~Kapitel 73~

2.4K 167 24
                                    

Als ich langsam meine Augen öffnen kann, sehe ich den Arzt, der an einem Tisch steht und Papiere ausfüllt.
Er trägt einen weißen Kittel und darunter ein hellblaues Hemd, was nicht bis oben zugeknöpft wurde.
Das lässt ihn müde wirken.
Vielleicht ist er das auch.

Neben mir sitzt Melina auf einen Stuhl und hält meine Hand.
Sie hat ihre Haare zu einem Zopf hochgebunden, doch die Hälfte der Haarsträhnen fällt wieder raus. Unter ihren Augen lassen sich dunklere Schatten erkennen.
Doch außer dem scheint es ihr gut zu gehen.

"Wie spät ist es?", frage ich. Melina zieht den Ärmel ihres Pullovers hoch und schaut auf ihre Uhr.

"Sechs Uhr abends...", sagt sie und lässt den Arm wieder sinken.

"Oh...habt ihr um diese Uhrzeit nichts Besseres zu tun?", frage ich scherzhaft, doch mein Kopf dröhnt so doll, sodass ich mein Gesicht verziehe.

"Ach was...außerdem ist heute Samstag, da haben wir doch fast nie was vor.", sagt sie und lächelt.
Ich runzel die Stirn.
"War es nicht eben noch Freitagmorgen?", frage ich verwirrt.

"Sie haben einen und nen halben Tag geschlafen.", sagt der Arzt, der sich jetzt umdreht, da er die Unterlagen fertig ausgefüllt hat.

"So lange?", frage ich und Melina nickt.

Der Arzt räuspert sich.
"Ich bringe kurz die Papiere weg und sage ihren Freunden da draußen, dass sie wach sind. Wenn sie wollen, können sie auch zu ihnen. Ihr Zustand ist stabil.", sagt der Arzt und schaut mich an.

"Nein bitte nicht. Julien kann zu mir, aber die anderen erstmal bitte nicht.", bitte ich ihn.
Er nickt und will gerade das Zimmer verlassen.

"Ähm...warten sie kurz....! Wissen sie vielleicht, wie es meinem Kind geht?", frage ich mit Tränen in den Augen.
Vor lauter Schreck habe ich das fast vergessen.

"Kind?", fragt er verwirrt.
"Ja...ich bin schwanger.", sage ich.
Er lässt die Mappe sinken.

"Tut mir leid, aber wir konnten bei ihnen keine Schwangerschaft mehr feststellen...tut mir leid.", sagt er mit gesenkten Kopf.

Ich schlucke.
"Sie können ja auch nichts dafür.", flüstere ich schon fast und der Arzt verlässt den Raum.

Ich lasse meinen Kopf wieder auf das Kissen nieder. Ich schließe die Augen und atme wieder tief durch. Eine Träne bahnt sich ihren Weg aus meinem Augenwinkel.

"Ich wollte es dir erst später sagen... Tut mir leid.", sagt Melina neben mir bedrückt.
Ich drücke ihre Hand.
"Schon gut...", sage ich und atme nochmal tief durch.

"Ich wollte dich nicht schon jetzt damit belasten, dass du das Kind beim Autounfall verloren hast.", sagt sie und kämpft mit den Tränen.

Ich verschränke meine Hand mit ihrer, um ihr zu sagen, dass es schon gut ist.

Sie kann ja nichts dafür. Sie hat alles versucht.

Sie schluchzt auf.
"Das ist alles meine Schuld! Ich hätte schon losfahren sollen, als ich das Auto gesehen habe!", sagt sie weinend und schaut nach unten.

"Nein Melina....es ist nicht deine Schuld. Niemand hat gewusst, dass es dieses Auto auf uns abgefahren hat. Du hast alles richtig gemacht. Es hätte so viel schlimmer sein können.", versuche ich sie zu beruhigen und sie nickt.

Plötzlich geht die Tür auf.

«Trust me» - Julien Bam FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt