Kapitel 18

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Roland wachte auf und wunderte sich, warum es in seinen Gemächern so drückend heiß war. Er hatte sich noch nicht daran gewöhnt, hier, fern der Heimat, zu leben, doch damit war er immerhin nicht allein. Vor allem die anderen Soldaten, die stets ihre Rüstungen trugen, litten sichtlich, doch da sie ausreichende Wasservorräte hatten, gab es zumindest niemanden, der verdursten musste. Als Roland sein Zelt verließ, sah er wie Ferdinand sein Schwert auf einem am Boden ausgebreiteten Teppich schärfte. Der Templer wirkte unglaublich konzentriert, es war, als schliefe er mit offenen Augen, doch als der Ritter sich ihm näherte, blickte er sofort auf.

„Habt Ihr einen Wunsch, Herr Wielus?", fragte er sarkastisch.

„Ich möchte von Euch wissen, warum Ihr euch einem kirchlichen Orden verschreibt, obwohl Ihr nicht an Gott glaubt. Würdet Ihr mir das beantworten?", fragte Roland gereizt.

„Wie ich es Euch bereits erklärt habe, bin ich hier vor der Kirche am sichersten. Außerdem ist mein Orden nicht so, wie er scheint. Im Prinzip kann ich hier machen was ich will, solange ich nur gelegentlich ein paar hirnlose Pilger vor Banditen rette. Ihr sagtet übrigens letztens, dass Ihr kein Freund der Kirche seid. Glaubt Ihr an einen Gott?", antwortete der Templer.

„Ich finde es falsch, dass Priester ihre Macht dazu nutzen, um Herrscher zu manipulieren und das Volk gegen bestimmte Leute aufzuhetzen. Ein Freund von mir, Arthus Clamming, wurde zum Tode verurteilt, weil er mehrere Mönche ermordet hat. Doch diese hatten einige seiner Gefährten, Anhänger eines Kriegerstammes, hinrichten lassen, weil diese sich nicht zum katholischen Glauben bekehren lassen wollten. Trotz alledem bin ich mir nicht sicher, ob es nicht doch einen Gott gibt. Irgendwer muss das alles doch erschaffen haben und nur weil die christlichen Werte falsch ausgelegt wurden, bedeutet das noch lange nicht, dass sie verwerflich sind.", sagte Roland.

„Sehr weise gesprochen. Doch diese Gedanken solltest du mit niemandem teilen, der an Gott glaubt.", ertönte plötzlich Balthasars Stimme hinter ihnen.

„Was sind Eure Ansichten? Ihr habt bestimmt schon viel von der Welt gesehen und ich möchte meinen, dass jemand mit euren Erfahrungen uns nur zustimmen kann.", sagte Ferdinand neugierig.

„Wenn ich Worte wie die eurigen vor einem Jahr vernommen hätte, wäre mein Schwert wohl die Antwort gewesen. Doch Clamming, dieser Bastard, hat mich zum Nachdenken angeregt. Er war egozentrisch und gefühllos, dennoch sahen alle zu ihm auf und auch wenn er an keine göttlichen Mächte glaubte, so schien es doch manchmal, als hätte der Herr selbst seine Klinge geführt. Ich spreche da aus Erfahrung, Herr Ferdinand, denn ich war es, der sein Todesurteil in einem Zweikampf vollstreckte. Übrigens Roland, einer der Gründe, aus denen ich Rabenfels verließ, war Jakob, dieser heuchlerische Gebetssack. In Frostspitze wird die Religion als eher unwichtig angesehen, man erkennt deutlich Haastens Einfluss, denn er stammt aus dem Norden und hat einen anderen Glauben. Er glaubt noch an mehrere Götter, zum Beispiel den Donnergott Thor oder den Göttervater Odin und er hat einige Anhänger unter seinen Männern. Ich stimme Roland übrigens nicht zu, obwohl die christlichen Werte einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben.", erklärte Balthasar.

„Aber der Glauben an mehrere Götter ist doch heidnisch. Der wahre Glauben bezieht sich auf einen Gott.", warf Roland ein.

„Ihr seid ein Narr, Herr Wielus. Monotheismus ist ebenso närrisch wie das von Euch so genannte Heidentum. Ein Mensch, der wahrhaft stark ist, benötigt keinen allmächtigen Beschützer.", unterbrach sie Ferdinand.

„Sagt, Templer, habt Ihr einen Glauben?", fragte ihn Balthasar und musterte ihn. Ferdinand war groß, etwa so groß wie Roland, doch er hatte etwas breitere Schultern und wirkte generell muskulöser. Sein Haar war auch schwarz und die Augen beider waren braun, doch der Templer wirkte jünger, obwohl er tatsächlich zwei Jahre älter war.

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt