Kapitel 8

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Die Soldaten an den Mauern konnten gerade noch sehen, wie die Steine über ihre Köpfe hinweg in den Hof flogen, als sie selber bereits von einer Salve Pfeilen getroffen wurden. Der Angriff war bereits im vollen Gange, denn der Fürst Galarider hatte an jenem Morgen seine Männer nicht in die Schlacht geführt und ohne dessen geniale Strategien war die Burg verloren. Kalhelms Männer hatten bereits die Belagerungsmaschinen, darunter Katapulte, aufgebaut und ließen nun große, scharfkantige Steine und Pfeile auf die Feinde herabregnen. Diese hatten sich bereits verschanzt, im Hof standen die Soldaten bereit, während die Bogenschützen das Feuer erwiderten. Die Burg stand auf einem Hügel, vorne war ein freies Feld mit einer Straße, die in diese führte, während hinter und neben der Festung ein dichter Wald war. Ein hoher Wall zog sich rechteckig um den Hof, auf der Seite der Straße waren zwei Türme an den Ecken, hinten war ein riesiger Burgfried.

Roland war unter denjenigen, die an riesigen Leitern die Mauern erklimmen sollten, um die Bogenschützen auszuschalten und die Männer, die den Rammbock benutzten, und das gewaltige Tor aufzubrechen, zu beschützen. Gemeinsam mit Wolfgang war er in den hinteren Reihen, denn das Aufstellen der Leitern war sehr gefährlich. Als diese jedoch endlich an der Wand lehnten, erklommen die Soldaten mit den Schilden über dem Kopf, diese langsam. Zwar gossen die Feinde heißes Pech über sie oder warfen Steine herunter, doch die Männer waren wild entschlossen, die Festung einzunehmen und so konnten sie mit einigen Verlusten den Wall erklimmen. Als Roland das Ende der Leiter erreicht hatte, wütete die Schlacht um ihn herum bereits und so warf er sich in das Getümmel. Sein erster Gegner, ein Soldat mit einem Speer, wurde von ihm sofort mit einem mächtigen Schlag seines Schildes in den Hof geworfen. Als Roland sich umsah, erblickte er einen der Elitekämpfer des Fürsten Galarider, welcher mit einem Zweihänder gegen Balthasar kämpfte. Er eilte seinem Waffenmeister zu Hilfe, doch da hatte dieser seinen Gegner bereits mit einem wilden Schwung seines Schwertes geköpft und stützte sich nun keuchend an der Mauer ab. Roland sah sich erneut um. Überall hörte man das Klirren der Waffen, die Schrei der Verwundeten und den regelmäßigen Knall des Rammbocks, welcher an den Herzschlag eines Menschen erinnerte. Plötzlich gab das Tor nach und der wahre Kampf begann erst jetzt. Denn die Soldaten im Inneren des Hofes, die mitansehen mussten, wie ihre Kameraden auf den Wällen abgeschlachtet wurden, stürzten sich nun mit lautem Geschrei auf ihre Feinde. Roland hatte sich in der Zwischenzeit gemeinsam mit Balthasar zu dem Burgfried vorgekämpft, doch nun hatte sich ihnen ein Gegner in den Weg gestellt, wie ihn Roland nie zuvor gesehen hatte. Ein gewaltiger Ritter, dessen Helm mit Hörnern verziert war, hatte, mit einer Streitaxt bewaffnet, drei ihrer Soldaten blitzschnell getötet und stellte sich nun ihnen entgegen.

„Ich suche Hauptmann Clamming.", sagte er mit drohender Stimme.

„Dann solltest du in den Hof herunterspringen!", sagte Balthasar und steckte sein Schwert in die Scheide. Denn er kannte den Ritter gut und war ein alter Freund.

„Er hat eine Gruppe von Auftragsmördern in die Burg geschickt, die wie Feiglinge über unsere Mauern kletterten und unseren Herrn vergifteten. Ich habe akzeptiert, dass ihr uns nun besiegt, aber er soll wenigstens dafür mit seinem Leben bezahlen!", brüllte der riesenhafte Ritter.

„Die Geschichten über ihn sind tatsächlich wahr, alter Freund. Er ist zwar ein guter Kämpfer, aber im Herzen feige und kennt weder Gnade noch Ehre. Zudem ist er ein Heide. Ich verspreche dir, dass, wenn du diesen Kampf nicht überleben solltest, ich ihn zu Rechenschaft ziehen werde. Roland war ganz verblüfft, dass Balthasar, der bisher so tapfer gekämpft hat, nun mit dem Feind sprach als wäre er in einer Taverne. Doch als er den riesigen Ritter betrachtete, der in wenigen Sekunden drei Männer getötet hat, beschloss er, es Balthasar gleich zu tun.

Er warf einen Blick in den Hof. Dort hatten Galariders Männer gewaltige Verluste erlitten, konnten aber dennoch ihre Feinde zurückdrängen. Gelegentlich konnte man Rodericks Klinge aufblitzen sehen, im nächsten Augenblick war sie aber schon auf seine bedauernswerten Gegner niedergesaust. Da erschollen Clammings Befehle und die Soldaten bildeten zwei Reihen, wobei die erste ihre Schilde nutzte, um den Feind zurückzudrängen, während die zweite mit ihren Speeren und Schwertern durch die Lücken stieß. Diese Taktik ging auf, denn nun hatten Clammings Männer wieder die Oberhand und töteten die letzten Soldaten Galariders. Plötzlich erschien Heinrich auf der Mauer und sah Roland und Balthasar friedlich neben dem riesigen Ritter stehen, zog jedoch sein Schwert, schrie „Achtung!", und stürmte sogleich auf diese zu. Doch sein Herr sagte: „Beruhige dich, die Schlacht ist gewonnen, du musst diesen Ritter nicht mehr bekämpfen."

Heinrich blieb verwirrt stehen, akzeptierte jedoch den Befehl. Nun trat der Ritter vor, warf seine Axt zu Boden und ergab sich seinem Schicksal. Sein Herr war tot, seine Heimat von Fremden erobert und so konnte er sich nur ergeben, wenn er ein ehrenhafter Mann war.

Balthasar führte ihn in den Hof, wo er jedoch von Clamming aufgehalten wurde.

„Keine Gefangenen.", sagte er nur.

„Verdammter Heide! Möge der Teufel dich herzlich in der Hölle willkommen heißen, wenn du endlich einmal stirbst!", knurrte er, dann wandte er sich an die Menge, „Dieser Mann ist ein Galgenvogel, der in seiner Heimat zehn Mönche und einen Priester getötet hat. Er ist nur ein hinterlistiger Schurke und ein Heide und Christenmörder obendrauf!"

Ein empörtes Raunen ging durch die Menge, bis einer die Stimme erhob: „Hauptmann, ist das wahr?"

Clamming nickte, sagte dann aber: „Männer, wie oft habe ich euch schon gerettet? Wie viele Kämpfe habt ihr mit meiner Hilfe gewonnen? Ich bin immer noch der gleiche Anführer, auch wenn ihr nun alle meine Vergangenheit kennt...."

„Schweigt, Elender! Das ist ein Fall fürs Gericht, doch dieses wird nicht hier stattfinden. Bis wir wieder in Rabenfels sind, seid ihr jedoch ein Gefangener! Nun aber zu dem edlen Herrn hier. Er hat nur seine Pflicht erfüllt, deshalb soll er von meiner Seite Gnade erhalten. Doch auch diese Entscheidung liegt nicht an mir. Die Männer sollen entscheiden, was mit ihm geschieht."

„Tötet ihn!", schrien einige, andere hielten sich zurück, doch ein paar stimmten Balthasar zu. Doch diejenigen, die dem Riesen den Tod wünschten, waren in der Überzahl und so wurden dem Ritter Helm und Rüstung abgenommen und er wurde gezwungen, sich hinzuknien.

„Ich verlange einen ehrenhaften Tod, diejenigen, die meinen Tod wünschen, sollen versuchen, mich umzubringen!", sagte dieser jedoch mit ruhiger Stimme.

Doch die Männer lehnten dies ab, denn sie hatten ihn kämpfen sehen und waren zu feige, sich ihm entgegen zu stellen. Clamming trat nun vor, doch er wurde zurückgehalten und so kam nun Roderick, denn er war der einzige, der ein Beil zu schwingen vermochte, und schlug dem Riesen den Kopf ab. Die Soldaten schrien belustigt auf, Roland drehte sich jedoch weg, denn ihn widerte dieses Schauspiel an.

Er fragte Balthasar: „Warum bekommt Clamming eine Verhandlung, während dieser stolze Recke sterben muss?", woraufhin Balthasar den Kopf schüttelte und sagte: „Glaubst du Clamming wird es anders ergehen?"

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt