Tag 1

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Ich wache auf und bin verwirrt. Leider nur eine Sekunde.

Dann ist alles wieder da, was gestern passiert ist. Jedes Wort, das Christian so nüchtern gesagt hat, als ob es nie ein uns gegeben hätte.

"Ana, ich vermisse Dinge, die du mir nicht geben kannst. Und ich vermisse sie stärker, als ich dachte. Ich glaubte wirklich, ich würde dich lieben, aber ich habe mich geirrt. Ich hatte dich gewarnt, wie abgefuckt ich bin. Ich will die Scheidung, um danach mein Leben wieder wie gewohnt führen zu können."

Er hat noch so viel mehr gesagt, aber die Tatsache, dass er nur geglaubt hat, dass er mich liebt, dass er wieder eine Sub will und sein Leben wie vor uns weiterführen will, hat sich eingebrannt. Ich war ihm nie genug. Und ich hatte es die ganze Zeit geahnt. Er wollte nie Herzchen und Blümchen. Er wollte nie mich.

Ich bin gegangen, nur mit ein paar notwendigen Dingen und meiner Handtasche. Mein Auto und alles, was er mir geschenkt hat, habe ich im Escala gelassen. Christian stand lediglich da, hat mich gebeten, es nicht zu überstürzen, aber nichts getan, um mich aufzuhalten.

Ein unpersönliches Hotelzimmer ist mein derzeitiger Aufenthaltsort, in der Nähe von Rays Rehaeinrichtung. Oh Gott, Ray, was soll ich ihm sagen?

Ich stehe auf und ziehe mich mechanisch an. Eigentlich müsste ich sagen, ich ziehe mich um. Ich konnte mich nicht mal ausziehen, als ich nach dem Einchecken im Zimmer angekommen bin, sondern habe mich einfach so aufs Bett gelegt.

Erst am frühen Morgen bin ich eingeschlafen. Ich konnte noch nicht mal weinen bisher, der Schmerz und die Ohnmacht sitzt so tief, wie ich es nie für möglich gehalten hätte. Ich habe Christian gesagt, ich würde enden wie Leila, und es stimmt. Schon jetzt ist jeder Atemzug eine Qual, die mein Leiden verlängert. Ohne ihn habe ich nur eine trostlose Existenz.

Mein Unterbewusstsein versucht, mich darauf hinzuweisen, dass er derjenige ist, der mich verletzt hat. Er ist der Schuldige und verdient Wut und Zorn. Aber im Moment kann ich das nicht.

Müde gehe ich aus dem Hotel, ohne zu frühstücken, und die zwei Querstraßen zu Fuß zum Krankenhaus. Der schwarze SUV vor dem Haus verfolgt mich und ich nehme es hin. Warum interessiert es ihn, wo ich bin, wenn er mich doch nicht mehr will? Weil er fürsorglich ist, murmelt eine kleine Stimme in mir, während meine Göttin mich böse ansieht und „Kontrollfreak" zischt.

Als ich die Klinik betrete, versuche ich, mir nichts anmerken zu lassen. Ray erwartet mich noch nicht so früh und sieht mich erstaunt an. Er ist noch ans Bett gefesselt, aber schon erstaunlich wach und ein Blick genügt ihm.

„Annie, um Gottes Willen, was ist passiert?", fragt er und jetzt kommen mir die Tränen.

Seine Fürsorge und Besorgnis sind zu viel für mich. Schluchzend gehe ich zu ihm und er zieht mich in seine Arme, soweit er das kann. Hilflos und irgendwelche Worte brummend klopft er mir auf den Rücken.

„Kind, nicht weinen. Was ist passiert?"

„Christian will die Scheidung. Wir haben uns getrennt", bringe ich heraus und Ray sieht mich entsetzt an.

„Das glaube ich nicht!", entfährt es ihm und er schildert mein erstes Empfinden sehr genau mit diesen Worten.

Tränen laufen unaufhörlich über meine Wangen und Ray schweigt sehr lange.

„Was willst du jetzt tun?"

Ich seufze. „Ich arbeite auch noch für ihn. Dad, ich werde kündigen, ich kann das nicht. Ich ertrage es nicht."

Ray nickt etwas bekommen. Von verheirateter Millionärsgattin zu arbeitslos und alleinstehend war es nur ein kleiner Schritt, aber das ist mir egal.

Zitternd nehme ich mein Handy heraus, das ich gestern ausgeschaltet habe. Als ich es einschalte, sind dort mehrere Nachrichten, von Christian und einige von Heather. Ich rufe sie an und teile ihr mit, dass ich später ins Büro komme. Sie bittet mich, meinen Mann anzurufen.

50 Shades of RegretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt