Tag 30

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Eine Woche nachdem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, kommt auch Ray nach Hause.

Er hat einen Gips und muss immer noch dreimal die Woche zur Reha, aber er ist bester Laune, weil er wieder in seinen eigenen vier Wänden ist. Da er kein Auto mehr hat, hat José im versprochen, mit ihm eines zu kaufen zu gehen. Ich bin froh, dass er mich nicht dazu zwingt, Autohändler aufzusuchen und falle erleichtert auf die Couch, als die beiden endlich losziehen und ich meine Ruhe habe.

Kate und Grace sind nach meiner Entlassung vier Tage bei mir geblieben und ich war ehrlich erleichtert, als sie Mitte der Woche zurück nach Seattle sind. Um sie nicht zu beunruhigen habe ich versucht, eine gute Miene zum bösen Spiel aufzusetzen, aber ich bin eine grauenhafte Schauspielerin. So sehr sich die beiden auch bemühten, mich abzulenken, es gelang ihnen nicht. Außerdem stellte sich zwei Tage nach meiner Entlassung die morgendliche Übelkeit ein und ich wollte nur meine Ruhe. Es war überhaupt ein Wunder, dass Kate nicht bemerkt hat, was mit mir los ist. Sie denkt, ich leide unter der Trennung von Christian.

Grace und ich hatten noch ein paar Gespräche, aber je mehr sie mich versuchte, davon zu überzeugen, Christian doch zu informieren, je mehr war ich dagegen. Elliot hatte Grace erzählt, dass er Christian von meinem Zusammenbruch informiert hatte, und dieser nur mit Kälte und Gleichgültigkeit reagiert habe. Laut Christian ist unsere Ehe vorbei. Das hat mich in meinem Entschluss nur noch bestärkt. Elliot hat daraufhin Kate gestanden, das er keinen Kontakt mehr zu Christian will. Er ist furchtbar enttäuscht von seinem Bruder und versteht die ganze Situation nicht. Das Ende unserer Ehe zerstört die ganze Familie und es gibt nichts, was ich dagegen tun kann. Und ich habe Kate erst recht nichts von dem Baby gesagt, als ich von Elliots Reaktionen auf Christians Verhalten gehört habe. Er würde versuchen, Christian in die Verantwortung zu nehmen.

Aber Ray weiß mittlerweile von dem Baby und er hat recht ruhig reagiert. Obwohl auch er der Meinung ist, ich solle es Christian sagen, kann er verstehen, wenn ich es nicht tue. Er hat mir angeboten, bei ihm zu blieben, aber dauerhaft hier zu sein, erscheint mir in diesem Moment nicht das Richtige zu sein. Ich muss mir, gerade jetzt, wo ich ein Baby erwarte, wieder ein Zuhause schaffen. Einen Ort für mich. Auch damit ich nicht ständig die besorgten Blicke ertragen muss und meine Verzweiflung zeigen kann. Es ist furchtbar anstrengend, halbwegs lebendig zu wirken. Einzig die Arbeit lenkt mich ein wenig ab, aber nicht so sehr, dass der dumpfe Schmerz in mir nicht spürbar wäre.

Immerhin schlafe ich wie eine Tote, was der Schwangerschaft geschuldet ist, und ich bin meinem kleinen, eigenen Grey sehr dankbar dafür. Carla werde ich es auch noch sagen müssen, aber das schiebe ich feige vor mir her.

Ich nehme mir ein Manuskript und lese, um mich ein wenig zu beschäftigen. Die Krankenhausrechnungen habe ich bezahlt und nun besitze ich noch ganze 900 Dollar. Zum Glück kann ich Ende der Woche die erste Rechnung schreiben und habe ein Einkommen. Die Summe auf meinem Konto reicht nicht für einen Start in ein neues Leben, und durch das Baby werde ich einiges benötigen. Neue Kleidung, zum Beispiel. Zum Glück dauert das noch ein wenig und man sieht es mir noch nicht an.

Noch ist es nicht wirklich greifbar für mich, außer der morgendlichen Übelkeit und dem hohen Schlafbedürfnis fühle ich mich normal.

Als es klingelt, zucke ich wie üblich zusammen. Doch er wird nicht kommen. Er war nicht bei mir im Krankenhaus, unsere Trennung ist einen Monat her und er hat sich nicht mehr bei mir gemeldet. Die Hoffnung, er könnte es sich anders überlegen und plötzlich vor der Tür stehen, habe ich nicht mehr.

Trotzdem zittern meine Hände, als ich öffne. Ein greller Blitz blendet mich und ein Mann und ein Fotograf stehen vor der Tür, die ich nicht schnell genug wieder schließen kann.

50 Shades of RegretWo Geschichten leben. Entdecke jetzt