Kapitel 32

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Ich hatte das Gefühl, dass mich tausend Augen anstarrten. Die meisten schienen etwas überrascht zu sein, sie waren gespannt was ich vorhatte. Nur eine Person hatte noch nicht gemerkt, dass ich aufgestanden war.

Da ist deine letzte Chance. Noch kannst du dich hinsetzen., flüsterte eine Stimme in meinem Kopf, doch ich ignorierte sie. Ich musste es einfach tun.

„Was ist? Wo schaut ihr alle hin?", fragte John während er sich umdrehte. Als er mich sah, lächelte er leicht. „Verstehe, eine neue Heldin. Weil die letzten beiden ja schon so erfolgreich waren." John lachte und zeigte mit seinem Finge auf die Leichen von Jay und dem Jungen, den Manuel mit dem Messer attackiert hatte. Das war eine Ewigkeit her, zumindest kam es mir so vor. Die Zeit schien still zu stehen seit wir hier Gefangen waren.

Meine Augen folgte Johns Finger und erblickte zum ersten Mal Jays Leiche. Es kostete mich meine gesamt Körperbeherrschung nicht schreiend zusammenzuzucken. Jay lag seitlich auf dem Boden. Sein gesamter Körper war mit Blut überströmt. Am schlimmsten waren jedoch die Blutlachen, die sich hinter der Schusswunde am Rücken und neben seinem Gesicht gebildet hatten. Er war durch den Schuss mit dem Kopf zuerst gegen die Wand gefallen, würde ich vermuten. Zumindest würde das erklären wieso sein halbes Gesicht in Fetzen lag.

Es ging nicht mehr länger, ich musste einfach den Blick abwenden, sonst würde ich mich übergeben. Meine Wut auf John hatte sich in den letzten Sekunden potenziert. Das was er Jay und den anderen angetan hatte, durfte einfach nicht ohne Folgen bleiben. Ich wollte diesen Mann im Gefängnis schmoren sehen und zwar für den Rest seines erbärmlichen Lebens.

Ich sah John an und er lächelte. Es war ein echtes Lächeln, denn selbst die Fältchen um seine Augen herum zuckten. Dieser Typ war einfach nur widerlich.

„Also, was willst du Kleine?", fragte er.

Ich atmete tief durch. Okay, keine Panik. Alles wird gut. Du schaffst das, Zoe.

„Ich mache dir ein Angebot.", sagte ich und ärgerte mich im gleichen Moment über das Zittern meiner Stimme. Es war zwar nur minimal gewesen, aber es war da und John hatte es bemerkt.

Du möchtest mir ein Angebot machen?", hakte er ungläubig nach und schnaubte dabei.

Lass dich nicht aus der Ruhe bringen.

„Genauso ist es.", erwiderte ich und schaffte es dieses Mal meine Stimme total entspannt klingen zu lassen.

„Dir ist aber klar wer von uns beiden eine Waffe hat?", gab er zurück und zeigte auf die Waffe, die sich in seinem Holster befand.

Ich atmete noch einmal tief durch. Ab jetzt konnte ich mir absolut keinen Fehler mehr erlauben.

„Ja, das ist mir klar. Aber ich weiß worum es dir bei diesem Quiz geht.", meinte ich. John zog amüsiert die Augenbraue hoch. „Ist das so?"

Ich ignorierte seine Unterbrechung und sprach einfach weiter. „Du verstehst es nicht, oder? Du hattest Mr. King als großes starkes Monster in Erinnerung, dass dich als armen kleinen Teenager vernichtet hat und nun kommst du wieder her, um dich an diesem Monster zu rächen. Aber was findest du vor?" Ich zeigte mit dem Finger auf Mr. King, der auf seinem Stuhl saß und missmutig zu Boden blickte. Er gab ein trauriges Bild ab, dass eines gebrochenen alten Mannes.

„Ich kann dir sagen was du vorfindest. Du siehst einen alten Mann, der sich ständig hinsetzten muss, weil er Herzprobleme hat. Er ist kein Monster und das ist er auch nie gewesen. Du hast dich damals von einem Versager fertigmachen lassen. Von einem Mann, der mit Mitte fünfzig noch traurig war, weil er von seinem Vater nicht die nötige Anerkennung erhalten hat. Du verstehst nicht wie so jemand dein Leben zerstören konnte, oder?" Ich ließ die Frage so in der Luft hängen und hoffte, dass er anbeißen würde.

„Hör auf!", zischte er.

„Du fragst dich was für ein Loser du eigentlich bist, wenn du dich schon von solch einer gescheiterten Existenz fertigmachen lässt.", fügte ich hinzu. Ich konnte nur hoffen, dass ich den Bogen hiermit nicht überspannt hatte. Wenn ich ihn zu sehr reizte. Hatte ich ein ernsthaftes Problem.

„Hör damit auf!", schrie er und kam mit schnellen Schritten auf mich zu.

Ich wollte instinktiv einen Schritt zurückweichen, doch ich durfte jetzt keine Angst zeigen und außerdem befand sich sowieso die Wand unmittelbar hinter mir. Alles wird gut, Zoe. Alles wird gut.

„Sag mir wieso ich dich nicht direkt erschießen soll?", fragte John. Er stand nun direkt vor mir und seine blauen Augen blitzen bösartig.

Keine Panik, Zoe. Er wird dir nichts tun. Ich riss mich zusammen, um nicht den Atem anzuhalten oder meine Angst durch zitternde Hände zu verraten. Ich musste tough wirken.

„Ganz einfach. Ich kann dir etwas von deiner Ehre zurückgeben. Du hast versucht Mr. King zu schlagen, indem du ein besseres Quiz veranstaltest als er."

Ich machte eine Sprechpause, um seine Reaktion abzuwarten. Doch es geschah gar nichts, er starrte mich einfach weiterhin an.

„Daran bist du gnadenlos gescheitert. Du hast gerade mal eine Runde geschafft und die auch nur indem du Ms. Neal bedroht hast. Vielleicht bist du wirklich ein noch größerer Versager als Mr. King."

John Blick verfinsterte sich. Jetzt musste ich mich beeilen.

„Du hast noch eine Chance dich zu beweisen, John. Gewinn das Quiz. Du hast doch vorhin, als du uns deine Lebensgeschichte erzählt hast, gesagt, dass du jetzt alle geschichtlichen Themen kannst. Dann ist es doch kein Problem für dich gegen mich anzutreten und mich zu schlagen, oder? Dann hast du Mr. King bewiesen, dass du nicht mehr der Loser bist, der sich von ihm vor der ganzen Klasse verspotten lässt. Dann bist du besser als er.", endete ich.

„Was hast du davon?", fragte John und sah mich misstrauisch an.

„Wenn du gewinnst, darfst du uns alle erschießen und vorher noch so viele Runden von deinem Quiz spielen wie du möchtest. Dann geht dein Plan auf. Wir spielen alle schön brav mit. Aber wenn du verlierst, legst du deine Waffe ab und stellst dich der Polizei." Das war's. Das war mein Plan. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass er anbiss.

Das Quiz - Wer dumm ist stirbtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt