Kapitel 2

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(11 Jahre später)

Roland wusste nicht mehr was er tun sollte. Zwar schwang er sein Schwert mit großer Kraft und er hatte noch einige Asse auf Lager, doch sein Gegner sah jede seiner Bewegungen hervor und zum wiederholten Male wurde Roland getroffen. Er wischte sich mit dem Handrücken über sein Gesicht und als er sah, dass diese nun voller Blut war, wusste er, dass dieser Kampf so gut wie verloren war. Er sammelte sich, täuschte rechts an, drehte aber in der Bewegung sein Handgelenk, sodass er nun von links zuschlagen konnte. Erneut sah sein Gegner die Finte voraus, wehrte den Schlag ab und nutzte die Lücke in Rolands Verteidigung, welcher ihm nun seine rechte Seite entblößte, und schlug mit aller Kraft zu. Roland wurde am rechten Ohr getroffen und fiel benommen auf die Knie, sein Schwert fiel auf den Boden. Mit verschwommenen Blick sah er wie sein Gegner grinsend auf ihn zuging und bereits ausholte, um Roland den Rest zu geben.

„Sehr gut, Wolfgang!" ertönte es plötzlich neben ihnen, „Roland, deine Angriffe sind immer noch viel zu offensichtlich. Ein blinder Mann hätte diese Finte vorausgesehen, ganz zu schweigen von einem Kämpfer wie Wolfgang. Wenn du so weitermachst, wirst du deinen ersten echten Kampf nie überleben. Jeder von Wolfgangs Schlägen hätte dich getötet."

Roland war niedergeschlagen. Er dachte zurück an jenen Tag, als er auf diese Burg kam. Damals war er acht Jahre alt gewesen, heute war er siebzehn und noch immer kein Ritter. Zwar hatte er seither viel gelernt, das Reiten, das Kämpfen mit Schwert, Schild und Speer und auch das Jagen. Dennoch war er Wolfgang, der für ihn wie ein Bruder war, in jeder dieser Disziplinen unterlegen. Dieser kam gerade auf ihn zu und sagte aufmunternd: „Nimms nicht so schwer mein Freund. Du konntest zwar mich nicht besiegen, doch die meisten Soldaten hier am Hof haben gegen dich keine Chance. Balthasar, der alte Sack, muss sich doch bloß überlegen fühlen, weil er weiß dass er mit uns jungen Kämpfern nicht mehr mithalten kann.

„Große Worte, junger Fürstensohn! Doch stehst du auch zu ihnen?" sagte Balthasar, der das Gespräch offenbar belauscht hatte. „Na gut alter Mann, ob du nach all den Jahren immer noch nicht eingerostet bist!"

Wolfgang und Balthasar betraten wortlos den eingezäunten Übungsplatz. Beide waren mit nichts als Holzschwertern bewaffnet, die wie Roland am eigenen Leib erfahren hatte, trotzdem sehr gefährlich sein konnten, und trugen ihre Lederrüstungen. „Ich überlasse dir den ersten Schlag, Welpe!" höhnte Balthasar. Wolfgang tat einen Schritt vor, schlug von rechts nach links zu, und begab sich dann wieder in sichere Entfernung. Balthasar wehrte den Schlag mit überraschender Schnelligkeit ab und vollführte seinerseits eine Schlagkombination, bei der er zuerst von oben auf Wolfgangs Kopf schlug, damit dieser seine Waffe hob und traf ihm mit dem zweiten Schlag auf den Brustkorb. Wolfgang taumelte zurück, er hatte seinen Meister unterschätzt. Doch nun setzte er zum Gegenangriff an und schlug immer wieder auf den Meister ein. Doch dieser wehrte jeden Schlag geschickt ab. Balthasar gelang es, Wolfgangs Schwert zur Seite zu schlagen, als dieser sein Schwert über den Kopf schwang und auf Balthasars Schulter zielte, nutzte die Gelegenheit als dieser nun seinen ganzen Körper entblößte und schlug ihm ins Gesicht. Erneut wurde dieser zurückgeworfen und prallte gegen den Zaun. Wolfgang hielt sich die Stirn und stützte sich an seinem Schwert ab, welches er in den sandigen Boden gerammt hatte. „Gibst du auf?" fragte Balthasar. Doch Wolfgang lächelte nur und ging erneut auf seinen Gegner los. Zuerst schwang er sein Schwert von rechts, verwandelte den Streich jedoch in einen Stich und der überraschte Balthasar tänzelte zurück. Wolfgang sah seine Chance und schlug nun von links nach dem Gesicht seines Meisters. Doch dieser duckte sich, kreiselte gebückt herum und schlug seinem jungen Gegner in die Kniekehle. Wolfgang stürzte zu Boden, sein Atem entwich pfeifend aus seiner Brust und er blieb keuchend auf dem Boden liegen.

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt