Kapitel 38 (Lesenacht Teil 2/5)

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Ich wurde sanft von McGonagall zu den anderen geführt. Doch ich sah meine Freunde nicht richtig. Ich war wie in Trance. Meine Gedanken schwirrten nur um Sirius. Wie sollte ich ihn da wieder heraus bekommen? Ich liebte ihn und wollte nicht, dass er dahin musste. Nicht schon wieder. Dieser Ort würde ihn zerstören. Diesmal endgültig. Er hatte schon einmal zwölf Jahre in Askaban gesessen, doch was würde jetzt sein, wenn es nicht gelang ihn zu beschützen? Würde er erneut lebenslange Haft in Askaban haben oder würde er direkt den Kuss eines Dementors bekommen?

„Hermine! Sieh mich an!” Harry hatte eine Hand auf meine Schulter gelegt und rüttelte sanft. Ich fokussierte mich auf die Personen vor mir und merkte die Mitleidigen Blicke all meiner Freunde. Ich wollte kein Mitleid. Ich wollte nur Sirius. „Was?”, fragte ich bissig. Harry zuckte ob meiner kalten Stimme zurück und hob beschwichtigend die Hände nach oben.

„Wie geht es dir?”, fragte nun Neville. Wütend starrte ich ihn an. „Wie es mir geht? WIE ES MIR GEHT?”, schrie ich hysterisch. „Wie soll es mir den bitte nach dieser ganzen Scheiße gehen?” Ich hob provozierend eine Augenbraue. „Sirius wurde gefangen und gefoltert. Ich wurde beinahe vor Sirius Augen vergewaltigt und ermordet. Sirius hat jemanden umgebracht, wurde abgeführt und ihm droht jetzt Askaban oder noch schlimmer, der Dementorenkuss. Klar mir geht es prima.” Meine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus. Ich hätte sogar beinahe Snape mit seinen sarkastischen Kommentaren Konkurrenz machen können.

„Mine, beruhig dich! Ich werde persönlich Aussagen. Das werden wir alle und die Aussagen mit deiner zusammen werden dafür sorgen, das Sirius schon ganz schnell wieder bei uns ist. Ich werde nicht zulassen, dass man ihn dir weg nimmt!” Harry zog mich in eine kleine Umarmung, der sich die anderen anschlossen. Es endete also in einem riesen Gruppenkuscheln und ich steckte mitten drin.

„Wir gehen jetzt zurück nach Hogwarts und direkt morgen werde ich mit McGonagall zum Ministerium apparieren.”, sagte Harry, als sich der Menschenkneul aufgelöst hatte. „Danke!”, nuschelte ich und brachte ein halbherziges Lächeln zu stande. Mehr schaffte ich nicht, denn mir war nicht zum Lachen zu mute.

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Ich lag abends in meinem Bett in Hogwarts und dachte nach. Ginny hatte sich, nach Protest von mir trotzdem zu mir ins Bett gelegt, mit der Begründung, sie wolle nicht, dass ich alleine wäre und wofür beste Freunde den sonst gut wären, um nicht einander Trost und Halt in schweren Zeiten zu geben.

Sie schlief schon seit ungefähr einer Stunde, doch bei mir gelang das nicht so recht. Immer flackerten die grausigen Bilder des Tages vor meinem inneren Auge auf. Ich musste die ganze Zeit meine Schluchzer unterdrücken, damit niemand sah, wie verstört ich von all dem war.

Es war mit abstand das schlimmste, was mir je wiederfahren war. Selbst das mit Bellatrix im Malfoy Manor war nicht so schlimm, wie das. Körperlicher Schmerz, wie der den Bellatrix mir zugefügt hat, war vergänglich, doch der seelische Schmerz, durch die zwei Male, die ich beinahe vergewaltigt worden wäre, das blosse betrachten des geschundenen Körpers meines Freundes, das Brechen des Herzens meines Freundes, nur um meinen Plan durchzusetzen, die Verhaftung meines Freundes, dem nun Askaban oder noch schlimmer, der Tod durch einen Dementorenkuss droht, sind alles Dinge, die Narben hinterlassen. Narben, die nie gänzlich verheilen. Immer da. Immer present. Nicht auslöschbar.

Manch einer würde jetzt sagen, ich wäre echt melodramatisch, doch diese haben auch keine Ahnung, wie es ist, in meiner Haut zu stecken. Ich hatlbe bisher soviel durchgemacht. Irgendwann muss das doch mal genug sein. Ich will doch nur Frieden finden und mein restliches Leben genießen. Wenn einem so eine Scheiße passiert, darf man wohl auch mal depressiv und melodramatisch sein.

In meinem Inneren breitete sich eine Leere aus. Ich wusste, wenn sie mir Sirius nehmen, würde ich nicht mehr weiter machen können. Er war mein Anker in mitten dieser ganzen Ereignisse. Half mir aus allen Lagen heraus, nur wenn er da war. Ohne ihn wollte ich nicht mehr weiter machen. Ohne ihn konnte ich nicht mehr weiter machen.

Meine Gedanken überschlugen sich förmlich und ich raufte mir verzweifelt die Haare. An Schlaf war eindeutig nicht mehr zu denken, aber ich wollte auch nicht mehr an all das denken müssen, was passiert war. Ich wollte das alles hinter mir lassen, es vergessen und einen Neustart machen mit Sirius. Vielleicht könnten wir nach meinem Abschluss in ein anderes Land ziehen. Weit weg von alle dem, wo uns keiner kennt und wir unter uns sind.

Apropos Abschluss. Ich könnte vielleicht ein wenig für die im Mai anstehenden Abschlussprüfungen lernen. Zwar waren noch knappe vier Monate bis dahin, aber man konnte schließlich für sowas nicht genug lernen und außerdem würde es mich auf andere Gedanken bringen.

Also stand ich leise auf, darauf bedacht Ginny nicht zu wecken und ging mit meinen Schulbüchern nach unten in den Gemeinschaftsraum.

Ich merkte während des Lernens nicht, wie die Zeit verflog und wurde von einem Müde dreinschauenden Harry an der Schulter berührt. Ich zuckte bei der Berührung zusammen. „Wie lange sitzt du den schon hier?”, fragte er und ich sah die leichte Besorgnis in seinen Augen. Ich zuckte mit den Achseln. „Wie spät ist es den?”, stellte ich die Gegenfrage.

„Sieben Uhr Morgens! Hast du etwa die ganze Nacht hier verbracht und gelernt?” Sein Blick wurde vorwurfsvoll. Ich nickte. „Konnte nicht schlafen. Zu viele Gedanken. Brauchte ein wenig Ablenkung.”, gestand ich was er er mit einem knappen Nicken hinnahm. Er verstand mich und ich war dankbar einen Freund wie ihn zu haben. Es bedurfte nicht viele Worte, damit wir uns verstanden. Wir würden einfach die besten Freunde für immer bleiben.

„Ich werde jetzt zu McGonagall gehen. Willst du mit? Wollten dann zum Ministerium.” Ich nickte, packte meine Sachen zusammen und sagte, im gehen: „Ich komme gleich. Gib mir fünf Minuten.”

Ich hastete in den Schlafsaal, legte meine Sachen auf meinen Nachttisch, zog mir eine blaue Jeans, ein weißes Shirt sowie eine schwarte Jeansjacke an. Dann rannte ich wieder nach unten zu Harry und gemeinsam gingen wir zum Schulleiterbüro. Wir liefen schweigend nebeneinander her. Ich wusste, er hatte Fragen und wollte etwas sagen, doch er tat es nicht, um mich nicht zu bedrängen, was ich gut fand, denn ich wollte nicht reden. Ich konnte es einfach nicht.

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Hey. :)
Hier ist auch schon der zweite Teil der Lesenacht. Der nächste Teil wird um 22 Uhr erscheinen. :)
Wie denkt ihr darüber, dass Hermine sich im Lernen vergräbt, um ihren Gedanken zu entkommen? Hat sie nicht wichtigere Probleme, als einen guten Schulabschluss? Oder braucht sie das eurer Meinung nach gerade, um mit ihren Gefühlen und Gedanken fertig zu werden?
Eure Shayela

Where the Love falls downWo Geschichten leben. Entdecke jetzt