Kapitel 29

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„Das ist Wahnsinn! Hat dir die Hitze dein Gehirn verbrannt? Du willst deinen eigenen Vater ermorden und dich selbst zum Herrscher von Rabenfels ernennen? Überlege doch einmal, welche Konsequenzen diese Handlung haben könnte! Sobald die anderen Fürsten davon Wind bekommen, wirst du tot sein", brüllte Haasten zornig. Erneut verlor er die Beherrschung und seine wilde, ungezähmte Seite trat zum Vorschein. Der ansonsten ruhige, analytische Denker wurde durch ein heißblütiges Tier ersetzt, diese Verwandlung geschah innerhalb von Sekunden.

„Mein Entschluss steht fest, Fürst Haasten. Ich wollte lediglich sicherstellen, dass Ihr mir nicht in die Quere kommt. Hier geht es um etwas wichtigeres als mein Leben, Roland und ich werden diese Welt von Faul- und Feigheit befreien und dem gemeinen Volk einen neuen Weg zeigen, fernab von Unterdrückung und geistiger Armut.", erwiderte Wolfgang ruhig.

„Mich hat noch nie interessiert, was die Fürsten jenseits meines Reiches treiben, doch wenn du damit anfängst, sie alle zu töten, dann wirst du meine Bedenken hoffentlich verstehen. Ein solches Unternehmen ist meiner Meinung nach zu leichtsinnig und es wird nichts anderes als Tod und Leid nach sich ziehen!", schrie Haasten.

„Mit genügend Geschick und Besonnenheit kann man alles schaffen! Wenn ich meinen Vater stürze, wird das Volk auf meiner Seite sein und auch wenn dieses gegenüber den Fürsten keine Macht hat, so sind diese wiederum machtlos ohne ihre Untertanen! Wenn sich das Volk gegen sie auflehnt, inspiriert durch unsere Tat, so werden auch sie früher oder später gestürzt und ein neues Zeitalter wird anbrechen!", argumentierte Wolfgang.

„Edle Worte, doch bei genauerer Überprüfung stellen sie sich als hohl heraus! Das gemeine Volk würde mit einer derart radikalen Veränderung nicht klarkommen, sie wären nur verwirrt, was der Sicherheit der Kirche, die hinter den Fürsten steht, Tür und Tor öffnet. Außerdem werden sie einem Vatermörder gegenüber nicht sehr aufgeschlossen sein. Du hast dir offensichtlich Gedanken gemacht, doch du hast nicht genügend Weltkenntnis!", versuchte Haasten, der sich wieder beruhigt hatte, Wolfgang umzustimmen.

„Mein Entschluss steht dennoch fest. Man sollte niemals jemanden unterschätzen, vielleicht werden wir ja überrascht! Man sollte seine wahren Fähigkeiten erst dann offenbaren, wenn die Zeit reif ist und vielleicht sind die Gemeinen schlauer als Ihr denkt!", beendete Wolfgang das Gespräch und verließ das Zelt.

„Was sagst du dazu, Roland? Du scheinst Zweifel an eurem Erfolg zu haben.", fragte Haasten nachdenklich.

„Ich unterstütze Wolfgang bei seinem Plan, dieses unterdrückende System, bei dem sich wenige Fürsten und Geistliche an der Arbeit von Gemeinen laben, während diese leer ausgehen, zu zerschlagen. Auch gegen sein radikales Vorgehen habe ich nichts einzuwenden, da wir sonst zu wenig Aufmerksamkeit bekommen würden. Was mir Sorgen bereitet, ist was danach kommt. Wolfgang spricht von einem neuen System, das er dem Anschein nach erfunden hat, doch ich weiß nicht, wie dieses im Detail aussehen wird. Ich habe die Befürchtung, dass er Werte wie Mitgefühl oder Nachsicht außer Acht lassen wird, so wie ich ihn kenne. Wolfgang ist außergewöhnlich stark und intelligent, zudem hat er einen starken Willen und eine unglaubliche Ausdauer, doch er erkennt nicht, dass wenige so sind wie er. Faule oder dumme Leute stellen für ihn ein Problem dar, deshalb weiß ich nicht, wie er mit diesen umgehen wird.", antwortete Roland.

„Wolfgang kann sehr brutal sein, ich verstehe was du meinst. Doch du musst bedenken, dass er dich wahrscheinlich in allen Sachen zu Rate ziehen wird. Das verschafft dir die Möglichkeit, ihn zu beeinflussen und von grausamen Handlungen abzusehen.", beruhigte ihn Haasten.

„Verlangt Ihr, das Vertrauen meines Freundes zu missbrauchen und ihn nach meinem Urteil zu manipulieren? Das macht mich nicht besser als jene Leute, die ich stürzen will!", erwiderte Roland gereizt.

„Denk darüber nach, junger Ritter! Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du meinen Ratschlag beherzigen.", sagte Haasten lächelnd und gemeinsam verließen sie das Zelt. Der alte Fürst ging in Richtung der Stadt, Roland hingegen blieb begab sich zum Übungsplatz. Nach einer Weile erschien der Templer Ferdinand und deutete ihm mit einem Nicken, dass er ihm folgen sollte. Er führte ihn zu einem abgelegenen Zelt und begann ein Gespräch.

„Ich weiß von eurem Vorhaben, den Fürsten von Rabenfels zu stürzen und seinen Platz einzunehmen! Das ist ein gewagter Schritt und dafür braucht man jemanden, der loyal ist und im Umgang mit dem Schwert geübt ist.", sagte er grinsend.

„Worauf willst du hinaus? Woher weißt du überhaupt davon?", fragte Roland misstrauisch.

„Haasten hat eine sehr laute Stimme und ich war zufällig in der Nähe eures Zeltes. Doch seid unbesorgt! Ich wollte damit eigentlich sagen, dass ich euch im Auftrag von Fürst Haasten unterstützen werde. Damit gibt er euch seinen Segen dazu, Rabenfels zu erobern.", beantwortete er die Fragen.

„Wieso kann Haasten Euch Befehle erteilen? Ihr seid ein Templer!", warf Roland ihm vor.

„Ich wuchs bei ihm als Knappe auf, bis er mich hierher schickte. Der Fürst hat mir viel beigebracht, sei es der Schwertkampf oder das Lesen, anders als die anderen Adeligen, die dafür Lehrer haben. Deshalb bin ich ihm treu ergeben und ich finde eure Idee, einen Wandel in der Gesellschaft herbeizuführen, sehr gut. Ihr, Herr Wielus, müsst jedoch Wolfgang davon überzeugen, dass ich euch begleiten kann!", erklärte der Templer.

„Dem werde ich nachkommen. Ich freue mich über Eure und damit auch Haastens Unterstützung, wir werden jeden guten Kämpfer brauchen. Überlasst Wolfgang unbesorgt mir!", sagte Roland, ließ den Templer stehen und suchte seinen Freund sogleich auf. Dieser war gerade im Gespräch mit Balthasar in der Nähe der Stadtmauern, rief jedoch als er ihn sah: „Auch unser alter Meister wird uns begleiten! Wir werden jeden starken Arm brauchen, wenn wir meinen Vater töten wollen."

„Haasten hat uns auch seine Unterstützung zugesagt! Sie wird dir jedoch nicht gefallen. Es ist Ferdinand, er war als Knappe in Frostspitze und steht somit unter dem Befehl des Fürsten.", sagte Roland vorsichtig.

Wolfgangs Mundwinkel verzogen sich sofort nach unten und sein Blick wurde hart, dann sagte er: „Das gefällt mir zwar nicht, doch wenn Haasten ihm vertraut, werde ich das auch. Es würde ihn außerdem kränken, falls ich es Ferdinand verbiete, mit uns zu kommen. Zudem ist er ein überragender Kämpfer und er wird uns sicher eine große Hilfe sein. Er soll sich jedoch darüber im Klaren sein, dass ich ihn nur mitnehme, weil ich Haasten sehr schätze und auf sein Urteil blind vertraue."

Auch Balthasar nickte zustimmend, sodass Roland verkündete: „Dann haben wir genug Mitglieder für unser Vorhaben. Fürst Kalhelm soll sich in Sicherheit wiegen solange er noch kann, denn mit dem morgigen Tag wird sich sein Untergang nähern!"

Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt