Kapitel 12

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Mr. King blieb sofort wie angewurzelt stehen, jedoch drehte er sich nicht um. Die beiden Schüler zuckten beim Klang seiner aggressiven Stimme zusammen und blieben ebenfalls stehen.

„Ich habe gesagt, ihr sollt euch hinsetzten!", schrie der Amokläufer. Die beiden setzten sich langsam wieder in Bewegung und wurden mit jedem Schritt schneller. Sie kamen auf mich und Chase zu und flüsterten und ein leises „Hallo" zu als sie sich neben uns setzten. Ich nickte nur knapp, für mehr fehlten mir gerade einfach die Nerven.

„Wenn ich um eure ungeteilte Aufmerksamkeit bitten dürfte.", begann er feierlich und sah sich im Raum um. Natürlichen waren alle Blicke auf ihn gerichtet, jeder wollte wissen was er vorhatte und wieso er immer noch Mr. King's Am festhielt.

„Ihr fragt euch sicher wieso ihr hier seid, dabei ist die Antwort ganz einfach. „Wegen ihm!" Er riss Mr. King gewaltsam an seinem Arm herum, damit er ihn ansehen musste. Dieser war auf die Bewegung nicht gefasst gewesen und taumelte hin und her. Der Amokläufer griff nach seinem anderen Arm und sorgte dafür, dass er wieder sicher stand.

Er bedachte Mr. King mit einem abfälligen Blick und sagte: „Dieser Mann ist ein Monster, ein abscheuliches, grausames Monster!" Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter und ließ nur erahnen wie groß der Zorn sein musste, den er verspürte. Mr. King neben ihm hingegen zuckte bei jedem seiner Worte etwas mehr zusammen. Er starrte die ganze Zeit auf den Boden und wagte es nicht auch nur eine Sekunde lang den Blick zu heben.

Mr. King und ein Monster? Ein alter Mann, der in den 70ern stecken geblieben ist, trifft ist wohl eher.

„Mr. King, möchten Sie Ihren Schülern und Kollegen erzählen, was Sie getan haben? Oder sollen wir direkt anfangen?" Er sah ihn auffordernd an und verschränkte in einer provokanten Geste die Arme vor der Brust.

Mr. King starrte nach wie vor auf den Boden und machte keinerlei Anstalten aufzusehen.

„Schauen sie mich gefälligst an, wenn ich mit ihnen spreche!", schrie der Amokläufer.

Mr. King hob langsam seinen Blick und sah dem ihm direkt in die Augen. „Es ist nichts vorgefallen John. Jedenfalls nichts, was das hier rechtfertigen würde.", sagte er mit ruhiger Stimme.

Noch bevor er zu Ende gesprochen hatte entgleisten die Gesichtszüge des Amokläufers völlig. Er blickte ihn zunächst mit vor Schock weit aufgerissenen Augen an, dann schüttelte er immer schneller den Kopf. „Nichts vorgefallen? Nichts vorgefallen! Sie sind so ein blödes Arschloch! Sie sind ein Mörder!", er spuckte Mr. King diese Worte förmlich ins Gesicht. Dann holte er mit dem rechten Arm weit aus und ließ seine Hand mit voller Wucht auf Mr. Kings Wange niedersausen.

Der war auf diesen Angriff jedoch nicht vorbereitet und taumelte ein paar Schritte zur Seite, bevor er wieder in einen sicheren Stand zurückfand.

Johns Wut war jedoch noch lange nicht verpufft. Er stapfte mit schnellen Schritten auf ihn zu und schubste ihn gewaltsam zu Boden. „Sie sind der abscheulichste Mensch, der mit je begegnet ist und jetzt werde ich mich an Ihnen rächen und zwar für alles. Für jede noch so kleine Kleinigkeit, die Sie mir jemals angetan haben. Wie war noch gleich Ihr Lieblingsspruch? Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Glauben Sie mir, ich werde dafür sorgen, dass Sie nie wieder lachen können." Mit dem letzten Satz verpasste er Mr. King, der immer noch am Boden lag, einen Tritt in den Bauch und wandte sich wieder uns allen zu. Ich hielt mir instinktiv die Hand vor den Bauch, als hätte der Tritt mich und nicht ihn getroffen.

„Ihm habt ihr es zu verdanken, dass ihr hier seid. Nur ihm und keinem anderen!", schrie er und zeigte mit dem Finger auf Mr. King, der sich vor Schmerzen krümmte.

„Zoe, hör auf die Luft anzuhalten.", flüsterte Chase mir leise zu.

Aufhören die Luft anzuhalten? Erst jetzt bemerkte ich, dass ich nicht atmete und ließ die Luft langsam aus meinen Lungen entweichen. Ich versuchte mich etwas zu entspannen, doch ich konnte den Blick nicht von Mr. Kings schmerzverzerrtem Gesicht abwenden.

Wieso hasst John ihn so sehr? Was kann Mr. King ihm bloß angetan haben, das schlimm genug wäre, um einen Amoklauf zu rechtfertigen?

„Steh auf, alter Mann!", sagte der Amokläufer und hielt Mr. King seine Hand hin. Dieser schaute misstrauisch und schaffte es ohne Johns Hilfe sich hinzusetzen. Dann drückte er sich mit den Händen vom Boden ab und kam langsam in eine aufrechte Position. Als er fast stand fiel er jedoch ruckartig zurück und landete wieder auf dem Boden. Mr. King stieß einen Schmerzensschrei aus und griff sich mit der Hand an den Rücken.

„Vertrauen Sie mir etwa nicht mehr?", fragte John mit gespielt trauriger Stimme und hielt ihm auffordernd seine Hand direkt vors Gesicht. Zögerlich ergriff Mr. King sie.

Hoffentlich lässt er ihn nicht nochmal fallen.

John zog ihn langsam und behutsam hoch. Als er fast stand, ließ er seine Hand jedoch plötzlich wieder los und Mr. King fiel erneut nach hinten.

In Gedanken sah ich ihn schon mit gebrochenen Knochen am Boden liegen, doch der Amokläufer ergriff seinen Arm und zog ihn erneut auf die Beine. Dieses Mal sorgte er jedoch dafür, dass er wirklich stand bevor er ihn losließ. Hätte er auch nur eine Millisekunde später reagiert, wäre Mr. King nochmal auf dem Boden gelandet.

„Sehen Sie, Sie können mir voll vertrauen.", sagte John.

Voll vertrauen? Er hat ihn gerade schon wieder fast fallen gelassen und das auch noch absichtlich!

Mr. King antwortete nur mit einem verächtlichen Schnauben.

„Sie werden unverschämt Mr. King. Ich kann Ihnen nur wärmstens empfehlen nett zu mir zu sein." Er zog die Waffe aus seinem Holster, hielt sie zwischen sich und Mr. King und betrachtete sie nachdenklich. „Was man damit wohl alles anstellen kann?" John steckte die Waffe wieder weg und sah ihn eindringlich an. „Zwingen Sie mich nicht ein paar kleine Spielchen mit dem Teil auszuprobieren."

„Du spielst doch ohnehin schon mit uns.", erwiderte Mr. King trocken.

„Genau und Sie haben die Ehre mir bei der Verkündung der Spielregeln zu helfen! Ist das nicht toll?", fragte John enthusiastisch.

Was hat er vor? Wozu braucht er Spielregeln? Mein Blick wanderte zu dem Tisch, der in der Mitte des Raums stand. Die einsame Lampe auf dem Tisch erinnerte mich an einen Verhörraum, den man aus Krimis kannte. Was kann er damit nur vorhaben?

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