Kapitel 22

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Als alle Katapulte gespannt und die Soldaten bereit waren, gab der General den Befehl zum Angriff. Mit einem lauten Ächzen schleuderten die Belagerungsmaschinen riesige Steine über und gegen die Mauer und mithilfe eines Rammbocks versuchte man das Tor zu Akkon zu durchbrechen. Immer wieder hörte man einen lauten Knall, wenn der Holzstamm dagegen schlug, gefolgt von einem lauten Stöhnen, wenn die Männer diesen wieder in Position hievten. Währenddessen schossen Bogenschützen Pfeil um Pfeil auf die Verteidiger, die heißes Pech auf den Rammbock gossen. Dieser war allerdings durch eine Lederschicht geschützt, welche lange genug standhalten würde, um das Tor aufzubrechen. Tatsächlich brach dieses nach kurzer Zeit auf wie ein trockener Zweig und Horden von Kreuzfahrern stürmten in die Stadt, die für den weiteren Verlauf des Krieges entscheidend war. Unter ihnen waren Roland, Wolfgang und Balthasar, die die Truppen von Rabenfels anführten. Balthasar führte sie auf die Wehrgänge, von denen Bogenschützen auf die anrückenden Europäer schossen. Der alte Waffenmeister erklomm blitzschnell die Treppen und stieß den erstbesten Feind mit seinem Schild von der Mauer. Mit einem langgezogenen Schrei verschwand er aus den Augen Rolands, nur ein dumpfer Knall bestätigte den Tod des Mannes. Wolfgang indes hatte einen Bogenschützen an der Kehle gepackt, bevor dieser sein Schwert ziehen konnte und rammte seinen Kopf gegen die harte Mauer. Dann stellte er sich dem nächsten Soldaten entgegen, der versuchte, ihm den Bauch aufzuschlitzen. Wolfgang sprang zurück, schlug von oben zu und rammte seinem Gegner, der den Schlag abwehrte, sein Schild in die Magengegend. Als dieser sich vor Schmerzen krümmte, stach Wolfgang ihm in den Rücken. Rolands Gegner hatte einen Speer und versuchte, den Ritter auf Abstand zu halten, da seine Waffe auf kurze Entfernung nutzlos war. Als der Syrer zustach, duckte sich der Kreuzfahrer, sprang vor und stach ihm in den Bauch. Roland standen nun zwei Gegner gegenüber, beide hatten Säbel in ihren Händen. Doch plötzlich erschien Wolfgang neben ihm und griff den linken Syrer an. Roland übernahm den Rechten, täuschte links an und spießte dann seinen Gegner mit einem schnellen Ausfallschritt auf. Wolfgang hatte seinem Gegner blitzschnell die Kehle aufgeschlitzt, bevor dieser reagieren konnte. Mithilfe der anderen Soldaten hatten sie die Wehrgänge erobert, doch noch war die Schlacht nicht gewonnen. Unter ihnen tobte ein erbitterter Kampf und Roland glaubte, Haasten sehen zu können wie er mit seiner Axt die Gegner wie Getreide fällte. Plötzlich sah er, wie Verstärkung die Treppen hochlief, diese schienen jedoch besser ausgerüstet zu sein. Sie waren gegenüber den Kreuzfahrern zwar in der Unterzahl, doch sie wirkten entschlossen, dies mit ihren Fähigkeiten wieder auszugleichen. Tatsächlich töteten sie mühelos einige Soldaten, bevor sich ihnen Balthasar entgegenstellte. An seiner Seite waren Wolfgang und Roland, die sich ebenfalls auf die neuen Feinde stürzten. Diese waren Mamluken und im Kampf sehr erfahren, was Wolfgang zum Verhängnis wurde. Denn als sein Gegner von links zuschlug und er in Verteidigungsposition ging, packte dieser seinen Schwertarm mit der linken Hand, entwaffnete ihn indem er ihm das Handgelenk herumdrehte und rammte ihm das Knie in den Bauch. Zu Wolfgangs Glück wusste sein Gegner nichts von seinem Kettenhemd, sodass der Tritt diesem mehr schadete als ihm. Geistesgegenwärtig schlug der Ritter dem Mamluk ins Gesicht und nutzte die kurze Zeit, in der dieser sich sammeln musste, um sein Schwert aufzuheben. Dann täuschte er einen Stich an, vollführte dann aber einen Ausfallschritt mit einem Streich von links nach rechts. Sein Gegner hatte den Angriff nicht vorausgesehen und nun konnte er seinem Blut dabei zusehen, wie es aus seinem Bauch floss. Sekunden später fiel er zu Boden und Wolfgang widmete sich seinem nächsten Widersacher. Roland indes hatte seinen ersten Gegner mühelos getötet, da dieser glaubte, Angriff und Stärke seien alles. So schwang er sein riesiges Säbel so stark, dass er vornüberfiel, als Roland zur Seite auswich. Wie es Balthasar ihn gelehrt hatte, ließ er seinen Feind jeden Fehler bereuen und so stach er ihm in den Rücken und durchbohrte dabei dessen Lunge. Sein nächster Gegner wirkte erfahrener, er kam nicht schreiend auf ihn zu sondern näherte sich ihm vorsichtig, setzte langsam einen Fuß vor den anderen, hatte sein Schild gehoben und beobachtete ihn aufmerksam. Der Mamluk hatte einen langen grauen Bart und er hatte eine Narbe, die von seiner Wange zu seiner Schläfe verlief. Seine braunen Augen blickten kalt und erbarmungslos, bis Roland ihn angriff und nun ein Feuer der Entschlossenheit in ihnen aufloderte. Der erste Schlag diente nur dazu, eine Reaktion zu provozieren, denn der Ritter hatte die volle Reichweite seines Schwertes genutzt, sodass nur die Spitze das Schild des Gegners streifte. Nun setzte dieser zum Gegenangriff an, schlug zuerst von rechts über die Schulter und danach von unten zu. Roland wehrte den ersten Schlag mit seinem Schild ab, beim zweiten sprang er zurück und vollführte dann einen Ausfallschritt, um den Gegner aufzuspießen. Dieser wehrte den Stich ebenfalls mit seinem Schild ab, kam näher und schlug von rechts zu. Roland bewegte seinen linken Fuß nach vorne, duckte sich unter dem Säbel hindurch und schlug dem Mamluken gegen die Seite. Mit einem lauten Krachen prallte sein Schwert ab und sein Gegner stieß in mithilfe seines Schilds weg. Bevor Roland sich sammeln konnte, schlug ihm sein Feind gegen die Schulter, doch er ritzte nur die Haut, sodass lediglich eine oberflächliche Wunde entstand. Dann trat der Mamluk nach ihm, denn er glaubte, dass sein Sieg sicher war und er nun etwas Spielraum hatte, was sich als Fehler herausstellen sollte. Denn Roland ignorierte den Tritt und schnitt seinem Gegner tief in sein Bein. Als dieser vor Schmerzen aufschrie und die Schwerthand auf die Wunde presste, nutzte der Ritter die Gelegenheit und stach dem Mamluk in die Brust. Als sein Feind keuchend und Blut spuckend vor ihm lag, wollte Roland gerade zum Gnadenstoß ansetzen, als er sah, wie sich ein weiterer Feind ihm näherte. Sein Gesicht war unter seinem Helm versteckt, nur zwei braune, vor Hass funkelnde Augen blickten ihm entgegen und der Mann hatte einen Dolch in der linken und einen Streitkolben in der rechten Hand. Er sagte etwas in einer fremden Sprache und griff danach blitzschnell an. Roland wich zurück, als der Streitkolben an seinem Kopf vorbeischwang und stach nach dem Gegner. Dieser sprang ebenfalls zurück und nahm eine Verteidigungshaltung ein. Dann sagte er: „Verschwindet aus unserem Land! Wieso seid ihr hier und plündert unser Land?"

Roland war verwundert darüber, dass der Mann Deutsch sprach, erwiderte aber: „Meine Landsmänner sind der Ansicht, dass dieses Land den Christen gehören soll. Im Namen ihres Gottes sind sie gekommen, um dessen Urteil über euch zu vollziehen!"

„Ich habe das Gefühl, dass Ihr den Ansichten eurer Herrscher nicht zustimmt. Warum kämpft Ihr für sie? Ist es Euch das wert? Für Menschen zu kämpfen, oder gar zu sterben, die glauben ihr Name allein reicht, um tausende in den Tod zu schicken. Das erscheint mir töricht!", antwortete der Mann.

„Wisst Ihr, was Ungläubigen in meinem Land widerfährt? Es sind zu viele, die blind der Kirche folgen und jeden töten, der sich ihr widersetzt! Wenn mein Unglaube öffentlich wird, wird man mich wegen Ketzerei anklagen! Ich möchte nicht auf dem Boden kniend enden, während ich von den Massen verspottet und beschimpft werde und darauf warte, dass mir der Kopf abgehackt wird. Ich habe bereits einige Menschen getroffen, die der Kirche ebenfalls abgeneigt sind, woraus ich schließe, dass ich nicht der einzige Rebell bin. Es gibt jedoch zu viele Einfältige, die sich krampfhaft an ihren Beschützer klammern. Doch was ist mit Euch? Wofür kämpft Ihr?", fragte Roland.

„Dafür, dass meine Familie und Freunde in dieser Stadt sicher weiterleben können! Auch ich kämpfe nicht für einen Gott, der uns alle in den Tod schickt und uns im Gegenzug nichts gibt! Auch ich bin gegen die Kirche und gegen allmächtige, unnahbare Wesen! Ich muss Euch zustimmen, es gibt zu viele Narren auf der Welt.", antwortete der Syrer.

„Habt Ihr je daran gedacht, Widerstand zu leisten? Euch aufzulehnen gegen jene leichtgläubige Massen? Vielleicht könnt Ihr sie auf einen anderen Weg führen!", antwortete Roland.

„Ich wäre kein kleinerer Narr als sie, wenn ich Widerstand leisten würde. Was habe ich von einem Märtyrertod? Das Leben würde ohne mich weitergehen, meine Tat würde in Vergessenheit geraten. Dennoch brenne ich darauf, all diese Schafe zu schlachten, die laut blökend jedem nachlaufen, der sich einen Hirten nennt!", entgegnete sein Gegner.

„Warum erzählt Ihr mir davon? Wenn Euch ein einziger Soldat hört, seid Ihr ein toter Mann!", warf Roland ein.

„Weil ich Euch jetzt töte! Es war schön zu sehen, dass es auch jenseits meines Landes Widerstand gegen die Götter gibt. Doch ich töte Euch nicht, weil mein Gott es mir befohlen hat, sondern weil Ihr, trotz eures Zweifels und eurer Kritik, in mein Land einmarschiert, im Namen einer Kirche, die Ihr hasst! Ihr seid etwas noch schlimmeres als ein Einfältiger! Einen wie Euch nenne ich hinterlistig und doppelzüngig! Ihr steht hier vor mir, der Christ, der das Land seines Herrn verteidigt, doch in Wirklichkeit kämpft und tötet Ihr für nichts! Ihr habt keinen Grund, so lächerlich er auch sein mag, dafür, hierher in mein Land zu kommen und meine Brüder zu töten! Damit solltet Ihr euch befassen, wenn Ihr in eurem Fegefeuer oder großen Nichts, was auch immer Ihr bevorzugt, angekommen seid!", schrie der Syrer. Sein Kopf lief rot an und seine Augen quollen vor Wut hervor, seine Schwerthand umklammerte den Griff so fest, dass man die Knöchel weiß hervorscheinen sah. Dann vollführte er einen Ausfallschritt und ließ seinen Streitkolben dabei von links nach rechts schwingen. Roland wehrte den Schlag mit seinem Schild ab und stach dem Mann blitzschnell in den Hals. Der Syrer konnte das Schwert mit seinem Dolch nicht abwehren und so konnte er Rolands Waffe dabei zusehen, wie sie langsam in seinem Körper verschwand. Als der Ritter sich nun keuchend nach neuen Feinden umsah, fiel im Wolfgang ins Auge, der ihn misstrauisch beäugte und dann sagte: „Weiter, Roland. Die Stadt ist noch lange nicht erobert!"

Doch diesen beschäftige momentan nur eine Frage: Hatte sein Freund ihn gehört, als er darüber sprach, dass er gegen die Kirche war?


Der gottlose RitterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt