Angespannt betrachteten die Bürger von Rabenfels die vorbeiziehenden Soldaten, an deren Spitze Fürst Bentus ritt. Der Adelige richtete seinen Blick nicht eine Sekunde auf die umstehenden Passanten, sondern hielt ihn auf die Burg gerichtet, die am Ende der gut bepflasterten Straße thronte. Einer der Bewohner trat plötzlich vor das Pferd des fremden Fürsten und schrie mit ausgebreiteten Armen: „Kehrt um! Ihr habt kein Recht, ohne Einladung in Waffen hierher zu kommen."
Doch Bentus richtete den Speer, den er in der rechten Hand hielt, auf die Brust des Mannes und sagte gereizt: „Aus dem Weg, Bauer! Wäre dies hier mein Lehen so hätte ich dich mit der Rute prügeln und anschließend am nächsten Baum erhängen lassen."
Der Bürger trat mit funkelnden Augen zur Seite und ließ den Fürsten und sein Gefolge passieren. Jener hatte nun das Burgtor, das die Festung von dem Rest der Stadt trennte, erreicht und rief: „Herr Wolfgang, ich muss Euch sprechen. Ich möchte Euch viel Ungemach ersparen und mein Anliegen unter vier Augen vorbringen. So bitte ich darum, mir das Tor zu öffnen."
Wolfgang erschien mit Roland und Margret an seiner Seite auf dem Wehrgang und antwortete spöttisch: „Es ziemt sich nicht für einen Fürsten, in eine fremde Stadt zu marschieren und Forderungen zu stellen. Sagt, was wollt Ihr mit einem derartigen Verhalten erreichen? Soll ich angesichts Eurer Streitmacht erzittern und demütig das Tor öffnen? Soll ich einem unangekündigtem Gast, wie Ihr einer seid, meinen feinsten Wein kredenzen und ihm vielleicht noch meine Frau anbieten?"
„So soll es ganz Rabenfels zu hören bekommen. Ihr seid angeklagt, euren Vater ermordet und dessen Thron besetzt zu haben!", lautete die Antwort des Fürsten. Roland beobachtete ihn genauer. Seine Stimme und seine Gesichtszüge wirkten entschlossen und ruhig, dennoch konnte er sehen, wie seine Hände zitterten.
„Wie viele Fürsten und Könige wurden ermordet, um deren Thron zu besetzen? Wie, glaubt Ihr, kamen unsere Ahnen an ihre Macht? Haben sie vielleicht ein Wettrennen veranstaltet? War derjenige der Sieger, der die meisten Humpen Bier leeren konnte? Was meint Ihr?", entgegnete Wolfgang kühl. Auch er wirkte auf den ersten Blick entspannt und Roland konnte keine Anzeichen von Nervosität erkennen.
„Ihr macht es mir nicht leicht. Ich wollte in der Öffentlichkeit nicht so weit gehen, da ich Euren Vater sehr respektierte und sein Vermächtnis nicht schänden will, im Gegensatz zu Euch. Doch Ihr lasst mir keine andere Wahl. Wolfgang Kalhelm, hiermit seid Ihr der Ketzerei und des Freveltums an der Kirche angeklagt. In Kürze wird Euch der Prozess gemacht, bis dahin seid Ihr mein Gefangener im Auftrag unseres Königs.", schrie Bentus aufgebracht. Margret stockte der Atem und auch Roland bekam ein mulmiges Gefühl. Doch Wolfgang lächelte nur und sagte: „Dann sei es so. Was geschieht jedoch mit meinen Untertanen?"
„Sie werden begnadigt, da Ihr sie unter Waffengewalt gezwungen habt, sich unter Eurer schändlichen Herrschaft zu beugen.", antwortete Bentus.
„Was, wenn sie mir freiwillig gefolgt sind? Ihr könnt Eure Karten ruhig offen auf den Tisch legen, denn ich sehe sie bereits. Ich habe gezeigt, dass die Machtgrundlage aller Adeligen, die Kirche, nicht so allmächtig ist wie sie scheint. Meine Taten sind der Beweis dafür, dass Eure Erhabenheit lediglich auf heißer Luft beruht. Denn die Bürger von Rabenfels haben erkannt, dass sie nur ausgenutzt werden, von Fürsten, die sich auf eine nicht existente höhere Entität berufen, gestützt von Priestern, die ihnen jeglichen Zweifel mit Gerede über Glauben und Sünde abgewöhnen. . Indem Ihr mich vernichtet, glaubt Ihr zu beweisen, dass es eine gerechte Strafe Gottes gibt, welche die altbekannte Ordnung wiederherstellt und die Bauern auf ihre Felder zurückkehren lässt." ,offenbarte Wolfgang die Pläne des Fürsten.
Roland konnte beobachten, wie sich die Augen von Bentus weiteten und ihm die Luft wegblieb. Doch er sammelte sich kurz und rief: „Wenn Ihr glaubt, Ihr hättet das Volk auf Eurer Seite, so werde ich Euch vom Gegenteil überzeugen.", danach ritt er wieder gen Stadt.
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Der gottlose Ritter
Historical FictionDas Mittelalter war eine Zeit voller Krieg und religiöser Unterdrückung. Das einfache Volk arbeitete den ganzen Tag und ging hungrig zu Bett, während die Adeligen Feste veranstalteten. In dieser Epoche wächst Roland Wielus wohlbehütet heran und wähl...