Kapitel 31

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„John!", schrie Mr. King, sprang von seinem Stuhl auf und stürmte auf ihn zu. „Sag mal spinnst du jetzt eigentlich völlig?"

Er war bei ihm angelangt, packte ihn bei den Schultern und schüttelte ihn kräftig durch. „Ich verstehe, dass du mich hasst und dass du dich an mir rächen willst. Dazu hast du auch allen Grund. Ich habe mich damals wie das größte Arschloch verhalten, aber die meisten Menschen hier, sehen dich heute zum ersten Mal. Sie waren vor zehn Jahren noch nicht an dieser Schule. Sie haben mit der ganzen Sache gar nichts zu tun. Du hast doch schon dafür gesorgt, dass Menschen gestorben sind und dass mich deswegen jeder einzelne in diesem Raum hasst. Reicht das nicht?" Er ließ ihn los und trat einen Schritt zurück. „Reicht dir das nicht, John?"

John sah ihn etwas perplex an. „Nein, das reicht nicht. Die Polizei wird dieses Gebäude stürmen und wenn sie mich nicht erschießen, werde ich für den Rest meines Lebens in den Knast wandern! Ich werde untergehen und ihr alle werdet mir folgen."

Mr. King schüttelte langsam und verzweifelt den Kopf. Jetzt sah ich, dass er eine blutende Wunde am Hinterkopf hatte. „Du wusstest doch von Anfang an, dass du dieses Gebäude nicht als freier Mann verlassen wirst. So dumm bist du nicht, John. Was hat sich geändert?"

„Ja, das wusste ich. Aber ich dachte, dass ich mein Quiz nach Plan durchziehen kann und jetzt habe ich nicht einmal zwei Runden komplett geschafft!" Seine Stimme brach und sein Blick wurde traurig.

„Warum ist dir dieses Quiz so wichtig?", fragte Mr. King. Seine Stimme war nicht mehr so hart und vorwurfsvoll wie vorhin. Er sprach mit John als wäre er ein guter Freund, für dessen Probleme er sich ernsthaft interessierte.

John sah Mr. King direkt in die Augen und lächelte leicht. „Es ist, weil...", setzte er an, doch plötzlich schüttelte er heftig den Kopf. „Es ist egal. Alles ist egal!", schrie er, „Ich bringe euch jetzt einfach alle um!"

Er griff nach der Waffe, die sich in seinem Holster befand, und hob sie hoch.

„John, das bringt doch nichts. Willst du wirklich so viele unschuldige Menschen töten? Ungefähr sechzig Lehrer und neunzig Schüler? Du zerstörst damit eine ganze Generation. Ist dir das bewusst? Du hast aus jeder Klasse Schüler mitgenommen, richtig?"

John nickte.

„Jeder Schüler dieser Schule kennt zwei der Personen, die hier sitzen, verdammt gut. Du nimmst jedem dieser jungen Leute einen Freund oder eine Freundin. Findest du das in Ordnung? Du bestrafst eine ganze Generation von Menschen für mein Fehlverhalten. Das geht einfach zu weit. Wenn du jemanden bestrafen willst, dann mich. Bitte, du hast die Waffe doch schon in der Hand. Erschieß mich einfach.", sagte Mr. King.

„Haben Sie mir nicht zugehört? Es geht darum, dass Sie leiden und wenn Sie wissen, dass Sie für eine gebrochene und traurige Generation junger Menschen verantwortlich sind, dann leiden Sie. Das ist mein Ziel!", erwiderte John und betrachtete die Waffe, die in seiner Hand lag.

„Du bestrafst aber nicht nur mich! Du bestrafst auch all diese unschuldigen Menschen! Warum kapierst du das denn nicht?", brüllte Mr. King.

„Warum kapieren Sie nicht, dass mir all diese Menschen scheiß egal sind? Mich interessiert nur meine Rache!", entgegnete John.

Der Lautsprecher schaltete sich wieder ein. „Ich bitte Sie noch einmal ans Fenster zu kommen. Wir können doch über alles reden.", sagte eine einfühlsame Stimme.

„Bullshit, die Polizei will mich doch nur abknallen. Aber das wird sie nicht tun bevor ich hier fertig bin.", meinte John und lud seine Waffe.

Mr. King schnappte nach Luft. „Du wirst das doch nicht ernsthaft durchziehen?", seine Frage war mehr eine Feststellung.

„Doch.", erwiderte John knapp. „Sie können sich wieder auf Ihren Platz setzen und die Vorstellung genießen. Aber ich kann Sie beruhigen, Sie werden als einziger überleben.", fügte er hinzu.

„John, tu das bitte nicht!", flehte Mr. King. Doch John zog amüsiert die Augenbrauen hoch und lächelte. „So gefallen Sie mir irgendwie. Nicht mehr so stark wie früher, was?", fragte er. „Setzten Sie sich jetzt."

Mr. King gab sich geschlagen und ging kopfschüttelnd zu seinem Platz zurück. Er hatte eingesehen, dass er John zu nichts überreden konnte.

„Zoe, du wolltest doch die ganze Zeit etwas unternehmen.", flüsterte Chase, „Ich glaube jetzt wäre der richtige Zeitpunkt." Ich sah ihn erschrocken an. Die Szene hatte mich so gefesselt, dass ich in den letzten Minuten über nichts nachgedacht hatte. Was sollte ich denn tun? Ich hatte eben noch geglaubt, dass Mr. Wilson die Entscheidung bringen würde und nun war tot und ich hielt ehrlichgesagt alles für verloren. Wieso glaubte Chase, dass ich das Ruder noch rumreißen könnte?

„Wir haben verloren, Chase.", wisperte ich zurück. „Was? Nein, das haben wir nicht. Du warst so entschlossen etwas zu tun und ich habe dich davon abgehalten, Zoe. Wenn uns hier jemand rausholen kann, dann bist du das." Er lächelte, er schien es ernst zu meinen. „Wieso ausgerechnet ich? Ich saß die letzten Stunden weinend hier rum und habe dich verrückt gemacht.", fragte ich. „Du hast mich nicht verrückt gemacht. Du hattest Angst und das ist in Anbetracht der Situation völlig verständlich. Aber du hattest vorhin diesen entschlossenen Blick, diesen Siegerblick. Du hattest zwar Angst, aber du warst dir sicher, dass du es schaffst.", erwiderte er. „Ich habe keinen Plan.", sagte ich knapp. Denn den hatte ich tatsächlich nicht und ich hatte auch noch nie einen. „Dann denk nach. Du bist doch das Mathegenie, oder?", entgegnete er mit einem Lächeln. Er schien wirklich an mich zu glauben.

Los, Zoe, denk nach. Das hier ist ein Puzzle. Du hast alle Teile. Du musst sie nur noch richtig zusammensetzten. Ich überlegte während John im Raum auf und ab ging. Er schien das Gleiche wie ich zu tun. Es verging ein wenig Zeit. Es konnten Sekunden oder auch Minuten sein. Ich hatte keine Ahnung. Ich wollte schon aufgeben, als ich plötzlich eine Idee hatte.

Wenn das funktionierte, wären wir gerettet. Wenn es jedoch schiefging, würde nicht nur ich sterben. Ich musste John an seinem wundesten Punkt treffen, doch wenn ich meinen Finger auch nur etwas zu tief in die Wunde legte, würde er ausrasten und dann käme es zur Katastrophe. Ich musste es versuchen. Ich hatte keine andere Wahl.

„Danke, Chase.", flüsterte ich und stand auf.

Das Quiz - Wer dumm ist stirbtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt