An jenem Morgen wachte Fürst Kalhelm mit einem seltsamen Gefühl auf. Im war, als würde sich ihm langsam, aber stetig, ein furchtbares Übel nähern, gnadenlos und unausweichlich. Die Angst vor diesem Unbekannten Grauen verbreitete sich in seinem ganzen Körper und er begann schnell zu atmen und schwitzte. Als er auf den Balkon ging, um im Angesicht des majestätischen Sonnenaufgangs bei frischer Luft auf fröhlichere Gedanken zu kommen, erblickte er eine Schar von bewaffneten Männern, die einen abgekämpften und müden Eindruck machten, vor den Toren der Burg. Bedingt durch die gerade erlebte Angst hielt er die Gruppe für eine feindliche Armee, bis er sein eigenes Banner auf den Wappenröcken erkannte und schließlich seinen Sohn Wolfgang erkannte. Sofort füllte sich sein Herz mit Freude und das morgendliche Unbehagen war vergessen. Im Hof empfing er nun seinen Sohn mit den Worten: „Es freut mich dich zu sehen, Wolfgang! Auch deine Wiederkehr stimmt mich glücklich, Roland. Ich wusste, dass ihr selbst diesen furchtbaren Krieg überstehen würdet, da eure Kampffertigkeiten überragend sind. Kommt, aufgrund der Briefe, die ihr mir zukommen ließet, habe ich veranlasst, dass ein kleines Mahl für euch bereitsteht."
„Auch ich freue mich dich zu sehen, Vater. Wir werden dir noch einige Geschichten über unsere Reise erzählen, doch wir sind alle müde und werden uns nach dem Mahl zu Bett begeben. Dies ist übrigens Ferdinand Geunger, ein Ritter im Dienste des Templerordens, der als unser Führer fungierte und ohne den wir nicht vor dir stehen würden.", sagte Wolfgang und wies auf den Templer, der neben ihm stand. Dieser sagte auf seine lakonische Art: „Es freut mich, Euch kennenlernen zu dürfen!"
Dann begaben sich Fürst Kalhelm, Wolfgang und Roland in den Speisesaal, wo ihnen Wildbret mit Pilzen von einer schönen Magd namens Margret serviert wurde. Gleichzeitig erschienen fünf bewaffnete Männer und stellten sich vor die Türen.
„Wer sind diese Ritter?", fragte Wolfgang, dessen verliebter Blick auf Margret Roland nicht entgangen war.
„Meine Leibgarde. Seit ihr mit dem Großteil meiner Soldaten in den Krieg gezogen seid, haben immer wieder ein paar Halunken versucht, mich zu töten. Einer hat es sogar bis ins Schloss geschafft, doch Herr Lekaus, an seinem roten Umhang zu erkennen, hat ihn erwischt und getötet. Seitdem ist er der Anführer der königlichen Wächter.", antwortete Kalhelm und zeigte auf einen großen, breit gebauten Mann, der Wolfgang misstrauisch beäugte.
„Kennen wir uns nicht, Herr Lekaus? Ihr wart für ein halbes Jahr hier auf Rabenfels um zum Ritter zu werden, nicht? Wir wurden gemeinsam von Balthasar unterrichtet, doch es gab irgendeinen Zwischenfall und Ihr musstet uns verlassen.", überlegte Wolfgang laut.
„Ihr habt mir den Arm gebrochen, Herr Kalhelm! Deshalb musste ich in ein Kloster, wo man sich um mich kümmerte. Mein Vater schickte mich danach auf ein anderes Schloss, doch inzwischen bin ich wieder hier. Ihr wart mir früher stets überlegen, du und Herr Wielus, doch mittlerweile bin ich besser.", antwortete der Leibwächter grimmig.
„Ich würde mich gerne mit Euch duellieren, doch ich habe eine lange Reise hinter mir und werde mich nun ausruhen.", sagte Wolfgang und verließ den Saal.
„Wir werden heute ein Fest zu eurer Rückkehr veranstalten, das dürft ihr nicht verpassen, richte es bitte meinem Sohn aus!", rief Fürst Kalhelm, als Roland ebenfalls zu Bett gehen wollte.
Die Freunde trafen sich im verzweigten Kerker wieder, wo Ferdinand und Balthasar bereits warteten.
„Vater hat nun eine Leibgarde, doch diese stellt kein Problem für uns dar. Hier noch einmal mein Plan. Nach dem Fest, wenn sich mein Vater in seine Gemächer zurückgezogen hat, wird Balthasar vor diesen erscheinen und die Wachen provozieren. Dann läuft er vor ihnen davon und führt sie, sobald sie ihn verfolgen, direkt zu Ferdinand und Roland, sodass sie gemeinsam kämpfen können. In der Zwischenzeit werde ich zu dem Schlafzimmer gehen und sagen, dass ich um Vater besorgt bin, das Zimmer betreten und ihn töten.", erklärte Wolfgang.
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Der gottlose Ritter
Historical FictionDas Mittelalter war eine Zeit voller Krieg und religiöser Unterdrückung. Das einfache Volk arbeitete den ganzen Tag und ging hungrig zu Bett, während die Adeligen Feste veranstalteten. In dieser Epoche wächst Roland Wielus wohlbehütet heran und wähl...