Die Reaktionen der Lehrer waren verschieden. Manche starrten auf den Boden, als hofften sie so von John übersehen zu werden. Andere hingegen sahen ihn direkt an.
„Was ist denn jetzt? Keine Freiwilligen? Muss ich schon wieder jemanden aussuchen?", fragte John und ging auf die Lehrer zu.
Er konnte doch nicht einfach so weitermachen. Dort drüben lagen drei Leichen. Er hatte gerade drei Menschen getötet. Ich traute mich nicht zur Wand zu sehen. Wenn ich noch mehr leblose Körper ansehen musste, würde ich völlig durchdrehen. Ich konzentrierte mich darauf auf meine Hände zu sehen, die ich wieder in meinem Schoß zusammengefaltet hatte, um nicht doch zu den Leichen zu blicken. Ich drückte meine Hände so fest zusammen, dass es schmerzte, da ich auf Ablenkung hoffte. Doch ich konnte einfach nicht ausblenden, was um mich herum geschah. Der Gestank, das Blut, Johns grausame Stimme, alles hatte sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt und würde nie wieder von dort verschwinden.
Plötzlich schalteten sich die Lautsprecher ein. „Achtung, hier spricht die Polizei. Wir haben die Schule umstellt. Sie haben keine Chance, verlassen Sie bitte mit erhobenen Händen das Gebäude."
Ich hob den Kopf. Was? Polizei! Wir sind gerettet!, war mein erster Gedanke. Ich sah Chase an und lächelte. Er erwiderte meinen Blick, doch er schien besorgt zu sein. „Was ist? Die Polizei ist da. Die holen uns hier raus!", flüsterte ich. „Sie werden es versuchen. Aber denkst du, dass John kampflos aufgibt?", antwortete er.
Ich hatte keine Ahnung, um ehrlich zu sein. John stand gerade mit dem Rücken zu mir, deshalb konnte ich nicht sehen, wie er auf die Nachricht reagierte. Würde er uns einfach gehen lassen und sich stellen oder würde er versuchen gegen die Polizei zu kämpfen? So wie ich John in den letzten Stunden kennengelernt hatte, würde er uns lieber alle töten, als kampflos aufzugeben. Wie konnte ich nur denken, dass die Polizei unsere Rettung wäre? Wie dumm war ich eigentlich? Diese Situation sorgte einfach dafür, dass ich nicht mehr klar denken konnte.
Die Reaktionen der anderen waren gemischt. Manche atmeten auf und schienen erleichtert zu sein, andere wirkten jedoch noch angespannter als zuvor. Sie schienen sich vor Johns Reaktion zu fürchten und nicht hundertprozentig auf die Polizei zu vertrauen.
„Verlassen Sie bitte das Gebäude oder lassen Sie die Geiseln gehen.", tönte es aus dem Lautsprecher.
„Die denken wirklich, dass ich auf sowas höre? Das ist doch lächerlich. Also, wer möchte als nächstes am Quiz teilnehmen?", sagte John mit bemüht ruhiger Stimme. Doch ich war mir sicher, dass er vorhin lockerer geklungen hatte. Die Polizei machte ihm Angst. Er wusste, dass sich die Situation zuspitze und sein Plan gefährdet war.
„Na los, ich warte auf die Freiwilligen.", forderte er nochmals auf. Die Anspannung konnte ich seiner Stimme dieses Mal deutlich anhören.
„Hallo, ich bin Mr. Cox. Wenn Sie mit mir sprechen wollen, dann machen Sie die Jalousien hoch und öffnen das Fenster. Es wird Ihnen nichts geschehen, wir werden uns nur unterhalten. Sie können mir auch von Ihren Problemen erzählen, wenn Sie das möchten. Ich bin nur hier, um zuzuhören.", kam es aus dem Lautsprecher.
John schnaubte verächtlich. „Was der wohl ist? Cop oder Psychiater? Ich brauche jeden falls keinen von beiden." John stand immer noch mit dem Rücken zu mir, jedoch begann er nun in einem ungleichmäßigen Takt mit seinem rechten Fuß auf den Boden zu stampfen. Er wurde nervös.
Ich atmete tief durch. „Chase, ich glaube er rastet gleich aus.", wisperte ich. „Das glaube ich auch.", gab er knapp zurück und fuhr sich nervös mit der Hand durch die Haare.
„Wenn Sie sich weigern mit mir zu sprechen, müssen wir das Gebäude stürmen. Soll ich zu Ihnen reinkommen? Sagen Sie mir wo Sie sich befinden und ich bin in drei Minuten bei Ihnen.", erklang der Lautsprecher erneut.
John drehte sich in einer ruckartigen Bewegung um und lief zum Fenster. Er schob mit zwei Fingern die Jalousien ein kleines Stück auseinander, sodass er hindurchsehen konnte. „Scheiße, da draußen wimmelt es nur so von Cops.", zischte er.
John zog seine Hand zurück, drehte sich blitzschnell um und lief im Raum umher.
So langsam bekam ich ein Gefühl für sein Verhalten. Er lief immer wie ein Verrückter durch den Raum, wenn etwas schieflief. Er bekam so langsam Panik und das löste bei mir eine noch viel größere Angst aus. John war unberechenbar, wenn er völlig entspannt wirkte, aber was würde er tun, wenn er ernsthaft in Panik verfiele.
„Sie befinden sich im Lehrerzimmer. Ich habe gesehen wie Sie die Jalousien angehoben haben. Öffnen Sie das Fenster, dann können wir uns unterhalten. Sie haben keine andere Möglichkeit. Ich habe mit 100 Männern das Gebäude umstellt. Ergeben Sie sich.", forderte die Stimme aus dem Lautsprecher.
„Nein!", schrie John, „Ich werde mich nicht ergeben ihr blöden Arschlöcher!"
Ich zuckte zusammen und hob den Blick.
John war stehengeblieben und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, dann schüttelte er den Kopf.
„Scheiße, so war das alles nicht geplant!", jammerte er und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
„John, geh nach draußen und stell dich der Polizei. Das ist das einzig Richtige.", bat Mr. King ihn. Er hatte seine Hand immer noch gegen seinen Kopf gepresst.
John drehte sich zu ihm um. „Sie sind der Letzte von dem ich Ratschläge haben möchte! Wegen Ihnen passiert der ganze Scheiß doch erst!"
John ging kopfschüttelnd auf die Wand zu, an der Tische und Stühle gestapelt waren. Er nahm sich einen Stuhl, drehte sich um und warf ihn einmal quer durch den Raum.
Ich zuckte erneut zusammen. Was passierte hier? „Chase, ich habe Angst.", flüsterte ich. „Ich auch.", antwortete er
„Kommen Sie bitte ans Fenster und sprechen Sie mit mir.", wiederholte der Mann über den Lautsprecher.
John hob abrupt den Kopf. „Diese scheiß Polizisten werden nicht gewinnen. Ich erschieße euch einfach alle!", sagte er mit weit aufgerissenen Augen.
Oh mein Gott! Ich griff nach Chase Hand und drückte sie fest. Wir werden sterben! In diesem Moment wusste ich es sicher. Es gab keinen Ausweg. Wir würden alle sterben!
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Das Quiz - Wer dumm ist stirbt
Mistério / SuspenseEin grauer Wintermorgen. Eine ganz normale Schule. Eine ganz normale Kleinstadt. Klingt ziemlich langweilig, oder nicht? Ein Mann stürmt das Gebäude. Er versammelt alle Lehrer und einige der Schüler im Lehrerzimmer. Er veranstaltet ein Quiz. Stel...