Als er mich bittet, Ted halten zu dürfen, kann ich es ich es ihm nicht verwehren. Er sieht verstört aus und seine Haare sind viel kürzer, als ich es von ihm gewohnt bin. Eine lange Narbe ist zu sehen und ich kann erkennen, dass es keine alte Narbe ist. Durch seine kurzen Haare kann er sie nicht verstecken, sie zieht sich über die gesamte rechte Seite seines Kopfes, kurz über seinem Ohr. Was ist ihm passiert?
Ted lenkt mich ab, indem er zu weinen beginnt. Ted! Wie kann ich seinen Vater auch nur ansehen, wenn es ihm schlecht geht. Fast panisch nehme ich ihn an mich und versuche ihn zu beruhigen. Auf der einen Seite bin ich froh, dass er nicht mehr so apathisch ist, auf der anderen Seite ist sein Schreien anders als sonst und dass es ihm nicht gut geht, bereitet mir fast körperliche Schmerzen. Das, und ihn auf den Armen von Christian zu sehen.
Er hat noch nichts gesagt über seine Vaterschaft und auch die befürchteten Vorwürfe sind ausgeblieben. Alleine die Frage, ob es seines ist, hat schon einen kleinen Stachel hinterlassen, der eine gerade etwas abheilende Wunde brutal aufgerissen hat. Aber damit kann ich mich auseinander setzen, wenn es Ted wieder gut geht.
Ted weint und schreit fast eine Stunde, bevor er in einen unruhigen Schlaf fällt. Er ist immer noch heiß und hat hohes Fieber, aber er wirkt, wohl dank der Medikamente, etwas lebhafter. Trotzdem kann und will ich mich nicht beruhigen. Wenn ihm etwas passiert, sterbe ich. Bin ich schuld, weil ich ans Ende der Welt gezogen bin? Könnte es ihm jetzt schon besser gehen, wenn ich in der Zivilisation geblieben wäre?
„Für was steht Ted? Oder ist das sein voller Name?", fragt Christian.
Ich blende ihn aus, so gut ich kann. Er hat kein Recht auf dieses Kind. Er hat uns verlassen und verraten.
„Ana, bitte", murmelt er leise und hebe den Kopf.
Er sieht mich grimmig an, aber irgendwas in seinem Blick ändert sich, als er mir ins Gesicht sieht.
„Er ist auch mein Kind", murmelte er defensiv und die Sorge und Angst in mir explodiert.
„Das ist nicht dein Kind. Dein Kind ist gestorben, als du dich vor Weihnachten geweigert hast, meinen Anruf anzunehmen. Du hast dein Recht auf Ted aufgegeben, indem du mich und ihn verlassen hast", fauche ich leise und er zuckt zurück, als hätte ich ihn geschlagen.
Das war unnötig, verletzend und ich bereue es sofort. Er konnte es nicht wissen, aber momentan bin ich nicht in der Verfassung für eine Auseinandersetzung mit Christian, auch wenn es nur Smalltalk sein sollte. Ich habe schlicht und ergreifend weder Geduld noch einen Kopf dafür. Trotzdem tut es mir leid, ihn so angefahren zu haben, er hat ja Recht, Ted ist sein Sohn. Und er sorgt sich, was mich verwundert.
„Theodore Raymond", sage ich leise und weine los.
Christian zieht mich an sich, was mich nach meinem Ausbruch verwundert, sorgsam auf Ted bedacht, und flüstert beruhigende Worte. Warum tröstet er mich? Ich will das nicht, lehne mich aber trotzdem an ihn. Ich hasse mich fast dafür, bei keinem anderen diese Geborgenheit zu fühlen. Warum kann ich nicht für Phil so fühlen?
Der Gedanke an Phil hilft mir, mich ein wenig zu fokussieren. Ted krallt sich in meinem Pulli fest und sein Kopf ruht an meiner Halsbeuge. Ich versuche mich zu fangen und ein wenig abzurücken, aber Christian hält mich fest und umfängt mich und Ted mit seinen Armen, als wollte er uns schützen. Aber dazu hat er kein Recht mehr. Energisch befreie ich mich aus der Umarmung und setze mich aufrecht hin.
„Ana, ich ...", er beginnt stockend und verstummt.
Ich wende den Kopf ab. Alles, was im Moment zählt ist mein Sohn, und sein Erzeuger sollte mir egal sein. Trotzdem hat die kurze Umarmung mir mehr Kraft gegeben, als ich zugeben will.
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50 Shades of Regret
FanfictionKurz nach Rays Unfall teilt Christian Ana mit, dass er die Scheidung will. Kaltschnäuzig erklärt er ihr, dass er sein altes Leben vermisst und ihre Ehe ein Fehler war. Obwohl Ana ahnt, dass das nicht der wahre Grund sein kann, scheint Christian sie...