Als Roland das kleine Dorf erreichte, herrschte dort eine bedrückende Atmosphäre. Die ängstlichen Gesichter der Bauern ließen nichts Gutes vermuten, weshalb er den Erstbesten fragte: „Ich bin Roland, der Fürst von Rabenfels schickt mich. Sag mir, o Bauer, wo finde ich den Mann der euch tyrannisiert?"
Der Mann zuckte zusammen, als er Roland von dem Fürsten reden hörte, erwiderte aber: „Gott segne den Fürsten, dass er uns einen so tapferen Ritter schickt! Der Mann den ihr sucht ist im Rathaus. Sein Name ist David. Aber nehmt euch in Acht! Einen teuflischeren Gesellen habe ich noch nie gesehen! Er nimmt uns unsere Vorräte und schlägt jeden brutal nieder, der ihn auch nur anblickt! Mein Nachbar Markus lehnte sich gegen ihn auf, doch David hat ihn einfach erstochen!"
Roland hatte genug gehört. Es war seine Pflicht als zukünftiger Ritter, die Schwachen vor jenen Feiglingen, die sich an ihnen vergriffen, zu bestrafen. So wollte es Gott und so wollte es auch Roland als er zum Rathaus ritt und dort abstieg. Die Kunde von dem Mann, der kam um das Dorf zu retten, hatte sich schnell verbreitet und so hatte sich um Roland eine kleine Schar Bauern gesammelt. Doch auch David hatte Wind davon bekommen und wartete bereits grinsend vor dem Rathaus. Er war ein hagerer, durchschnittlich großer Mann mit einem langen, ungepflegten Bart. Seine ergrauten Haare hingen ihm bis zu den Schultern und er trug die Rüstung eines einfachen Soldaten. In der rechten Hand hielt er ein glänzendes Schwert. In der Linken jedoch hielt er ein Schild, auf dem ein Rabe auf rotem Grund zu sehen war.
„Was hat das zu bedeuten?", fragte Roland, „seit wann gehört es zu den Pflichten eines Soldaten, wehrlose Bauern zu misshandeln?"
David brach jedoch in schallendes Gelächter aus. „Du bist doch nur ein Knappe! Was weißt du schon von der Welt! Du bist mit einem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen und glaubst, jeder würde nach deinen Regeln leben. Hast du schon einmal gesehen, wie diese Bauern leben? Den ganzen Tag schuften sie wie Tiere, nur um ein paar Münzen für ihre Waren zu erhalten, weil die ach so adeligen Männer es ihnen wegnehmen um sich ihre feinen Schlösser leisten können! Dennoch bezichtigst du mich des Verbrechens, du, der du deinem edlen Herrn bis in die Hölle folgen würdest...."
„Genug davon!", unterbrach ihn Roland, „Du weißt gar nicht wovon du da redest! Deshalb befehle ich dir in Gottes Namen, reite davon und kehre nie wieder zurück! Andernfalls müssen wir uns duellieren und da Gott auf meiner Seite steht und mein Schwert führt, wäre das eine schlechte Idee! "
„In Gottes Namen!", sagte David mit spöttischen Ton, „Das ist doch nicht dein Ernst, oder? Du bist genauso verblendet wie alle anderen Menschen! Es gibt keinen Gott du Idiot! Glaubst du, er hätte all das Leid zugelassen, dass es auf dieser Welt gibt? Glaubst du, er beschützt seine Schafe und ist ein ach so guter Hirte? Ich scheiße auf einen Gott, der auftaucht und dann einfach wieder verschwindet, nur um zuzusehen wie sich seine angeblichen Kinder in seinem Namen abschlachten? Glaubst du an einen Gott, der fette, alte Könige, die nie auch nur eine Minute ihres viel zu langen Lebens etwas sinnvolles getan haben, länger und sorgenfreier leben lässt als einen Vater, der in den Krieg zieht, in dem er wahrscheinlich umkommt, während seine Kinder zuhause frieren müs...."
Roland zog sein Schwert und griff an, um diese schreckliche Rede zu beenden.
Er wollte David überraschen, doch sein Versuch ging nach hinten los, als dieser Rolands Schwert einfach auswich und Roland an der Schulter verletzte. Roland war fassungslos. Doch sein Gegner holte erneut aus und schlug diesmal nach seinem Gesicht. Roland tat einen Schritt zurück und sah, wie die Klinge haarscharf an seinem Hals vorbeifuhr. Nun ergriff er die Initiative und drang mit heftigen Schlägen auf David ein. Dieser wehrte jeden Schlag mit seinem Schild ab, sprang plötzlich zur Seite und versuchte Roland zu köpfen. Dieser duckte sich, hob sein Schild vor die Brust und stürmte los. David versuchte, den Schild mit seinem Schwert zu durchdringen, dieses prallte aber ab und Roland schlug seinen Gegner zu Boden.
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Der gottlose Ritter
Historical FictionDas Mittelalter war eine Zeit voller Krieg und religiöser Unterdrückung. Das einfache Volk arbeitete den ganzen Tag und ging hungrig zu Bett, während die Adeligen Feste veranstalteten. In dieser Epoche wächst Roland Wielus wohlbehütet heran und wähl...