Kapitel 21

38 6 13
                                    

Akkon war von mächtigen Mauern, die von Türmen geschützt wurden umgeben und hatte einen Zugang zum Meer, der eine ideale Möglichkeit dafür bot, sich Vorräte liefern zu lassen oder im Falle einer Eroberung die Stadt zu evakuieren. Diese Eigenschaften machten die Stadt zu einem idealen Stützpunkt für den weiteren Verlauf desKrieges. Vor den Mauern waren die Lager der Kreuzfahrer errichtet worden, besonders stach die Flagge Englands hervor, unter der Richard Löwenherz nach Jerusalem geritten war. Doch nicht nur Engländer waren unter den Belagerern, auch Franzosen und Deutsche wollten Akkon erobern. Roland und seine Truppen wurden von Fürst Kandler empfangen, der sie mit einem falschen Lächeln begrüßte: „Nun, da die Stadt so gut wie erobert ist, kommt hinzu, Herr Wielus und Herr Kalhelm. Wie ich sehe spielt Haasten, dieser Primat, das Kindermädchen für eure Truppen. Wie praktisch, nun werden nur die meisten eurer Männer sterben. Kommt, begrüßt doch mit mir den Kaiser von Österreich!"

Wolfgang nahm die Begrüßung gelassen hin, was für ihn untypisch war und spottete: „Mutige Worte für ein Weichei wie Euch! Die Söldner, die Ihr angeheuert habt, scheinen ihre Schwerter noch in ihren Scheiden und nicht in euren Rücken gesteckt zu haben. Gratulation, offensichtlich stört es sie nicht, wenn sie von einem Mann in die Schlacht geführt werden, der noch nicht einmal eine Lanze heben kann."

Kandlers Gesicht wurde rot vor Zorn, denn es war ihm bewusst, dass er körperlich sehr schwach war und es alte Männer gab, die ihn in puncto körperlicher Kraft übertrafen. Das beste Beispiel dafür, Fürst Haasten, trat nun vor, packte ihn an der Kehle und knurrte: „Wenn euer Vater nicht so reich gewesen wäre und Euch seine Reichtümer nicht vererbt hätte, würdet Ihr jetzt zitternd in eurem Schloss sitzen. Seid Euch dessen stets bewusst, wenn Ihr über andere spottet!"

Mit diesen Worten schleuderte er ihn in den Staub, wo er sich keuchend den schmerzenden Hals hielt. Als nun Ferdinand hinter Haasten hervortrat, schien sich Kandler aber sofort erholt zu haben, rappelte sich auf, breitete die Arme aus und sagte feierlich: „Es freut mich stets, einen Mann von eurem Orden zu sehen, Templer. Erlaubt mir, Euch das Lager zu zeigen, dort findet Ihr sicher ein Kreuz zum Bespucken. Falls Ihr wollt kann ich Euch aber auch ein kleines Zelt anbieten, in dem Ihr eure Götzen anbeten könnt."

Ferdinand reagierte, falls er provoziert oder beleidigt wurde, selten mit etwas anderem als einem Schulterzucken oder einem verächtlichen Schnauben. Falls er die Gelegenheit hatte, rächte er sich bei Bedarf manchmal Jahre später, wenn sein Opfer die Beleidigung selbst bereits vergessen hatte. Dies geschah bisher jedoch nur ein einziges Mal, doch diese Geschichte sollte Roland erst später hören. Nun aber wurde der Templer still, man konnte jedoch den Zorn in seinen Augen sehen, denn nun stellte er sich vor den Fürst, lächelte, holte aus und schlug diesem auf die Nase. Kandler fiel bewusstlos zu Boden, während Ferdinand vor ihm auf den Boden spuckte, um seine Verachtung zu zeigen und begab sich zu einem Platz, an dem mehrere Männer trainierten. Der Fürst wachte erst auf, als sich seine Söldner um ihn aufgestellt hatten und ihn auslachten. Doch einige fragten sich tatsächlich, ob es sinnvoll war, für einen Mann in den Krieg zu ziehen, der so schwach war, dass er bereits nach einem Schlag zu Boden ging.

Dann erinnerten sie sich jedoch wieder daran, dass sie gut bezahlt wurden und vergaßen in ihrer Gier ihre Zweifel. In der Zwischenzeit hatte sich Roland im Lager umgesehen und sogar einen Blick auf Richard Löwenherz geworfen, der in einem Zelt eine Karte von Jerusalem, die er auf einem kleinen Holztisch ausgebreitet hatte, mit einigen Generälen betrachtete. Anscheinend plante er bereits seine weitere Route, was Roland verwunderte, da Akkon noch immer im Belagerungszustand war und die Einwohner sich bisher tapfer gegen ihre Angreifer gewehrt hatten. Dann sah er Ferdinand und Roderick auf einem kleinen Platz trainieren. Der Templer hatte ein einfaches Holzschwert, während sein Übungspartner seinen eigenhändig aus Eichenholz gefertigten Zweihänder trug. Ferdinand hatte sich gerade unter einem Schlag des Hünen geduckt und fegte ihm mit einem Tritt die Beine weg. Roderick stürzte zu Boden, stand aber sofort wieder auf und schwang sein Schwert nun von rechts nach links. Roland fiel dabei auf, wie die Adern an seinen Armen und an seinem Hals hervortraten. Ferdinand schlug sein Schwert diagonal gegen das seines Gegners, doch er hatte Rodericks Kraft unterschätzt und konnte den Schlag nicht aufhalten, sodass ihm nicht nur seine Waffe aus der Hand geschlagen wurde, sondern auch seine Brust getroffen wurde. Für einen kurzen Moment lag nun der Templer keuchend im Sand, doch auch er stand sofort wieder auf, hob das Übungsschwert auf und stürmte auf Roderick zu. Als dieser sein Schwert über den Kopf hob, um den Kampf mit einem vernichtenden Schlag zu beenden, sprang Ferdinand vor, rammte seinen Fuß in den Boden und nutzte den Schwung, um seinem Gegner mit dem Knauf auf zwischen die Augen zu schlagen. Roderick wurde umgeworfen und fiel wie ein Sack Getreide in den Sand. Als sein Gegner keine Anstalten machte aufzustehen, entspannte sich Ferdinand, bedankte sich für die gute Übungsgelegenheit und ging zurück in sein Zelt. Roderick setzte sich kurz danach auf und sah sich verwundert um, denn er wollte eine Revanche von dem Templer, der plötzlich verschwunden war. Dann sah er Roland, stand auf und fragte ihn: „Wo ist dieser feige Templer? Ich bin noch nicht mit ihm fertig, er kann sich nicht ewig vor mir verstecken! Kämpfen kann er allerdings ausgezeichnet und wegstecken auch einiges. Mein Schlag hat ihm ziemlich zugesetzt, doch er war sofort wieder auf den Beinen und hatte immer noch viel Energie. Doch obwohl ich diese Runde verloren habe, bin ich bereits wieder fit, er jedoch noch nicht."

Gemeinsam spazierten sie nun durch das Lager und beobachteten die Soldaten, die ihre Waffen und Rüstungen polierten, die Schmiede, die Schwerter reparierten und die Generäle, die ihre Befehle brüllten. Schließlich fragte Roland: „Was glaubst du passiert mit dir, wenn du in diesem Krieg stirbst? Kommst du in den Himmel?"

Roderick lachte und sagte: „Du bist immer so nachdenklich, Roland. Das ist natürlich eine gute Eigenschaft, doch es wäre nicht schlecht, wenn du irgendwann einmal eine Antwort auf all deine Fragen findest. Schon in Berklung hatten wir ein ähnliches Thema besprochen und mir scheint, du hast dich seitdem nicht großartig weiterentwickelt. Nun zu deiner Frage, obwohl ich mir sicher bin, dass du die Antwort bereits kennst. Wenn ich in diesem Krieg sterbe, komme ich weder in den Himmel noch in die Hölle. Fakt ist, dass niemand genau sagen kann, was nach unserem Tod passiert. Mir ist schon klar, dass viele glauben, dass Gott uns in sein Reich aufnimmt, doch diesen Schwachsinn, der in der Bibel steht, glaube ich nicht. Es ist jedoch möglich, dass es eine Allmacht gibt, die uns erschaffen hat und vielleicht auch lenkt. Ich bleibe bei der Theorie, dass man es nicht gewiss sagen kann und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht, ob ich nach meinem Tod in der Hölle schmore oder in ewiger Finsternis bin. Für mich ist die Gegenwart wichtig. Von mir aus kann meine Seele auf ewig in der Hölle brennen oder im Himmel in Frieden leben. Es hat keinen Einfluss darauf, was ich jetzt, hier auf der Erde, mache, deshalb ist es mir gleich. Reicht dir das als Antwort?"

Roland antwortete: „Ja, das reicht mir. Danke für das Gespräch."

Dann ging er in sein Zelt um darüber nachzudenken, ob ihn zum Zeitpunkt seines Todes tatsächlich ein Gott erwartet oder ob er in eine ewige Finsternis fallen würde.

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt