Kapitel 4 - Culver City, Kalifornien

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Kims P.O.V. - vor drei Jahren

Dixon war zwar eine echt kleine Stadt, aber irgendwie hatte Chris es geschafft, sich die zwei Jahre bis zu seinem Highschoolabschluss von mir fernzuhalten und mir komplett aus dem Weg zu gehen. Er besuchte immer noch regelmäßig Kyle, aber seitdem er aus seinem alten Zimmer neben meinem über die Garage gezogen ist, habe ich ihn weniger zu Gesicht bekommen. Und seine Freunde hat er auch immer ganz geschickt durch das Haus navigiert, sodass ich ihnen nie begegnet bin.

Ein Jahr nach seinem Abschluss ist Kyle zusammen mit ein paar Freunden, zu denen immer noch Chris gehörte, aus Dixon weg gezogen, um mit ihrer Band so richtig durchzustarten. Soweit ich wusste, wollten sie nach L.A. ziehen. Ich liebte meinen Bruder, aber trotzdem wollte ich, dass sie es nicht schafften und zurückkehren mussten. Das mochte hart klingen, aber so war es nun mal.

Nachdem ich drei Jahre nach ihnen auch meinen Abschluss machte, zog ich auch von Zuhause weg. Mit dieser Stadt verband ich einfach zu viele Erinnerungen. Nachdem Kyle weggezogen war, bin ich abgestürzt. Wortwörtlich.

Ich begann, Drogen zu nehmen, um zu vergessen, dass Kyle nicht mehr für mich da war. Den ersten Joint, den ich geracuht habe, hat Kyle mir sogar gegeben. Er sagte, ich sollte damit meinen Abschluss feiern, aber ich hielt keine zwei Wochen ohne ihn aus, bevor ich besagten Joint rauchte.

Doch das war nicht alles. Ich habe auch andere natürliche Drogen ausprobiert und natürlich getrunken, aber das tat ich auch schon, bevor Kyle gegangen ist. Eines Abends auf einer Party wurde mir das zum Verhängnis. Obwohl das schon über vier Jahre her ist, denke ich bis heute nicht gern über mein erstes Mal nach, das ich auf dieser Party hatte.

Natürlich war das alles nicht Kyles Schuld, aber er war auch nicht ganz unschuldig daran. Wäre er nicht weggezogen, sondern bei mir geblieben, wäre ich niemals so abgestürzt. Und wie sie es geplant hatten, sind sie nach Los Angeles gezogen und haben ihr Rockstarleben gelebt, während ich hier gelitten habe. Und dabei war Kyle nicht mal Mitglied der Band. Er war nur der Tontechniker/Manager von Knock Back. So haben sie ihre Band genannt.

Laut Kyle, der alle zwei Wochen mal anrief, hatten sie es tatsächlich geschafft, mehrere kleine Gigs bei verschiedenen Veranstaltungen zu bekommen. Das hieß, dass sie womöglich bald den Durchbruch schaffen konnten.

Während sie also in L.A. an ihrer Karriere arbeiteten, zog es mich in verschiedene Städte, in denen ich mich mit Kellnerjobs solange über Wasser halten konnte, bis ich in eine andere Stadt zog. Ich wäre gern auf's College gegangen, aber das hätte ich nicht geschafft. Dafür war ich einfach nicht schlau genug.

Drei Jahre nach meinem Abschluss mit neunzehn landete ich schließlich in Culver City, wo ich mich in einer Bar nach einem Job und einer Wohnung umhören wollte. In dieser Stadt gefiel es mir bisher am besten, und ich hatte das Gefühl, hier könnte ich eine Weile leben. Das Dumme war allerdings, dass Culver nur fünfundvierzig Minuten von L.A. entfernt lag. Aber damit konnte ich leben.

"Hey, was kann ich für dich tun?" Der Barkeeper lehnte mit der Hüfte an der Bar und trocknete gerade ein Glas ab.

"Hi. Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin, aber ich suche einen Job. Ist hier vielleicht was frei? << Hoffentlich hatten sie eine Stelle für mich. Ich war bereits in drei anderen Bars und Restaurants, wo man mir aber überall nicht helfen konnte. Und eine Wohnung brauchte ich auch, wenn ich hier länger bleiben wollte.

Er musterte mich, dann grinste er. Solche Typen wie ihn kannte ich. Sie dachten, sie wären ein Geschenk für die gesamte weibliche Bevölkerung und verhielten sich dementsprechend. Das Traurige war nur, dass sie meistens meilenweit von einem Geschenk entfernt waren. Aber ich brauchte einen Job, also würde ich mich nicht darüber beschweren.

"Hier an der Bar kann ich leider nichts für dich tun." Oh nein, das hörte sich gar nicht gut an. Ich wollte gerade antworten, als er weitersprach:  "Aber eine Freundin von mir könnte nebenan im Restaurant ein bisschen Unterstützung brauchen. Hast du schon mal gekellnert?"

Ich konnte es kaum glauben, sie hätten womöglich einen Job für mich. Ich nickte heftig mit dem Kopf und sagte, ich hätte die letzten drei Jahre in verschiedenen Bars und Restaurants gekellnert. Er schien ganz begeistert zu sein. Deshalb schickte er mich gleich durch einen großen Torbogen, der scheinbar die Bar vom Restaurant trennte.

Ich sollte nach einer Bedienung mit rot-braunen Haaren Ausschau halten und ihr sagen, Vince würde mich wegen des Jobs schicken. Hoffentlich funktionierte das auch. Tatsächlich entdeckte ich sie, als sie gerade an einem Tisch abrechnete. Da nicht viel los war, wartete ich, bis sie das erledigt hatte und ging dann auf sie zu.

"Hi. Vince sagte zu mir, ich soll mich bei dir wegen eines Jobs hier melden", sagte ich und zeigte mit dem Daumen nach hinten in Richtung Bar. Ihre Augen leuchteten auf und sie lächelte mich freundlich an.

"Ich nehme an, du hast bereits Erfahrung, sonst hätte Vince dich nicht hergeschickt." Sie hielt kurz inne und sah mich fragend an. Ich nickte zur Bestätigung und sie fuhr fort: "Gut, das freut mich. Wir brauchen hier dringend Unterstützung. Wann kannst du anfangen?" Sollte das ein Scherz sein? Ich hatte es tatsächlich geschafft!

"Sobald ihr mich braucht" , antwortete ich wahrscheinlich ein bisschen zu enthusiastisch, sodass man das leicht mit Verzweiflung verwechseln konnte. So falsch wäre das ja eigentlich auch nicht gewesen.

"OK, ich bringe dich mal zu unserem Chef. Er wird dich noch ein bisschen was fragen, aber es sieht gut für dich aus." Sie lächelte mich wieder an, drehte sich um und zog mich hinter sich her. "Ach ja, ich bin übrigens Lillian, aber nenn mich Lil. Und wie heißt du?"

"Kimberley. Aber Kim ist mir lieber." Dann waren wir auch schon vor einer Tür angekommen, an der ein Schild mit der Aufschrift 'Mr. Henkins' hing. Lil ging einfach rein, ohne zu klopfen und ich konnte ihr nur mit weit aufgerissenen Augen hinterher sehen. Mr. Henkins schien das allerdings nicht zu stören und so ging ich auch ins Zimmer. Sie machte uns miteinander bekannt und ließ uns dann alleine.

Er war wirklich ein netter älterer Mann, der mir sofort sympathisch war. Keine halbe Stunde später hatte ich den Job und machte mich mit meinem neuen Schichtplan in der Hand wieder auf die Suche nach Lil. Sie war begeistert, als ich ihr die guten Nachrichten erzählte. Vielleicht könnte sie hier ja meine erste Freundin werden. Das klang gar nicht mal so schlecht.

"Sag mal, wo wohnst du eigentlich gerade?", fragte Vince mich, als ich mit den beiden aus der Restauranttür trat. Sie hatten zwanzig Minuten nach meinem Gespräch mit Mr. Henkins Schluss, deshalb habe ich auf sie gewartet.

"Im Ocean Park Hotel, warum?" Sie warfen sich einen verschwörerischen Blick zu und ich bekam einmal mehr den Eindruck, dass die beiden ein Paar waren.

"Ach na ja", antwortete Lil und zeigte auf Vince."Er hier wird bald mit seinem Freund zusammen ziehen und da wird ein Zimmer bei uns in der WG frei. Hättest du vielleicht Lust, dort zu wohnen?"

"Moment, noch mal langsam. Bist du ... bist du etwa schwul, Vince?", fragte ich geschockt. Ich bin nicht homophob oder so, ganz im Gegenteil. Mein bester Freund in der High School war schwul. Ich war nur ein bisschen überrascht, da ich das von Vince einfach nicht erwartet hatte.

"Du wirkst so überrascht. Aber ja das bin ich."

"Wow, und ich dachte du wärst so ein richtiger Playboy, als du mich vorhin abgecheckt hast." Wir brachen alle drei in Gelächter aus.

WAlso, was sagst du nun zur WG?"

"Machst du Witze? Ich hasse es, im Hotel zu wohnen. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich darüber wäre."

Und damit war die Sache mehr oder weniger beschlossen. Ich ging mit zu ihnen, habe mir Zimmer, Wohnung und Mitbewohnerin angeschaut, und schließlich zugesagt. Ich würde ab nächster Woche mit Lil und 'Evelyn aber eigentlich lieber Eve', zusammen wohnen. Ich war so aufgeregt. Endlich würde ich mal an einem Ort bleiben können.

Vielleicht könnte ich ja sogar doch ans College gehen. Hier in der Gegend standen so viele zur Auswahl, und ich hatte keine Ahnung, was ich eigentlich studieren wollte, wenn ich es überhaupt schaffte. Aber das würde sich mit der Zeit schon noch ergeben. Ich war noch jung und wollte erstmal mein Leben genießen. Eve und Lil sahen das genauso.

Make Me Believe Again - Knock Back 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt