Kapitel 7 - Los Angeles, Kalifornien

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Chriz' P.O.V. - Gegenwart

"Jungs, die Vorband spielt jetzt. Ihr habt noch dreißig Minuten, dann müsst ihr euch bereit machen." Brad steckt seinen Kopf zur Tür der Garderobe rein und schaut uns einzeln nacheinander an. Dieser Idiot will wohl sicher gehen, dass wir das auch alle verstanden haben.

"Ja, Brad. Wir haben verstanden."

"Gut, ich komm später nochmal wieder." Und damit verlässt er den Raum wieder. Ich kann es immer noch nicht fassen. Heute ist das erste Konzert unserer zweiten Welttour. Die Dritte, wenn man die Tour mitzählt, bei der wir 'nur' die Vorband waren. Und wir spielen heute in Los Angeles. Das ist an sich zwar nichts Besonderes, aber hier eine so große Tour zu starten ist schon aufregend.

"Könnt ihr das glauben? Vor zwei Jahren waren wir noch eine Vorband und jetzt haben wir selbst schon zwei. Das ist so verdammt geil."

"Ich glaub, keiner von uns kann das wirklich glauben. Es ist unsere zweite Tour und trotzdem sind wir so scheiß aufgeregt." Nik bringt es mal wieder auf den Punkt. Ich schnappe mir meine Flasche und trinke noch einen Schluck Apfelsaft.

"Chriz, du musst echt damit aufhören. Was sollen denn die Fans von einem Rocker halten, der Apfelsaft trinkt?" Ich werfe Josh einen wütenden Blick zu.

"Ist doch meine Sache, was ich trinke. Es hilft mir eben okay? Und außerdem erfährt das doch sowieso niemand." Er verdreht die Augen. Und wenn ich mich nicht verguckt habe, dann haben die anderen auch gerade ihre Augen verdreht. Tolle Freunde. Echt. Aber ich liebe diese Idioten trotzdem. Also, platonisch natürlich nur. Ich bin schließlich ganz und gar nicht schwul. Aber so an sich habe ich natürlich nichts gegen Schwule.

"Hey Jungs!" Kyle kommt reingestürmt. Wir begrüßen ihn fröhlich, und er will schon ansetzten etwas zu sagen, als sein Blick auf die Flasche in meiner Hand fällt. Er zieht die rechte Augenbraue hoch, und ich grinse ihn schief an. Er scheint der Einzige zu sein, der mich wegen der Sache versteht. Er schaut zu den anderen, die ihn wiederum fragend ansehen.

"Sagt mir bitte nicht, dass ihr ihn schon wieder deswegen aufgezogen habt."

"Ähm, naja, wi-" Josh wird von Kyle unterbrochen.

"Ach, kommt schon Jungs. Wann werdet ihr das endlich akzeptieren? Es ist ja nicht so, als wäre Apfelsaft zu trinken eine total abwegige Einstellung. Ich versteh es auch nicht so ganz, warum er das macht. Aber ich akzeptiere es wenigstens und mache ihn nicht dumm deswegen. Manchmal kann ich euch echt nicht verstehen." Er verdreht die Augen und sieht dabei ziemlich angepisst aus. Die Jungs sehen betreten in verschiedene Richtungen, nur nicht zu mir oder Kyle.

"Jetzt habt euch doch nicht so, ihr Pussys. Ihr wisst doch, wie ich das gemeint hab." Er grinst, und sie sehen ihn plötzlich an, als ob er ein Alien oder so wäre. Dann brechen wir alle in Gelächter aus. Es tut so gut, mit meinen Jungs zu lachen.

"Mann, ich dachte schon, du meinst diesen Vortrag hier ernst." Josh lacht immer noch und schlägt Kyle dabei auf den Rücken.

"Oh, ich habe das todernst gemeint." Joshs Lächeln verblasst. Ich muss mich echt zusammen reißen, um nicht laut los zu lachen. Wir kennen uns mittlerweile seit über zehn Jahren und trotzdem versteht Josh Kyles Humor noch nicht immer.

Joshs Gesichtsausdruck ist wirklich zum Schießen komisch. Ich fasse es nicht, dass er Kyle nicht versteht. Wenn ich mir aber die anderen mal so ansah, wurde mir klar, dass auch sie nicht verstehen, wie er das gemeint hat. Tyler erwidert meinen Blick und legt den Kopf schief.

"Sag mal, warum findest du das so lustig?", fragt er da auch schon. Jetzt kann ich mich wirklich nicht mehr zurückhalten und fange an zu lachen. Kyle steigt mit ein, während die anderen uns blöd angucken.

"Wann werdet ihr nur endlich kapieren, wann ich Spaß mache, und wann ich etwas ernst meine?", sagt Kyle, nachdem wir uns wieder beruhigt haben. Ich trinke genüsslich noch einen Schluck Saft, dann räuspere ich mich.

"Kyle, gib's auf. Die werden dich niemals verstehen."

"Ja, das befürchte ich auch."

"Autsch, das tut weh, Jungs. Habt ihr wirklich so wenig Vertrauen in uns, dass ihr uns das nicht zutraut, euch irgendwann zu verstehen?" Josh hält seine Hand theatralisch an seinen Brustkorb in Höhe des Herzens und sieht echt verletzt aus. Wir starren uns kurz an und müssen wieder lachen. Plötzlich kommt Brad wieder rein, sein Klemmbrett in der Hand, und schaut auf seine Armbanduhr.

"Ihr habt noch fünf Minuten. Ihr müsst langsam mit vor zur Bühne kommen."

"Ja, Brad. Wir kommen gleich."

"Besser, ihr beeilt euch. Nicht, dass ihr das Publikum schon beim ersten Konzert warten lassen müsst." Damit verschwindet er wieder.

"Als ob das so schlimm wäre, wenn die Vorband noch einen Song mehr spielen muss."

"Wir sollten trotzdem langsam vor. Sonst überlege ich mir das vielleicht doch noch mal anders und blase die ganze Tour ab." Alle vier starren mich mit offenen Mündern und aufgerissenen Augen an. Josh öffnet und schließt den Mund ein paar Mal, dann räuspert er sich.

"Alter, mach keinen Scheiß. Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder?"

"Gott, nein! Was denkt ihr eigentlich von mir?" Ich grinse sie an, aber ich ernte nur böse Blicke von ihnen. Ich schnappe mir meine Lieblingsgittare und stehe auf.

"Na kommt schon. Wir wollen die Fans doch nicht warten lassen, richtig?" Als ich an Kyle vorbei komme, boxt er mich in den Arm. Dann grinst dieses Arschloch mich an, und ich lache leise auf dem Weg zur Bühne. Ich glaube, mit dieser Gitarre werde ich jedes Konzert beginnen.

Make Me Believe Again - Knock Back 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt