst wenig auf ihre fehlenden Unterschenkel zu starren, momentan sitzt sie noch im Rollstuhl, da das Gehen noch sehr schmerzhaft ist.

Man sagt die Zeit heilt alle Wunden, aber manche Wunden können nicht geheilt werden. Manche Geschehnisse sind wie schwarze Edding-Punkte auf einem weißen Blatt Papier, man kann sie nicht einfach ausradieren.

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