Kapitel 32

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Keuchend schleppten die Männer die schweren Getreidesäcke den Berg hinauf, während sie von Wolfgang mit harten Worten angetrieben wurden. An ihren Hälsen traten bereits die Adern hervor und ihre Gesichter liefen rot an, dennoch mussten sie immer weiter. Diese Übung sollte zwar dazu dienen, die Körper der Bauern zu stählen und das Limit eines gewöhnlichen Menschen zu überschreiten, doch nur drei von zwanzig Bürgern konnten dem enormen Leistungsdruck standhalten. Als Wolfgang sah, wie einer nach dem anderen ächzend zusammenbrach, rief er begütigend: „Ich sehe, dass ihr dieser Aufgabe noch nicht gewachsen seid. Deshalb könnt ihr aufhören und euch ausruhen. Bedenkt, dass dies kein Versagen, sondern ein Zeichen dafür ist, dass wir mehr trainieren müssen!"

„Seid Ihr von Sinnen? Welcher Sinn steckt dahinter, derartig schwere Säcke auf einen Berg zu schleppen? Ich dachte, Ihr würdet uns von unserer knochenharten Arbeit erlösen, stattdessen belastet Ihr uns noch mehr!", beschwerte sich einer der Bürger schwer atmend.

„Ich habe euch von der Tyrannei, nicht von Arbeit befreit! Ohne diese würde die Welt nicht funktionieren, davon kann man nicht einfach erlöst werden. Wenn ihr Erlösung sucht, so sucht Jakob auf, aber lasst mich damit in Ruhe. Ich möchte euch stärker machen, körperlich wie auch geistig. Ein neues Zeitalter verlangt neue Menschen, die den vorherigen überlegen sind. Deshalb sind diese Übungen so wichtig. Außerdem seid ihr alle freiwillig hier, niemand wird gezwungen zu bleiben.", erwiderte Wolfgang.

„Euch scheint es gleichgültig zu sein, ob wir in Rabenfels bleiben oder nicht. Was ist das für ein Anführer, dem seine Gefolgsleute egal sind?", fragte einer der intelligenteren Bürger.

„Mir ist es nicht gleichgültig, es geht darum, dass ihr meiner Ideologie folgt. Ihr sollt aus jener eure Kraft beziehen, nicht von mir. Anderenfalls würde nach meinem Tod alles wieder seinen gewohnten Gang gehen, zurück zu Schwäche und Unrecht.", erklärte der Fürstensohn. Der Bürger dachte kurz nach, sagte jedoch nichts mehr und nickte anschließend zustimmend. Dennoch konnte man den Unmut der Gruppe bemerken, die allmählich begann, Wolfgangs Führungsstil anzuzweifeln. Auch jener war sich inzwischen unsicher, ob sich seine Ideologie letztendlich nicht als zu utopisch herausstellen würde. Denn obwohl die meisten seiner Anhänger bei den körperlichen Übungen Schwierigkeiten hatten, so waren die meisten mit den Denkaufgaben völlig überfordert. Sie waren es bisher gewohnt, dass der Priester Jakob ihnen alles, was sie über die Welt wissen mussten, erklärte, doch nun mussten sie selber nachdenken. Jakob und Roland berichteten Wolfgang regelmäßig darüber, dass viele vor allem ein Problem mit der Kritik an diversen Schriften hätten. Wenn sie bereits ein vollkommenes Werk, die Bibel, hätten, wofür sollten sie sich mit anderen, fehlerhaften Büchern auseinandersetzen, so ihre Worte. Dies verstärkte Wolfgangs Zweifel daran, dass er einen Staat voller überlegener Menschen wirklich erschaffen konnte.

Zurück in Rabenfels wartete bereits Margret freudig auf ihren Mann, den sie sogleich fragte: „Warum machst du so ein betrübtes Gesicht? Du solltest frohlocken, denn du konntest deine Träume verwirklichen und hast das Volk von der Tyrannei befreit."

„Ich habe sie mit dem Ziel, bessere Menschen aus ihnen zu machen, befreit! Doch nun erkenne ich allmählich, dass es hoffnungslos ist. Die einen sind zu blöd, die anderen zu schwach.", beklagte sich Wolfgang, während sie gemeinsam durch das Schloss spazierten.

„Jeder hat andere Begabungen, mein Liebster. Es kann nicht jeder stark und intelligent gleichzeitig sein. Stärke sie in dem, was sie können, du konzentrierst dich zu sehr auf ihre Schwächen! Außerdem brauchen sie Zeit, selbst du warst jahrelang in Ausbildung. Sie haben bereits den Willen, den haben sie dir gezeigt, als sie in Rabenfels geblieben sind, in der Hoffnung auf ein gerechteres, besseres Leben!", versuchte Margret Wolfgang zu beruhigen.

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt