Kapitel 10

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Manuel sprang sofort nach vorne und begab sich in Position, dabei war die Tür nicht einmal ganz geöffnet.

Sobald eine Person den Raum betrat, begann er wild auf sie einzustechen. Er hob sein Messer immer wieder und stieß es mit voller Wucht in den Bauchraum seines Opfers. Es ertönten Schmerzensschreie, die mir durch Mark und Bein gingen. Noch nie zuvor in meinem Leben hatte ich eine Person so laut und qualvoll schreien hören. Es klang so, als ob er gerade gefoltert würde.

Durch das nicht endende Geschrei, zog sich mein Magen zusammen und meine Nackenhaare stellten sich auf. Ich presste mir die Hände so fest es ging auf die Ohren. Ich wollte es einfach nicht hören, jedoch schaffte ich es nicht wegzusehen.

Manuel hatte sich gedreht. Ich konnte nur noch seinen Rücken sehen, den Rest verdeckte er mit seinem Körper. Doch ich sah, wie immer mehr Blut auf den Boden tropfte.

Er wird sterben. Ich schlug mir eine Hand vor den Mund. Er wird sterben! Wir wollen ihn doch nicht umbringen, nur für eine Weile außer Gefecht setzen! Er muss aufhören, er muss sofort damit aufhören. Er darf nicht weiterhin auf ihn einstechen, sonst wird er sterben!

Beim Anblick des vielen Bluts wurde mir regelrecht schlecht und ich schaffte es endlich meinen Blick abzuwenden. Ich sah hinunter in meinen Schoß und versuchte mich auf meine Hände zu konzentrieren, die ich mittlerweile dort gefaltet hatte, um mich nicht übergeben zu müssen. Erst als meine Hände weiß wurden merkte ich, wie fest ich sie die ganze Zeit zusammenpresste und ließ locker.

Um mich herum nahm ich Anfeuerungsschreie wahr. Ich hielt mir wieder die Ohren zu, für mich war diese Situation einfach nur unerträglich. Es starb gerade ein Mensch direkt vor meinen Augen. Ich wollte einfach nur noch, dass es vorbei war.

Ich hörte nur noch wie mein Herz immer schneller schlug, meine Atmung immer schnapphafter wurde und spürte wie meine Tränen von meinem Kinn auf mein T-Shirt tropften. Wann ist es endlich vorbei?

Nach einer gefühlten Ewigkeit hob ich meinen Blick und sah wieder zur Tür. Es hatte sich bereits eine riesige Blutlache auf dem Boden gebildet und Manuel kniete mittendrin. Die Hand mit dem Messer hing schlaff nach unten, mit dem anderen Arm hielt er den Mann fest. Egal wie sehr ich mich bemühte oder zwang genau hinzusehen, ich konnte durch meinen Tränenschleier nicht erkennen, wie schlimm die Verletzungen des Mannes waren.

Als ich jedoch hörte wie die Menge nach Luft schnappte, wurde mir klar, dass er schlimm verletzt sein musste. Lebt er überhaupt noch? Hat Manuel gerade einen Menschen getötet. Ich hielt die Luft an. Sind wir, die Opfer, gerade zu Tätern geworden?

„Das darf doch nicht wahr sein!", rief jemand. „Wie ist das denn passiert?", rief ein anderer. Ist er wirklich tot? Oh mein Gott, wir haben einen Menschen getötet!

Um mich herum wurde es immer unruhiger. Ein Mädchen stand auf, ging näher an Manuel heran und drehte sich wieder ruckartig um, als sie bei ihm angekommen war. Aus ihrem Gesicht war jegliche Farbe gewichen und ihr Blick war leer. Hier stimmte etwas nicht, doch ich hatte keine Ahnung was passiert war, abgesehen vom Tod des Amokläufers.

Ich beobachtete wie das Mädchen sich wieder setzte und im nächsten Moment in Tränen ausbrach. Sie flüsterte dem Jungen, der neben ihr saß, etwas zu. Er schlug sich die Hand vor den Mund und riss die Augen weit auf.

„Störe ich?", fragte jemand.

Moment, diese Stimme kannte ich. Mein Blick flog zur Tür, das durfte nicht wahr sein! Ich musste halluzinieren! Da stand der Amokläufer mit seinem fiesen Grinsen quicklebendig an der Tür.

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