Kapitel 47

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James hatte nicht gelogen, als er sagte wir würden sofort von hier verschwinden. Er war bei mir zuhause gewesen, hat die Sachen dort eingepackt und hat mit meinen Eltern, beziehungsweise mit meinem Vater geredet.

Für James war es eine leichte Aufgabe meine Eltern zu überzeugen mich mitgehen zu lassen, was mich bis aufs Mark erschütterte. Mein Vater war vielleicht sogar froh, denn so war seine einzige Tochter finanziell abgesichert und und ein teil von seiner Partnerfirma. Doch allein das nicht ich selbst sagte, dass ich fort gehen würde und er mich nicht ohne weitere Maßnahmen versuchte hier zu behalten, mich ja nicht einmal verabschiedete, zeigte mir wieder, dass mein Leben hier nur aus meinen Freunden, Hilde und meiner Familie, die ganz alleine Harry bildete, bestand.
Welche Eltern verabschiedeten sich nicht von ihrem einzigen Kind, auch wenn das Verhältnis nicht das beste war? Es tat weh und zeigte wie wenig sie sich um mich scheren, wie wenig liebe in ihnen war.

Und ich dachte wenigstens meine Mutter würde etwas dazu sagen, vielleicht ihrer Tochter Lebewohl sagen, doch nichts der gleichen. Wir waren wieder da angefangen, wo wir nur fremde unter dem gleichen Dach waren.
In der Welt wo Eltern lediglich Erzeuger und keine Familie sind.

In einer Welt wo es nur sehr wenig Liebe gibt.
Wo nur Intrigen in der Berufswelt weiterhelfen und man seine Kollegen aus der Reserve lockt um selbst besser dazustehen.
Wo Einsamkeit herrscht, obwohl du von so vielen Leuten umgeben bist.
Wo es egal ist, was der andere denkt und was er fühlt, wo die Augen geschlossen werden, wenn man nach Hilfe schreit.

Ich hatte diese Welt verlassen. Harry hat mich daraus gezogen und mir eine völlig andere Welt gezeigt, wo man ausgiebig lieben kann und geliebt wird. Wo man den anderen sieht und achtet. Wo man sich die Hand reicht, wenn man fällt. Harry hat meine Welt neu aufgebaut mit Farben die ich zuvor nie sah.

Doch ich merke wie sie nach und nach verblassen, diese schönen hellen und warmen Farben. In dieser Welt wächst nichts mehr, entweder es ist überflutet worden oder vertrocknet. Es ist alles aus dem Gleichgewicht
Und ich weiß, dass ich wieder ein Teil dieser Welt sein werde. Ich merke wie ich mit einem Bein bereits drin stehe und der zuvor grüne rasen, nun unter meinen Füßen zu Staub zerfällt.

Dennoch, auch wenn alles vertrocknet ist, scheint die Sonne nicht. Es regnet immer an der selben stelle, weshalb auch dort alles zerstört ist.
Der Himmel hat wieder diese graue Farbe angenommen, die einen krank fühlen lässt, dich runterzieht und schlechte Gedanken hervorbringt.

,Sagte Hilde nichts? Hat sie nicht gefragt?'
,Hilde wurde in eine andere Familie eingearbeitet. Sie war einschließlich für dich dagewesene, doch da du weg warst, hat dein Vater sie einer anderen Familie empfohlen.'
Wir saßen mittlerweile im Flugzeug und wie zu erwarten in der besten Klasse. Es dauerte nicht mehr lang, da würde ich das hier alles vielleicht niemals wieder sehen.
,Und meine Mutter?', fragte ich, als ich aus dem Fenster schaute und meine Wange gegen die kühle Scheibe anlehnte.

,Sie ist momentan nicht im Haus, schon eine Weile nicht mehr', gestand er mir und mein Blick glitt nun doch zu ihm. Es war seltsam ihn anzuschauen. Ich war wütend, so unglaublich wütend, doch da ich von unglaublicher Trauer war, setzte sich selbst diese Wut nicht durch, dafür war ich viel zu erschöpft und müde. Traurigkeit macht wirklich krank.

,Sie mochte Hilde soweit ich weiß und als sie erfahren hat, das du weg warst und dein Vater zudem hier zugesagt hat, hat sie ihre Sachen gepackt und ist weg.'

So wie er es formuliert hört es sich an, als wenn ich freiwillig hier sitze und mein Leben allzu gern zurücklasse.
Als wenn ich glücklich wäre mit alle dem.
Aber das bin ich nicht und das werde ich auch niemals sein. Wenn ich nicht so unglaublich müde wäre, hätte ich jetzt diese Diskussion angefangen, doch das schaffe ich zur Zeit einfach nicht.

Remember meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt