Kapitel 43

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,Er hat was?', fragte Niall aufgeregt und fuhr sich durch seine blonde Mähne. Aufgewühlt läuft er den verlassenen Gang rauf und runter und ballt dabei seine Hände zu Fäusten. ,Und wo ist sie jetzt?'

,Jessica bringt sie nach Hause. Ich hab darauf bestanden.' Niall nickt und inzwischen stehen seine Haare Kreuz und quer ab.
,Bitte erzähl es nicht Harry', bitte ich Niall, der aufhört hin und der zu tigern und mich unsicher mustert.

,Emy das kannst du nicht von mir verlangen.'
,Bitte Niall. Er kann doch sowieso nichts daran ändern. Er würde sich nur noch mehr sorgen machen. Er kann ja so schon kaum schlafen, ist immer wachsam und vergisst dabei auch mal an sich zu denken.'

Niall versteht mich, doch sein Gesichtsausdruck bleibt leidend. ,Tut mir leid Emily, aber deine Sicherheit geht vor', sagt er und geht ein paar Schritte zur Hintertür der Schule. ,Kommst du?'

,Niall, was soll das denn alles bringen? Er hat Lisa angegriffen, sie verletzt. Es hat mir mehr wehgetan, als wenn ich es gewesen wäre. Es geht einfach nicht. Nachher ist Jess dran und du Niall. Ich könnte es nicht ertragen', spreche ich offen meine Gefühle aus und immer mehr erinnere ich mich, warum ich all die Jahre geschwiegen habe.

,Was ist wenn er Harry verletzt?' Allein schon der Gedanke daran lässt mich Tränen vergießen, weshalb Niall auf mich zukommt und mich in den Arm nimmt. ,Alles wird gut werden Emy. Harry kann sich gut verteidigen, ihm wird nichts passieren. Wir müssen abwarten und schauen was die Zeit ergibt.'

Ich wusste er hatte recht, doch was wenn James wieder diese Typen angeheuert hat. Diese skrupellosen Wesen, welche Harry ohne mit der Wimper zu zucken, verprügeln würde. Natürlich war Harry stark, doch auch er konnte es nicht mit fünf gleichzeitig aufnehmen, sowas ging nun einmal nur in Filmen.

Niall beschloss es Lisa zu überlassen, ob es erzählt werden sollte oder nicht und da sie nicht auf den Umgang mit mir verzichten wollte, erzählte sie nichts. Allerdings hatte ich Angst um sie. Ich habe vieles von James erwartet, aber nicht, dass er Lisa oder Jessica angreifen würde. Immerhin haben sie uns auf Partys, Geburtstagen und bei anderen Sachen begleitet und er war immer nett zu ihnen gewesen.

Immer mehr und mehr fing seine Maske an zu bröckeln und irgendwann wird nichts mehr von dem James da sein, den ich mal kannte. Den ich wirklich mal geliebt habe. James war immer gegen Gewalt gewesen und irgendwann passierte es einfach. Als er mich das erste mal verletzte war ich erschrocken und zutiefst verletzt. Ich kannte James doch schon so unglaublich lange und dennoch erkannte ich den jungen Mann vor mir nicht mehr. Er sagte es würde ihm leid tun. Bei dem Zweiten mal sagte er, es würde nicht nochmal passieren. Beim dritten Mal, weinte er unglaublich viel und sagte, er würde mich doch so sehr lieben und beim vierten Mal, da wo ich am liebsten sofort weggerannt wäre, sagte er mir, er bräuchte mich. Er redete von Suizid und dass er niemals aufstehen könnte, wenn ich gehe. Ich blieb und konnte es nicht ändern.

Irgendwas in mir konnte nicht gehen, ihn loslassen, obwohl ich es doch so sehr wollte. Ich wollte nie mehr diese blauen Flecke an meinem Körper haben. Ich wollte nie mehr Angst haben, dass ich etwas falsches mache. Ich wollte doch glücklich werden.

Und dann lernte ich Harry kenne. Plötzlich wusste ich wieder, wie es war glücklich zu sein, froh zu sein zu leben.
Ich kann nicht mehr so weiter machen. Ich kann nicht weiter zu lassen, dass James meine Freunde verletzt. Sie sind doch Familie.

Niall zieht mich zu seinem Auto und zusammen fahren wir nach Hause. Es herrscht eine bedrückende Stille und auch als Harry nach Hause kommt und er fragt, ob etwas passiert war, schweigen wir.

,Emily was ist los?' Ich schweige und blicke zu Niall, der ebenfalls zu mir schaut.
,Niall?', fragt Harry nun auch den blonden, dessen Lippen allerdings kein Wort verlassen.

Wir müssen etwas tun, doch ich weiß nicht was. ,Harry ich denke ich bleibe die nächsten Tage zu Hause.' Ich habe erwartet das er fragen wird wieso, doch das tut er nicht. Er legt seine Jacke ab und gibt mir ein Kuss auf die Stirn, ehe er nach oben geht.

Niall atmet laut aus und weiß genauso wenig zu sagen wie ich. ,Schauen wir morgen bei Lisa vorbei?'
Niall nickt und schnappt sich nach einiger Zeit seine Autoschlüssel.
,Ich habe morgen eher Schluss als Harry, dann fahre ich dich.'
,Danke Niall', sage ich und umarme den Blonden Iren zum Abschied.

Als ich ihm noch kurz hinterher gesehen habe, bin ich wieder reingegangen und bin mit leisen Schritte nach oben gelaufen um nach Harry zu schauen.
Er liegt eingekugelt unter der dunkelroten Bettwäsche und nur ein paar braune locken spähen hinaus. Sein leiser Atem ist zu hören und ich beschließen wieder nach unten zu gehen.

Harry ist wirklich erschöpft. Er schläft kaum noch, lernt stundenlang und hat zu dem noch Stress wegen mir. Ich weiß ja nicht einmal, ob er schon etwas gegessen hat, außer das Brot von heute morgen.

Deshalb mache ich etwas zu essen und decke den Tisch. Wir haben nicht mehr besonders viel im Haus, weshalb wir die nächsten Tage einkaufen müssen. Ich mach einfach etwas aus den Resten die wir noch da haben und lasse dabei ein paar Dinge für morgen über.

Es ist unglaublich wie viel ein Mensch anrichten kann. Ein einziger Mensch kann so viel Macht über einen anderen haben, dass dieser entweder niemals aufhören möchte zu leben, oder sich freiwillig die Brücke runterstürzt.

Auch wenn ich es ändern möchte, dass James diese Macht über mich hat, so gelingt es mir nicht. Immer wieder Wenn ich denke ich schaffe es aus seiner Schlinge, legt sie sich enger um meinem Hals.

Ein knarren der Treppe ist zu hören und ein verschlafener Harry kommt die Treppen herunter. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass er ganze vier Stunden geschlafen hat. Er grinst als er das viele Essen sieht und a ich beginne zu schmunzeln. ,Dann war es also doch kein Traum', grinst er weiter und lässt sich auf den Stuhl fallen. Ich mache ihm etwas auf dem Teller und bin erleichtert, als er mit gutem Hunger anfängt zu essen.

Er erzählt mir von der Schule und das er viele Dinge schon erledigt hat. Er hat bereits einige Arbeiten eingereicht und kann sich nun ein wenig mehr zurück lehnen.

Als wir fertig sind gehen wir noch ein wenig im Wald spazieren und schauen uns danach eine dvd an. In solchen Momente könnte man meinen, dass alles in Ordnung wäre. Das wir sorglos wären. Doch das schönste ist oft nur Illusion, aber ich bin mir sicher, dass wir es schaffen werden. Das wir glücklich werden. Das die Welt sich zum besseren wenden wird. 

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