Kapitel 8 - Los Angeles, Kalifornien

254 3 0
                                    

Kims P.O.V.

"Wir sind daa!" Muss mich Eve eigentlich immer so brutal aus meinen Gedanken reißen?! Wie lange war ich bitte schön nicht mehr anwesend? Wir stehen tatsächlich schon auf dem Parkplatz.

"Kim! Schwing deinen Arsch endlich aus dem Auto!"

"Sorry, Leute." Ich schnappe mir meine Tasche und steige aus. Eve schließt ihr Auto ab und wir gehen ins Stadion. Wir haben auch noch Karten ganz vorn. Na super! Ich unterdrücke einen Seufzer und schaue mich um. Hier vorne kann ich mich definitiv nicht vor Chriz verstecken. Durch Zufall hatte ich von Lil erfahren, dass sein Name jetzt mit Z am Ende geschrieben wird. Wer kam denn nur auf so einen Bullshit? Die alte Schreibweise seines Namens finde ich besser.

"Kim und ich holen Getränke. Was wollt ihr trinken?" Ich sehe Eve verwirrt an, doch sie hört sich lieber die Bestellungen der anderen an. Dann zieht sie mich am Ärmel mit sich. Als wir außer Sichtweite der anderen sind, bleibt sie stehen und dreht sich um.

"Was zur Hölle ist nur los mit dir?! Du bist doch sonst nicht so ruhig. Und versuch bloß nicht, dich wieder rauszureden. Das klappt nämlich nicht bei mir. Also sprich."

"Ach eigentlich ist es gar nicht so wichtig." Sie verdreht die Augen. Scheiße! Warum kann sie mir nicht einfach mal was glauben?

"Ja ja, und ich bin die Königin von England. Was. Ist. Los?"

"Ich ... Du wirst nicht locker lassen oder?" Sie zieht die Augenbrauen nach oben, und ich weiß, sie wird mich wirklich nicht in Ruhe lassen. Ich seufze und hole tief Luft, dann schaue ich auf den Boden. Ich kann sie dabei unmöglich anschauen.

"Es war vor elf Jahren. Damals wohnte ich logischerweise noch zu Hause bei meinen Eltern und meinem Bruder. Schräg gegenüber von uns wohnte sein bester Freund, mit dem ich auch irgendwie befreundet war. In dem Sommer, als ich dreizehn war, war er öfter bei uns. Am Ende dieses Sommers sollte er nämlich umziehen, weil er die Schule wechselte. Die neue Schule war zwar in der gleichen Stadt, aber seine Eltern wollten das so.
Naja, jedenfalls an dem Abend bevor er umzog, war er bei uns und ich war bei Freunden. Ich bog gerade in unsere Einfahrt und dachte über ihn nach, als ich plötzlich in seinen Armen hing. Ich muss wohl gestolpert sein oder so und er hatte mich aufgefangen. Wir redeten ein bisschen und eins kam zum anderen.
Wir haben uns geküsst und da wurde mir klar, dass ich mich tatsächlich in ihn verliebt hatte. Vorher war ich mir nicht sicher, aber dann schon. Irgendwann beendete er dann den Kuss und ging nach Hause. Ich war mir sicher, er liebte mich auch. Und mein Bruder hätte irgendwie damit klarkommen müssen, denn er wollte nicht, dass ich einen Freund hatte. Gut, ich war damals erst dreizehn, aber es hat sich bis heute nichts daran geändert.
Ich dachte wirklich, wir könnten zusammen sein. Echt bescheuert. Er hat sich nämlich seit dem nie wieder bei mir gemeldet und ich habe ihn auch nie wieder gesehen. Ich weiß, das ist kindisch, aber ich kann ihm irgendwie nicht verzeihen." Eve starrt mich mit offenem Mund an. Wieso ist sie bitte so verwirrt? Hab ich irgendwas ausgelassen?

"Und was hat das jetzt mit dem Konzert zu tun? Wer war denn dieses miese Arschloch?" Ich sehe wieder auf und merke, dass ich ihr wirklich nicht seinen Namen verraten hab.

"Es war Chriz." Sie reißt die Augen auf und öffnet ein paar Mal den Mund, ohne jedoch etwas zu sagen.

"Du hast diesen Chriz geküsst?! Ernsthaft?!, schreit sie.

"Pscht, nicht so laut. Ja, hab ich."

"Dann bist du die Kim?" Hä? Was redet sie da?

"Welche Kim denn bitte schön?" Sie schlägt sich mit der Hand gegen die Stirn und schaut mich entgeistert an.

"Du hast dir keinen einzigen Song, den wir dir vorgespielt haben, angehört, oder?" Ich schüttle den Kopf. "Oh Mann, Kim. Es gibt da einen Song, in dem die Jungs über dich singen." Hätte ich etwas im Mund gehabt, hätte ich es jetzt bestimmt ausgespuckt, so geschockt war ich.

"Was?" Das kann doch wohl nicht ihr ernst sein.

"Ja, er heißt Memories. Darin singt Josh: 'But the girl I miss most is Kim, the girl I kissed first.' Und ich dachte immer, das wäre einfach ein willkürlicher Name. Heilige Scheiße, warum hast du denn nicht eher was gesagt?"

"Ich wollte nicht darüber reden und es war ja auch nicht nötig bisher." Ich zucke mit den Schultern. Ich wusste gar nichts von dem Song. Aber wie sollte ich auch, wenn ich es ständig ausblende, dass einer ihrer Songs läuft?

"Wow, ich kann das echt nicht glauben. Aber ich denke, wir sollten langsam wirklich mal die Getränke holen, oder?" Sie dreht sich um und stellt sich an die Schlange des Getränkestandes.

"Meinst du, dass Chriz dich erkennt?" Fuck, kann sie das Thema denn nicht einfach lassen?

"Keine Ahnung. Aber ich will es auf jeden Fall nicht. Ich weiß nicht, was ich denke, was passieren sollte, aber ich will definitiv nicht mit ihm reden."

"Ja, das verstehe ich. Aber was ist, wenn er damals gezwungen worden wäre, dich in Ruhe zu lassen?"

"Der einzige, der ihn dazu hätte zwingen können, wäre mein Bruder. Aber wenn der etwas von diesem Kuss gewusst hätte, dann hätte er mir eine Standpauke oder so gehalten und ihn fast umgebracht. Das ist aber nicht passiert, also wusste er wohl auch nichts davon."

"Ich kenne deinen Bruder zwar nicht, aber wenn er auch nur ein bisschen so ist wie du, dann hätte er wahrscheinlich euch beide umgebracht." Wir nehmen die Getränke und machen uns wieder auf den Rückweg.

"Aber wir lassen das Thema jetzt bitte, ja? Ich will den anderen nicht auch noch davon erzählen. Ich komme mir so schon so schlampig vor."

"Du bist doch keine Schlampe, nur weil du den Jungen geküsst hast den du damals geliebt hast. Das ist Bullshit."

"Du bist lieb, danke. Ich glaub, es tat doch ganz gut, mal darüber geredet zu haben." Wir kommen bei den anderen an und unterhalten uns noch ein bisschen mit ihnen. Dann werden die Lichter dunkler und die Vorband fängt an zu spielen.

Sie sind ganz gut und ich habe das Gefühl, heute vielleicht tatsächlich ein bisschen Spaß haben zu können. Vorausgesetzt, Chriz lässt mich in Ruhe. Ich kann es nicht fassen, wie locker Eve mit der ganzen Sache umgegangen ist. Ich hätte eher ein richtiges Fangirl erwartet oder so, aber nicht das.

Schließlich verabschiedete sich die Vorband und ging von der Bühne. Sie sagten, in einer Viertel Stunde würde Knock Back endlich für uns da sein. Und mit jeder Minute, die vergeht, wird mein Herzschlag immer schneller. Ich werde nervös und hibbelig. Eve merkt das und nimmt aufmunternd meine Hand.

Dann werden die Lichter wieder dunkler und ein großer dunkelhaariger Kerl kommt auf die Bühne. Er winkt uns zu und setzt sich dann an ein Schlagzeug. Danach setzen die Gitarren ein, und ich würde am liebsten einfach verschwinden. Aber Eve hält mich so fest, dass das vollkommen unmöglich ist. Und dann kommt er auf die Bühne.

Make Me Believe Again - Knock Back 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt