Epilog

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drei Monate später

Ich stelle den letzten Umzugskarton auf die Rückbank unseres Volvos. Sobald ich in diesen Wagen steige, lasse ich all dies hinter mir. Ich werde nie mehr in diesem Haus wohnen, es nie mehr betreten.

Ich werde nie mehr nach der Schule gemeinsam mit Jeremy Hausübung machen, oder Gale und Gracen beim Playstationspielen zusehen.

Ab diesem einen kurzen, unbefangenen Moment, in dem ich die Autotür hinter mir schließe, wird ein komplett neues Leben beginnen, und mein Altes hinter mir gelassen.

Die letzten Monate gehen mir durch den Kopf, schweifen an mir vorbei, wie dünne Nebelschwaden, die sich langsam lichten. Ich beginne zu überlegen, wie mein Leben ohne Casper gewesen wäre. Wo ich jetzt wäre. Wer ich jetzt wäre.

Und mir wird nach und nach bewusst, dass diese Frage unmöglich zu beantworten ist.

Ich habe vieles falsch gemacht, in meinem Leben. 

Ich hätte meine eigenen Freunde, Jeremy und Zoe, nicht im Stich lassen sollen, umso dankbarer bin ich ihnen, dass sie trotzdem geblieben sind. 

Ich hätte Lydia nicht in Gefahr bringen und mich selbst nicht in so schlechte Kreise ziehen dürfen.

Ich hätte Sean verzeihen sollen. 

Man sagt, besser zu spät als nie und ich habe gelernt, dass wahre Stärke nicht Rache, sondern bedingungslose Vergebung bedeutet.

Und auch, wenn zu viel Zeit vergangen ist, so verzeihe ich Sean jetzt.

Selbst wenn ich seine Tat nicht als gerechtfertigt empfinde, vergebe ich ihm.

Ihm und Casper.

Das Leben ist zu kurz, um Menschen hinterher zu weinen, die deine Tränen nicht wert sind. Und das ist keiner von beiden.

Mom war verständnisvoll. Meine Familie zieht, in unser Haus nach L.A. Nicht nur, dass wir nun näher an Dads Arbeitsplatz sein werden:

Das ist meine Chance neu anzufangen.

Ich drehe mich ein letztes Mal um, blicke auf die mit Autos befahrene Straße vor mir, sehe mir alles nocheinmal an. Unser Haus, wie es still da steht, mit dem großen "Zu-Verkaufen"-Schild. Beobachte wie verlassen der Garten ohne die Hollywoodschaukel aussieht. 

Wie leer die Fenster, die nicht mehr von Vorhängen flankiert sind, scheinen.

Kurz habe ich einige Erinnerungen im Kopf. 

Casper, wie er nach einer zweiten Chance fragt, Sean wie er mich zum Abschied küsst, Jeremy, der mich Huckepack ins Haus trägt, oder Gale der sich mit Gracen gegenseitig durch die Tür drängt. Für einen kurzen Moment sehe ich Lydia, wie sie lange Zeit vor ihrer Prothese auf den Stufen vor dem Haus sitzt und ich sehe meine Eltern, wie sie unser, nun ehemaliges, weißes Holzhaus neu streichen. Zoe, wie sie mir ein geliehenes Buch zurück gibt. Und dann wieder Sean oder Casper.

Doch ich schüttle nur den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und drehe ich mich um, steige in den Wagen und schließe die Autotür hinter mir.

Das Gefühl, mein altes Leben weit hinter mir zu lassen, diese Leichtigkeit und Freiheit, als wäre eine große Last von mir gefallen, ist so intsensiv.

Als ich an dem Haus vorbeifahre und zurückdenke, überkommt mich ein neues Gefühl. Abenteuerlust. Freiheit. Erleichterung.

Dass ich vor wenigen Tagen noch in meinem Zimmer, an genau diesem Fenster gestanden bin, und raus gesehen habe, ist ein merkwürdiger Gedanke.

Natürlich werde ich das Haus und meine Freunde vermissen, aber ich freue mich auf Neuanfang. Ein Leben, ohne Casper und die Urteile, die durch ihn über mich gefällt wurden. Berechtigte Urteile.

Ein Anfang, weit weg. Ein neues Leben.

»Schau es dir ein letztes Mal ganz gut an«, murmelt Lydia leise.

Ich lächle und schließe die Augen.


15.4.2016 -offiziell beendet [110K Reads]

Danke für diese unglaublich vergessliche Zeit und die Erfahrungen dieses Buch zu schreiben.

Danke für eure lieben motivierenden Kommentare, danke für die Reads.

Aber noch viel wichtiger als die Zahlen;

Danke, dass ihr ein Teil dieser kleinen großen Awh-Community seit.

Danke.


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