Kapitel 10

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Als Roland am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich niedergeschlagen und war innerlich hin-, und hergerissen. Er hatte bereits hinterfragt, warum überhaupt Krieg geführt wurde, war bisher jedoch zu keinem Schluss gekommen. Als er sich aufsetzte, fühlte er sich ein wenig besser, was sich jedoch schlagartig änderte, als er aus dem Fenster blickte. Auf dem weiten Flachland um die Burg herum hatte sich eine Armee von Soldaten versammelt. Man konnte die Schwerter und der Morgensonne funkeln sehen, die Befehle der Anführer hören und die Banner des Fürsten Meisher flatterten über ihren Köpfen im Wind. Im selben Augenblick stürzte ein Diener in Rolands Gemächer, welcher bereits dessen Waffen und Rüstung mit sich trug. Eilig legte er diese an und stürmte zur Mauer. Dort hatten sich bereits viele bewaffnete Männer versammelt, doch Fürst Kalhelm, der keine Waffen trug, richtete das Wort an die Belagerer.

„Was in Gottes Namen soll das werden? Der Krieg ist vorbei!", schrie er mit seiner heiseren Stimme.

„Der Krieg ist noch nicht vorbei. Eure Männer haben Fürst Galarider getötet und seine Familie vertrieben. Dafür wollen wir euren Kopf rollen sehen. Vielleicht dient er mir später als Humpen, wenn ich auf meinen Sieg anstoße.", spottete ein Mann auf einem Schimmel, der nun auf das Burgtor zuritt. Er trug edle Gewänder aus feinen Stoffen und war ebenfalls unbewaffnet. Sein langes, blondes Haar wehte im Wind, er trug einen Schnurrbart und hatte braune, lebhafte Augen. Sein Gesicht war bleich und mager, seine ganze Gestalt war die eines Menschen, der die meiste Zeit seines Lebens in einer Burg verbracht hatte, ohne diese jemals verlassen zu haben.

„Seht euch eure Männer an. Ein zusammengewürfelter Haufen, Bauern und Handwerker rekrutiert von euren dickbäuchigen Rittern die seit Jahren nicht mehr gekämpft haben. Wenn ich sie mir ansehe, dann erblicke ich Furcht in ihren Augen. Sie sind nur die Lämmer eines gelangweilten Fürsten, der sie zur Schlachtbank führt. Ich habe Mitleid mit ihnen und mache dir deshalb folgenden Vorschlag: Duelliere dich mit mir und der Sieger soll Rabenfels erhalten.", sagte nun Fürst Kalhelm feierlich.

Fürst Meisher zuckte zusammen, dachte kurz nach und schrie dann: „Zum Angriff!"

Nur Augenblicke später hagelten mehrere Salven von Pfeilen auf Roland und seine Kameraden hinab und Leitern wurden diesmal an den Mauern der Burg Rabenfels angebracht. Doch Kalhelms Männer waren vorbereitet und warfen bereits große, scharfkantige Steine auf die Feinde. Lange Zeit konnten diese die Mauern nicht erklimmen, doch schließlich schaffte es ein Trupp und die eigentliche Schlacht begann. Roland stürmte auf einen Soldaten zu und stieß ihn mit seinem Schild von der Mauer. Dieser fiel schreiend zu Boden, bis er mit einem dumpfen Knall landete. Hinter Roland kämpfte währenddessen Wolfgang mit zwei Gegnern gleichzeitig. Zwar kämpfte er verbissen, dennoch war er unterlegen und froh, als sich sein alter Freund dem Kampf anschloss. Roland packte den Größeren an der Schulter, stieg ihm mit dem Fuß in die Kniekehle und zog ihm sein Schwert über die Kehle. Der Soldat fiel gurgelnd zu Boden und Roland widmete seine Aufmerksamkeit nun dem nächsten Gegner. Dieser hatte Wolfgang zu Boden geworfen und holte nun mit dem Schwert zum Gnadenstoß aus. Doch Roland warf sich in letzter Sekunde dazwischen und wehrte den Schlag mit dem Schild ab, konterte jedoch gleichzeitig mit einem Streich gegen den Helm des Feindes. Dieser duckte sich und schlug Roland blitzschnell gegen den Helm. Ein lauter Knall ertönte, das Schwert schlug ein Stück aus dem Helm heraus und fügte ihm eine klaffende Wunde am Kopf zu. Roland wurde vor Schmerz beinahe ohnmächtig, konnte sich aber zusammenreißen. Dennoch fiel er kraftlos zu Boden, während sein Gegner sein Schwert hob, um ihn endgültig zu töten. Plötzlich tauchte Wolfgangs Kopf hinter den Schultern des Ritters auf, gefolgt von seiner Klinge, die dieser durch den Nacken des Feindes gestoßen hatte und welche nun aus dessen Kehle hervorragte. Roland fand noch die Kraft, seinem Freund dankbar zuzulächeln, dann wurde er bewusstlos.

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt