Einige Wochen nachdem Roland das letzte Mal gesehen wurde, fand man überall Briefe mit dem gleichen Inhalt. Egal ob auf Stadttoren, Haustüren, an den Wänden von Schänken und sogar in den Gemächern von Fürst Bentus und Jakob dem Priester. Der Inhalt wurde von den einen mit einem Lächeln abgetan, andere beschwerten sich darüber und wieder andere verbrannten sie. Gerüchten zufolge fand er einige Anhänger, die versuchten, seine Botschaft auch für die Nachwelt zu erhalten. Während die Geschehnisse rund um Wolfgang und seine Gefährten, die Rabenfels erobert hatten, allmählich in Vergessenheit gerieten, so war jenes geheimnisvolle Schriftstück eine Art Relikt aus dieser kurzen, ereignisreichen Zeit. Die Frage über den Autor und den Zweck des Dokuments wird wohl auf ewig unbeantwortet bleiben, lediglich Fürst Haasten konnte dies schlussfolgern. Der Inhalt des Briefes lautete wie folgt:
Was treibt den Menschen an, blind jeder Autorität zu folgen? Warum sehnen wir uns so nach jemanden, der für uns die Führung übernimmt? Liegt es an der Unfähigkeit mancher Menschen, eigenständig zu denken und zu handeln? Daran, dass sie in ihrem Inneren schwach sind und ihr Anführer ihnen Schutz und Geborgenheit bietet? Ist denn so ein Mensch nicht von Gott gewollt, einer, der ihm folgt und ihn anbetet? Die all seine Widersprüche und Unstimmigkeiten nicht erkennen, blind und dumm wie sie sind? Warum gibt es dann jene, die seine Lügen durchschauen und selbstständig, ich will sagen stark, sind? Der Adel und die Geistlichen dieses Landes, wenn nicht dieser Zeit, leben von jenen geistlosen Schafen, ohne sie kommt ihr Inneres zum Vorschein, denn sie sind schwach und auf Hilfe angewiesen, wie jene die sie führen.
Ich bin jemand, der dies durchschaut hat und mich von diesen Ratten abgewendet habe. Dieses Schreiben soll die Augen derer öffnen, die nicht zu dem besagten Pöbel gehören. Ob sie sich, wie der Held von Rabenfels, erheben oder andere belehren, sei ihnen und somit der Geschichte überlassen. Ich waren sie jedoch vor. Ihr größter Feind wird Gott selbst sein, denn seine Anhänger werden durch ihn geblendet und sind unnachgiebig. Er stellt die Lösung für alles in ihren kleinlichen Geistern dar, da sie etwas Höheres überfordern würde. Welcher Mensch kann es mit einer göttlichen Macht aufnehmen und deren minderwertigen Anhang vernichten? Leider dominieren sie momentan unsere Welt, doch eines Tages wird das Licht, das sie blendet erlöschen und die Stunde der Starken wird schlagen.
Dies soll meine Botschaft für diese grausame Welt sein, die Botschaft des gottlosen Ritters.
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Der gottlose Ritter
Historical FictionDas Mittelalter war eine Zeit voller Krieg und religiöser Unterdrückung. Das einfache Volk arbeitete den ganzen Tag und ging hungrig zu Bett, während die Adeligen Feste veranstalteten. In dieser Epoche wächst Roland Wielus wohlbehütet heran und wähl...