~Zwei Wochen später~
Ich öffnete das 22. Türchen meines Adventskalenders und freute mich über den kleinen Schokoladenweihnachtsmann, der sich darin befand. Zumindest etwas Positives heute. Mein Albtraum von letzter Nacht hatte mich immer noch nicht ganz losgelassen. In dem Traum hatte John mir mit einem Messer immer wieder in den Arm gestochen bis ich verblutete. Seit des Amoklaufs träumte ich ständig davon wie er mich quälte und anschließend tötete. Ich schüttelte den Kopf, um meine düsteren Gedanken loszuwerden. Dann stellte ich den Weihnachtsmann auf meinem Schreibtisch ab, schnappte mir meinen Bademantel und machte mich auf den Weg ins Bad. Heute war der erste Ferientag und morgen würden meine Großeltern aus Boston anreisen, um mit uns gemeinsam Weihnachten zu feiern. Ich freute mich darauf die beiden wiederzusehen, doch mir war bewusst, dass Weihnachten dieses Jahr nicht so schön und unbeschwert wie sonst werden würde. Dazu war einfach zu viel vorgefallen in der letzten Zeit.
Im Badezimmer angekommen warf ich einen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass es erst 9:00 Uhr war. Das hieß ich konnte mir Zeit lassen und noch gemütlich frühstücken, denn mein Termin bei Mrs. Dillon, meiner Psychologin, begann erst um 12:00 Uhr. Mittlerweile ging ich ohne Lilly zu ihr, da sie es für sinnvoller hielt mit jedem von uns eine Einzeltherapie zu machen. Wir hatten zwar etwas Ähnliches erlebt, jedoch reagierte jeder Mensch unterschiedlich und brauchte dem entsprechend auch eine individuelle Hilfe.
Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte, ging ich mit einem Handtuchturban auf dem Kopf runter in die Küche. Wenn ich Glück hatte war Ryan auch schon wach und wir könnten gemeinsam frühstücken. Wir hatten schon immer einen guten Draht zueinander gehabt, in letzter Zeit jedoch hatte sich das alles nochmal verstärkt, da auch er mit jemandem über den Amoklauf sprechen musste. Schließlich hatte er zwei seiner engsten Freunde verloren.
Schon als ich die Küche betrat spürte ich, dass irgendetwas vorgefallen war. Ryan saß am Tisch und rührte abwesend in seinem Müsli herum. Erst als ich mit der Hand vor seinem Gesicht herumwedelte, bemerkte er mich. „Was ist denn mit dir los?", fragte ich. Ryan griff wortlos nach der Tageszeitung, die neben ihm lag, und legte sie vor mir auf den Tisch.
„Oh mein Gott.", entfuhr es mir als ich die Schlagzeile auf der Titelseite sah.
Ryan nickte.
Das darf doch nicht wahr sein!, war mein erster Gedanke. Ich schob mit einer mechanischen Bewegung den Stuhl zurück und ließ mich dann darauf fallen.
Ich wollte diesen Artikel nicht lesen. Noch mehr schlechte Nachrichten konnte ich zurzeit einfach nicht vertragen.
Ich atmete hörbar aus und begann, trotz meines Widerwillens, zu lesen:
Freitod – Wieso der Lehrer sich vor den Zug warf
Am Abend des 21. Dezember gegen 20 Uhr wurde ein Mann zwischen Chamberlain und Pukwana von einem Zug erfasst. Das Unglück geschah hinter einer scharfen Linkskurve, weshalb der Zugführer den Zug nicht mehr rechtzeitig zum Stehen bringen konnte.
Kurz darauf traf die Polizei am Unfallort ein, um diesen abzusichern und fand unter anderem das Portemonnaie des 63-jährigen Jack K., der an der örtlichen High School als Lehrer tätig war. Die Beamten suchten daraufhin sein Haus auf, wo sie seine Frau auffanden. Diese hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, nachdem sie wenige Minuten zuvor den Abschiedsbrief ihres Mannes gefunden hatte.
Von der Ehefrau des Verstorbenen erfuhr die Polizei außerdem, dass der Lehrer den Amoklauf miterlebt hatte, der vor einem Monat an Madison High School stattfand. Hier liegen vermutlich auch die Gründe für seinen Freitod.
(Weitere Informationen auf Seite 14)
Ich wischte mit einer Handbewegung die Zeitung vom Tisch. Auf weitere Informationen konnte ich definitiv verzichten.
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Ich empfehle es nochmal den Prolog zu lesen, denn der Kreis schließt sich.
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Das Quiz - Wer dumm ist stirbt
Mystery / ThrillerEin grauer Wintermorgen. Eine ganz normale Schule. Eine ganz normale Kleinstadt. Klingt ziemlich langweilig, oder nicht? Ein Mann stürmt das Gebäude. Er versammelt alle Lehrer und einige der Schüler im Lehrerzimmer. Er veranstaltet ein Quiz. Stel...