Paris

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Endlich. Endlich setzt das Schiff an und wir begeben uns zu unserem Wagen.

"Du zitterst ja förmlich. Ist auch alles in Ordnung?", mustert Harry mich besorgt.
"Alles gut. Ich bin nur so aufgeregt! Ich habe England noch nie verlassen und nun stehen wir hier, zusammen, auf einer Fähre - und vor uns liegt Frankreich. Das Land der Liebe und der Romantik", schwärme ich.

Meine Eltern sind schon einige Male während meiner Kindheit hier gewesen. Für sie ist dies nichts besonderes mehr. Dubai, Tokyo, Singapur und New York - das sind nun die 'coolen' Destinationen aus ihrer Sicht.
Was die beiden wohl gerade tun? Ob Dad noch immer zu Mom hält, oder ob er Abstand braucht?
Oma und Anne werden sich gut um die beiden kümmern, da bin ich mir sicher. Ich bin nun hier mit Harry. Meine Gedanken sollten rund um unsere bevorstehende Reise kreisen, und nicht um den Grund, weshalb ich gegangen bin.

Harry hat in den letzten Jahren viel gejobbt und somit echt viel Geld verdient. Ich habe vor unserer Abreise mein Konto, auf welches mir meine Eltern jedes Jahr zum Geburtstag eine gute Summe überwiesen haben, leergeräumt und alles mitgenommen.
Wir können nie wissen, was uns erwartet und wie lange wir wegbleiben werden. Ich will nur auf Nummer sicher gehen.

"Eines musst du mir aber noch versprechen, bevor wir dieses Schiff verlassen." Harry sieht mich ernst an und wartet auf meine Antwort. Ich nicke nur, da ich einfach zu gespannt bin, was er nun von sich geben wird. Er atmet tief ein, bevor er seinen Mund öffnet und sagt:
"Was auch passieren wird, egal, wie oft wir uns streiten werden. Versprich mir, dass wir alles klären werden und du mich nicht verlässt. Und lauf ja nie weg. Ich würde vor Sorge sterben, dass du irgendwo da draussen in einem fremden Land alleine unterwegs bist."
In seinen Augen wiederspiegelt sich Angst, sodass ich meine Hand an seine Wange lege und ihn anlächle. "Versprochen."
Ich könnte es nie übers Herz bringen, ihn jemals zu verlassen. Auch nicht, wenn wir uns streiten. Harry ist nun ein Teil meines Lebens! Ohne ihn wäre ich nicht mehr ich.
Harry atmet erleichtert auf und küsst mich auf die Stirn. Er nimmt meine Hand und legt sie an seine warmen und weichen Lippen.
"Lass uns Frankreich erkunden." Ich strahle übers ganze Gesicht und setzte meine Sonnenbrille auf.

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Nach langer Fahrt - und mehrfachem Verfahren - erreichen wir endlich unser Ziel: Paris. Die Stadt der Liebe.

Ich stelle mir das immer so vor, dass jeder Mensch seine eigene Vorstellung von Paris hat. Meine wurde übertroffen.
Das Paris, das in den Filmen, auf den Bildern und in den Erzählungen gezeigt wird, ist in Wirklichkeit noch viel magischer.
Ich kann mir das so erklären, da viele Menschen mit einer bestimmten Ladung an Energie hier hin kommen. Sie zu enttäuschen ist dann noch schwierig.

"Unser Hotel sollte direkt neben dem Eiffelturm sein", informiert Harry mich. Er biegt in eine Seitenstrasse ab und folgt den Strassenbeschreibungen.
Plötzlich muss er voll auf die Bremse, da von rechts ein Roller auftaucht und nicht den Anschein macht, anzuhalten.
"Och....dieser Verkehr", stöhnt Harry. "Eins sag ich dir Sharon, ich werde dieses Auto verkaufen. Von dem Geld können wir locker weiterreisen. Für den Wagen könnte ich noch eine gute Summe bekommen."
Ich sehe ihn geschockt an und zeige ihm den Vogel. "Ich bin mir nicht sicher, ob das so ist. Klar, Diesel kostet. Aber denkst du wirklich, es wäre billiger, mit Bus, Zug, Taxi oder sogar Flugzeug weiterzureisen?"
Harry nickt überzeugt und konzentriert sich weiter auf die Strasse.

Ich muss zugeben, ich war schon immer ein Fan von Autos. Züge und Busse sind auch noch ganz ok - aber Flugzeuge? Klar, ich bin noch nie geflogen, aber die Vorstellung davon bereitet mir Angst. Auch wenn Flugzeuge die sicherste Art zu Reisen sind. So hoch oben in der Luft zu sein nimmt mir irgendwie das Gefühl, die Kontrolle zu haben.

Hey AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt