Epilog

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Kälte ist nichts, was Ted etwas ausmacht, und er tollt draußen mit den Huskys herum. Christian steht daneben und beobachtet argwöhnisch jeden Hund, der seinem Sohn zu nahe kommt. Vom überraschten Neuvater bis zur überbesorgten Glucke war es bei ihm nur eine kurze Wegstrecke gewesen, und Teds erste Schritte und sein Bewegungsdrang haben meinen Mann vor größere Probleme gestellt, als dieser sich vorstellen konnte. Ein Kleinkind nimmt nun mal keine Befehle entgegen, und irgendwann musste sogar der Oberkontrollfreak einsehen, dass wir nicht die ganze Umgebung um Ted polstern und absichern können.

Mein Mann wirft einen Blick zu dem Fenster, aus dem ich ihn beobachte, noch immer spürt er, wenn ich in der Nähe bin und reagiert darauf. Ich lächle ihn zu und er wirft mir eine Kusshand zurück, um gleich darauf wieder seine gesamte Aufmerksamkeit auf seinen zwanzig Monate alten Sohn zu legen, damit der nicht von einer Meute Huskys zu Tode gekuschelt wird.

Bill tritt hinter mich und gluckst.

„Ein Hund würde dein Mann ja ertragen, aber sieben Stück in der Nähe seines Sohnes fordern ihn ganz schön."

Ich nicke nur und beobachte amüsiert meine beiden Männer.

Ted tapst durch die Meute und verteilt Leckerchen, die ihm die Hunde begeistert abnehmen, während Christian die ganze Aktion mit einem Gesichtsausdruck beobachtet, der die Bezeichnung 'Das Leiden Christi' neu definiert.

Als Ted alle Belohnungen los ist, nimmt ihn mein Mann ohne weitere Verzögerung auf den Arm und kommt in Richtung Haus.

Bill hinter mir prustet los.

„Flucht vor der Kuschelmeute", kommentiere ich die Aktion und er nickt.

Christian wird sich noch umsehen, wenn er weiter versucht, seinen Junior vor allem beschützen zu wollen. Der junge Mann hat ein Temperament, das er nur vom Erzeuger haben kann.

Die Haustür öffnet sich und Ted quengelt, weil er runter möchte. Christian setzt ihn ab und sofort schießt er davon, um Bill an der Hand zu ziehen, damit er mit ihm in sein Kinderzimmer geht. Ted hat Bill immer irgendwas zu zeigen und dieser folgt mit einem milden Lächeln unseren Junior in das kleine Zimmer, das Ted während unseren Besuchen hier bewohnt.

„Bist du froh, dass du wieder auf deiner geliebten Eisscholle bist?", fragt Christian und zieht seine Jacke aus, bevor er zu mir kommt und mich umarmt.

„Hauptsächlich bin ich froh, dass die letzte Kontrolluntersuchung positiv war und du nun als geheilt zählst. Das ist alles, was ich diesen Monat brauche."

Christian hält mich kurz ein wenig fester, wie immer, wenn wir über seine Erkrankung reden. Sie hat ich mehr genommen, als nötig gewesen wäre, aber er hat aus seinen Fehlern gelernt.

„Ich auch, Baby, aber ich wäre noch glücklicher, wenn wir Weihnachten nicht hier feiern würde, sondern in Seattle."

Diesen Kampf habe ich gewonnen und er sieht mich an, grimmig und nicht wirklich begeistert, bevor seine Hand auf meinen Bauch wandert.

„Wenn irgendwas schief geht, würde ich wahnsinnig werden", brummt er und ich grinse nur.

„Deine Tochter wird hier geboren, und da wir nun schon ein paar Tage über dem Termin sind, wird mir Phil fliegen nicht mehr gestatten. Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung."

Er sieht nicht beruhigt aus, obwohl Phils Klinik mittlerweile auf fast jede Eventualität eingerichtet und meine Schwangerschaft problemlos ist. Unsere Tochter ist bereit und wird hier geboren, wo auch ihr Bruder zur Welt kam.

„Außerdem freut sich Andrea, dass sie ein paar Tage mit Phil verbringen kann", gebe ich noch zu bedenken, und Christian seufzt.

„Meine Sekretärin ist genauso verrückt nach Phil, wie du nach diesem Ort. Aber gut, jetzt kann ich eh nichts mehr dran ändern."

Bei einem unserer Besuche hier musste Andrea Christian Dokumente bringen, und ist mit Phil zusammengetroffen. Ich bin mir sicher, dass wir entweder bald Phil in einer Klinik in Seattle haben, oder Andrea hierher zieht.

„Geht's euch gut?", raunt mir Christian zu und ich grinse.

„So gut es einem gehen kann, wenn man Angst haben muss, kurz vorm Platzen zu stehen."

Sanft streicht er über meinen Babybauch, er hat diesmal alles von Anfang an mitbekommen und keine noch so unbedeutende Untersuchung verpasst.

Als hätte er meinen Gedanken erraten, lächelt er.

„Diesmal werde ich keine Sekunde von deiner Seite weichen, Ana."

„Das ist gut, weil ich nämlich seit vier Stunden Wehen habe", beschließe ich, die Katze aus dem Sack zu lassen. Mittlerweile weiß ich diese Rückenschmerzen gut zu deuten.

Mein Mann wird kalkweiß.
„Wir müssen ins Krankenhaus. Sofort!"

Ich hatte zwar gehofft, Phoebe würde sich noch zwei Tage gedulden und ein Weihnachtskind werden, aber sie will wohl doch heute noch die Welt kennen lernen.

„Warum hast du mir nichts gesagt? Wo ist deine Tasche? BILL!"

Bill erscheint und sieht meinen sonst so souveränen Mann verwirrt an, weil der hin und herspringt wie ein Antilope auf der Flucht, während ich mich an die Wand lehne und mir das Spektakel ansehen werde, da ich noch einige Zeit bis zur nächsten Wehe habe.

„Ana hat Wehen! Phil ... , ich ... eine ... Krankenhaus ... wir brauchen das Auto", stammelt Christian und Bill sieht ihn milde an.

„Atme, Junge, atme", fordert er ihn auf und Christian sieht ihn entgeistert an.

„Meine Frau bekommt ein Kind!"

Bill sieht zu mir und ich nicke.

„Jetzt oder haben wir noch Zeit für Kaffee?", fragt Bill lässig und ich nicke ihm zu.

„Mach Kaffee, ich nehm jetzt auch eine Tasse. Ich werde heute nicht mehr viel Schlaf bekommen. Bleibst du bei Teddy?"

Bill geht zur Küchenzeile und nickt, während er Kaffee kocht – und Christian uns ansieht, als hätten wir komplett den Verstand verloren.

„Aber du hast Wehen!"

Ich gehe zu meinem Kontrollfreak, dem heute noch einiges bevorsteht.

„Ja, im Abstand von einer halben Stunde und sobald es kürzer wird, fahren wir zu Phil, der längst Bescheid weiß. Vertrau mir, ich weiß, dass wir noch Zeit haben."

Christian sieht mich nicht überzeugt an.

„Und wenn etwas schief geht? Ich würde mich wohler fühlen, wenn du bei einem Arzt wärst."

Ich liebe diesen Mann, aber ich fürchte, das wird heute eine nicht ganz einfache Erfahrung für ihn werden.

„Es geht nichts schief. In ein paar Stunden, dass verspreche ich dir, hast du deine Tochter im Arm und noch ein Wesen mehr, dass du mit Überfürsorge überschütten kannst."


Ich sollte Recht behalten, denn als ich den ersten Schrei unserer Tochter höre, und Christian kurz darauf blass aber fasziniert ein kleines Bündel zu mir bringt, ist es spät in der Nacht. Phil grinst mich an, es war nicht ganz so schnell wie bei Ted gegangen, aber genauso schmerzhaft gewesen.

Ich weine vor Glück, während Christian mir liebevoll die Haare aus dem Gesicht streicht und mir dann einen zarten Kuss gibt.

„Danke", murmelt er.

„Ich danke dir, dass du mich unterstützt hast", murmle ich erschöpft, obwohl ich ihm einiges an den Kopf gepfeffert habe, als ich in den Presswehen lag.

„Nun, wenn ich deine Bemerkung von vorhin richtig deute, darf ich das nächste Baby ja selbst zur Welt bringen", schmunzelt mein Mann, aber seine Augen glänzen genauso verdächtigt, wie an dem Tag, als Ted das erste Mal „Da-Da" gekräht hat.

Müde lächle ich und starre unsere Tochter an, die einfach perfekt ist.

„Ich liebe dich", murmle ich und er legt seine Stirn an meine.

„Und ich liebe Sie, Mrs. Grey. Und dieses zauberhafte Wesen und unser Energiebündel zu Hause auch."


50 Shades of RegretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt