Ein Stück Kindheit

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"Harry, kannst du die Musik bitte leiser stellen?"
"Wieso, gefällt dir 'Sorry' nicht?", grinst er mich an. Ich kann nicht anders, als sein Lächeln zu erwiedern, obwohl ich den Song nicht leiden kann.
"Is it to late now to say sorry", singt Harry laut mit. "Ja ist es", kontere ich. Er wendet seinen Blick von der Strasse und zwinkert mir zu. "Ich bin so froh, dass du mir vergeben hast. Ich war ein Idiot."
"Ich will nicht mehr darüber sprechen, bitte." Harry nickt und konzentriert sich wieder auf das Geschehen ausserhalb des Wagens.
Wie gerne ich ihm doch zusehe, während er fährt. Seine Gesichtszüge sind so weich und schön. Faszinierend.

"Wie lange dauert das denn noch?", hacke ich nach. Ich bin kein Mensch, der viel Geduld übrig hat. Nicht für solche Dinge.
Harry wendet den Wagen nach links und biegt auf eine Landstrasse ein. Er beschleunigt und beginnt, vor sich hin zu pfeiffen. "Gleich Kleines, gleich." Ich seufze und lehne mich zurück in meinen Sitz. Immer wenn er mich Kleines nennt, fühle ich mich so jung. Mir ist klar, dass Harry zwei Jahre älter ist als ich, doch was sind zwei Jahre schon. Noch dazu wird Harry in drei Tagen 21.
"Scheisse", murmle ich leise vor mich hin.
"Was ist denn?"
"In drei Tagen ist dein Geburtstag. Ich habe noch kein Geschenk! Scheisse nein."
"Mach dir keine Sorgen. Du musst mir nichts schenken, solange du bei mir bist ist das Geschenk genug."
"Du Romantiker."
Harry lächelt und ich nicke nur. Ich will ihn im Glauben lassen, dass ich ihm nichts kaufe. Natürlich werde ich noch in die Stadt gehen und ihm etwas besorgen. Stellt sich nur noch die Frage, was?

Harry bringt den Wagen zum Stehen und schaltet den Motor aus. Ich setze mich auf und schaue aus dem Fenster. Vor uns steht eine braune Ziegelwand, hinter der ein weites und saftig grünes Feld liegt. Weiter unten kann man einen Bach plätschern hören.
"Na, was sagst du dazu?", reisst Harry mich aus meinen Gedanken. Ich war so in die Umgebung und die Ruhe vertieft, dass ich gar nicht gemerkt habe, wie er mit einem Stein seinen Namen auf die Mauer geschrieben hat. Nun setzt er bereits wieder an und beginnt, ein grosses 'S' einzuritzen. Nach und nach folgen die restlichen Buchstaben meines Namens. Nun ziehren unsere Namen diese Wand und verleihen ihr einen Touch 'Trend'.
"Perfekt würde ich sagen", teile ich meine Gedanken mit. Harry nickt zufrieden und lächelt.

"Komm mit." Harry nimmt meine Hand und führt mich über die Wiese hinunter zu dem kleinen Bach.
Dort angekommen zeigt er auf einen Baum und grinst. "Dort unten, an den Baum gelehnt, hatte ich meinen ersten Kuss."
"Wow du Checker. Wie alt warst du damals?"
"Um die 12 Jahre alt."
Ich setzte einen geschockten Blick auf und halte mir die Hand vor den Mund. "Spinnst du?"
"Was ist denn?", fragt Harry unsicher.
Nun beginne ich, lauthals loszulachen. "Mit 12? Du meine Güte."
"Ach komm schon, ich wette du warst nicht viel älter", lacht er zurück. Sofort stirbt mein Lachen.
Harry deutet den Blick und kommt näher. "Alles ok?"
"Du warst mein erster Kuss", flüstere ich.
Ich weiss nicht ob mir das Ganze peinlich sein soll oder nicht. Eigentlich ist es doch was Schönes, oder?
"Wie bitte?', ertönt seine raue Stimme vor mir. Ich nicke nur und traue mich nicht, ihm in die Augen zu sehen.
Harry hebt mein Kinn mit seinem Finger, womit er mich zwingt, ihn im die Augen zu schauen.

"Ich bin so froh, dass ich dein erster Kuss war. Der Gedanke, dass dich noch andere Männer küssen durften, gefällt mir nicht."
Ich kichere und recke mein Kinn in die Höhe. Harry versteht und legt seine Lippen sanft auf die meinen. Ich erwiedere den Kuss und vergesse alles rund um mich herum. Ich bin genau da, wo ich sein sollte. Alles ist so perfekt. Harry ist perfekt. Mein Leben ist perfekt. Jetzt gerade, hier, während ich meinen Traummann küsse, fühlt es sich an, als wäre ich die letzten 17 Jahre niemals allein gewesen. Dieser Mensch namens Harry Styles hat mir alles gegeben, was ich die letzten Jahre so vermisst habe: Liebe und Geborgenheit. Ich würde ihn für nichts und niemanden verlassen. Niemals.

Als wir uns wieder von einander lösen, lächle ich Harry an. "Du machst mich so glücklich."
"Kleines, du weisst nicht wie glücklich du mich machst." Er küsst mich nochmals kurz auf die Lippen und wendet seinen Blick über mich hinweg.
"Komm, wir setzten uns dort in die Wiese", fordert er mich auf. Ich stimme zu und wir gehen Hand in Hand den Hügel hinauf, um uns oben ins saftig grüne Gras zu setzten.
Ich lege mich auf den Rücken und fahre mit meinen Händen durch die Grashalme. Das kitzelnde Gefühl an meinen nackten Armen erinnert mich an meine Kindheit. Wie schön es doch war, ein Kind zu sein.

Wir verbringen wundervolle, und vorallem ruhige Minuten oder Stunden dort. Ich habe mich vollends entspannt. Da die Sonne langsam untergeht haben Harry und ich beschlossen, uns auf den Weg nach Hause zu machen. Wir wollten zuhause sein, bevor es dunkel wird.
Morgen würde Anne wieder kommen. Und bald würden wir alle zusammen nach Totnes gehen, um Oma zu besuchen.

Während Harry fährt, klingelt mein Handy in meiner Hosentasche. Ich krame es heraus und sehe auf den Display. Mom.
"Hallo?"
"Sharon. Was machst du gerade?"
"Ich sitze auf der Couch und schaue Fern.", lüge ich. Ich war noch nie gut darin, andere Menschen anzulügen, doch ich sehe leider keinen Sinn, ihr die Wahrheit zu sagen. Das konnte noch warten.
"Was siehst du dir denn gerade an?", hackt sie nach. Weshalb interessiert sie das?
"Grey's Anatomy. Wieso interessiert dich das?"
"Ach nur so."
"Ok....wie gehts euch? Wie ist New York so?"
"Keine Ahnung."
"Keine Ahnung?" Hä?
"New York war nett."
"War?"
"Sharon?"
"Ja?"
"Erklärst du mir mal weshalb du nicht vor mir auf der Couch bist und uns belügst?"
Ach du scheisse, sie waren wieder da. Sie waren in Totnes. Und ich war in Holmes Chapel.

Hey AngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt